Ein umgestürzter Baum liegt auf einem Auto in Le Touquet, Nordfrankreich.

Schweres Sturmtief Mehrere Tote durch Orkan "Ciarán" in Westeuropa

Stand: 02.11.2023 17:36 Uhr

Der Orkan "Ciarán" fegt über Westeuropa. Mit Sturmböen von bis zu 100 Kilometern pro Stunde hat er auch Deutschland erreicht. Im Harz erschlug ein umfallender Baum eine Frau. Auch in Frankreich, Spanien und den Niederlanden gab es Tote.

Das Sturmtief "Ciarán" fegt über Westeuropa. Nun hat der Orkan, auch "Emir" genannt, Deutschland erreicht. "Der Ausläufer eines von Südengland zur Nordsee ziehenden Orkantiefs greift heute früh auf den Westen über, überquert Deutschland im Tagesverlauf ostwärts und führt nur wenig frischere Luft heran", erklärte der Deutsche Wetterdienst (DWD) am frühen Morgen.

Frau stirbt durch umstürzenden Baum

Am Rammelsberg im Harz wurde eine Frau aus Bayern durch einen umfallenden Baum getötet. Der Sturm tobe deutlich stärker als zuvor erwartet, teilte der Kreisfeuerwehrverband Goslar mit. Die Frau habe vom Rettungsdienst nicht reanimiert werden können.

Im Harz sind laut DWD vor allem in höheren Lagen Sturmböen möglich, auf dem Brocken Windgeschwindigkeiten von bis zu 100 Kilometern pro Stunde. Am Mittag waren Teile der Landesstraßen L517 und L516 im Harz wegen umgestürzter Bäume gesperrt. Auch eine Stromleitung wurde beschädigt.

Schweres Orkantief "Ciarán" trifft Frankreich

tagesschau, 02.11.2023 09:00 Uhr

Sturmwarnung für Teile der Nordseeküste

Der DWD hat eine Sturmwarnung für Teile der Nordseeküste und eine Starkwindwarnung für Teile der Ostseeküste herausgegeben. Demnach sind Sturmböen mit Geschwindigkeiten von bis zu 90 Kilometern pro Stunde möglich. An der Nordsee seien insbesondere Ostfriesland und Helgoland betroffen. An der Ostsee soll es mehrheitlich bei Starkwind bleiben, aber von Flensburg bis Fehmarn und auf Rügen sei mit stärkeren Windböen zu rechnen.

NRW: Feuerwehr im Dauereinsatz

Auch in Nordrhein-Westfalen sind die Ausläufer des Sturms deutlich zu spüren. Die Feuerwehr rückt seit dem Morgen zu Einsätzen im gesamten Bundesland aus. Umgestürzte Bäume blockieren Straßen und Gleise und behindern den Zugverkehr. Betroffen waren die Regionen Euskirchen, Remscheid, Mönchengladbach/Viersen und Dorsten. In der Eifel wurden am Morgen Böen von mehr als 100 Kilometern pro Stunde gemessen.

Ein Toter in den Niederlanden

Ausläufer des Sturms fegen auch über die Niederlande hinweg. Im Süden des Landes kam ein Mensch durch einen umfallenden Baum ums Leben, wie die Polizei mitteilte. Hunderte Flüge unter anderem nach Deutschland wurden annulliert. Das teilte ein Sprecher des Amsterdamer Flughafens Schiphol mit.

Wegen der erwarteten heftigen Sturmböen wurde auch die Schifffahrt von der Nordsee auf die Westerschelde im Südwesten des Landes gestoppt. Auch können einige Fähren zu Wattenmeerinseln nicht fahren. Der Meteorologische Dienst rief die zweithöchste Alarmstufe Orange für die südwestliche Provinz Zeeland und die Regionen an der Nordseeküste aus. Einige Schulen blieben vorsorglich geschlossen.

