Mireille Fanon-Mendès-France, Sabelo Gumedze und Ricardo Sunga (von links) von der UN-Arbeitsgruppe für Menschen mit afrikanischer Abstammung

UN-Experten in Deutschland Gilt das Grundgesetz nicht für Afrikaner?

Stand: 27.02.2017 16:14 Uhr

Wie rassistisch geht Deutschland mit Afrikanern um? UN-Experten haben sich ein Bild gemacht. Einen detaillierten Bericht gibt es zwar noch nicht - eine Tendenz aber schon: Sorge. Vor allem ein ihrer Meinung nach weit verbreitetes "racial profiling" kritisieren sie.

Experten der Vereinten Nationen haben große Besorgnis über die Lage von Menschen afrikanischer Herkunft in Deutschland gezeigt. Das Grundgesetz garantiere zwar Gleichheit, verbiete rassistische Diskriminierung und erkläre die Menschenwürde für unantastbar - in der Praxis werde dies aber nicht durchgesetzt, erklärte die UN-Expertengruppe für Menschen afrikanischer Herkunft zum Abschluss ihres ersten Besuches in Deutschland.

In ihren Gesprächen hätten sie erfahren, dass vor allem Männer an einigen Orten große Angst hätten, wegen ihrer Herkunft attackiert zu werden.

Initiative kritisiert einen "institutionellen Rassismus"

Neben Besuchen in mehreren Städten trafen sich die Experten auch mit Bundestagsabgeordneten und Vertretern der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD). Es sei zwar gut, dass Rassismus in Deutschland heute zumindest nicht mehr generell negiert werde, sagte ISD-Vorstandsmitglied Tahir Della der Nachrichtenagentur dpa. Auf der anderen Seite sei es eine große Belastung, dass Menschen afrikanischer Herkunft immer wieder neu erklären müssten, warum sie in Deutschland leben und ob sie hier bleiben wollen.

In Deutschland gebe es einen "institutionellen Rassismus", und es sei falsch, nur von Einzelfällen zu sprechen. Die aktuelle Debatte über Flüchtlinge und Terrorgefahr habe außerdem einige Fortschritte wieder zunichte gemacht. "Plötzlich war das 'racial profiling' wieder in Ordnung", kritisierte Della. Unter "racial profiling" versteht man Kontrollen, Ermittlungen oder Überwachungen, bei denen Menschen alleine wegen ihres Äußeren ins Visier der Polizei geraten.

"Racial profilig" weit verbreitet?

Laut einer aktuellen Umfrage halten 63 Prozent der Deutschen Polizeikontrollen, die an die Hautfarbe oder andere ethnische Erscheinungsmerkmale anknüpfen, für weitgehend unproblematisch. Die UN-Arbeitsgruppe erklärte, obwohl dies von offizieller Seite geleugnet werde, sei das "racial profiling" in Deutschland weit verbreitet. Sie beklagte außerdem, es existiere keine unabhängige Beschwerdestelle für die Opfer dieser Form von Diskriminierung.

Ihren abschließenden Bericht wird die Arbeitsgruppe dem Menschenrechtsrat im September vorlegen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 27. Februar 2017 um 16:00 Uhr