Zwei Tote in Belgien

In Belgien rief der Wetterdienst Warnstufe orange für die flämische Küste aus und Warnstufe gelb für den Rest des Landes. Dort forderte das Orkantief zwei Todesopfer. In einem Park in Gent stürzte ein Baum auf zwei Fußgänger, von denen einer ums Leben kam. In einem weiteren Park mit Spielplatz wurde eine Fünfjährige von einem schweren, herabstürzenden Ast erschlagen. Die Städte Brüssel, Antwerpen und Lüttich schlossen öffentliche Parks. In manchen anderen Orten ist der Zutritt zu allen bewaldeten Flächen verboten. Der Bahnverkehr zwischen Frankreich und Belgien ist am Donnerstag eingestellt.

Frau in Madrid von Baum erschlagen

In Spanien rechnete der Wetterdienst mit Sturmböen von bis zu 150 Stundenkilometern. Für mehrere Küstengebiete im Nordwesten galt Alarmstufe Rot. Der Wetterdienst warnte vor bis zu neun Meter hohen Flutwellen. Mitten im Zentrum von Madrid wurde eine Frau von einem umstürzenden Baum erschlagen, fünf weitere Menschen wurden verletzt.

Die Flughäfen von Bilbao sowie in den Regionen Galicien, Asturien, Kantabrien sowie im Baskenland sagten mehrere Flüge ab. Auch der Zugverkehr war stellenweise unterbrochen. Die spanischen Behörden riefen die Menschen auf, sich so wenig wie möglich draußen aufzuhalten.

Zwei Tote in Frankreich

In der Nacht war der Orkan mit Geschwindigkeiten bis zu fast 200 Stundenkilometern über den Nordwesten Frankreichs hinweggefegt. Im Departement Aisne, nordöstlich von Paris, kam ein Lkw-Fahrer ums Leben, als sein Fahrzeug von einem umstürzenden Baum getroffen wurde. In Le Havre wurde ein Mann beim Schließen seiner Fensterläden von einem Windstoß erfasst und starb. Mindestens 15 Menschen wurden verletzt, darunter sieben Feuerwehrleute, wie Innenminister Gérald Darmanin mitteilte.

Etwa 1,2 Millionen Haushalte waren ohne Strom. Umgestürzte Bäume blockierten Straßen und Bahnstrecken. Der Zugverkehr in vielen Regionen ist eingestellt. Es habe erhebliche Schäden, unter anderem an Dächern, gegeben, teilte Darmanin mit. Mehr als 1.300 Menschen wurden in Sicherheit gebracht. 13.500 Feuerwehrleute rückten zu rund 3.500 Einsätzen aus. Zehntausende Menschen waren außerdem vom Mobilfunknetz abgeschnitten.

An der Atlantikküste, der Nordküste sowie der östlichen Mittelmeerküste gilt bis zum Abend Überschwemmungsgefahr durch Sturmfluten.

Orkantief trifft Englands Küste

Auch in Südengland sorgte "Ciarán" für erhebliche Beeinträchtigungen. Hunderte Schulen blieben geschlossen, der Hafen Dover stellte für mehrere Stunden den Schiffsverkehr über den Ärmelkanal ein.

Auf den Kanalinseln Jersey, Guernsey und Alderney wurden alle Flüge gestrichen. 35 Einwohner von Jersey mussten wegen Sturmschäden an ihren Häusern von der Polizei in Hotels untergebracht werden. In Cornwall im Südwesten Englands waren mehr als 8.500 Haushalte von der Stromversorgung abgeschnitten. Für 54 Orte entlang der Südküste galten Flutwarnungen. 

Mehrere Bahnbetreiber im Großraum London riefen die Menschen auf, nur wirklich notwendige Reisen anzutreten.

Stefanie Markert, ARD Paris, tagesschau, 01.11.2023 22:23 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR 1 Niedersachsen am 02. November 2023 um 12:00 Uhr.