Interview

Interview mit Grünen-Politiker Ströbele "Der Fall al Masri muss öffentlich aufgeklärt werden"

Stand: 26.08.2007 00:56 Uhr

Die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums wurden neu gewählt. Die Kommission soll sich nun mit dem Fall al Masri beschäftigen. PKG-Mitglied Ströbele fordert im Interview mit tagesschau.de, dass der Vorfall im Bundestag oder einem Ausschuss öffentlich untersucht werden müsse.

tagesschau.de: Herr Ströbele, das PKG ist zwar zuletzt etwas mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Dennoch weiß außer Insidern kaum jemand wirklich über die Arbeit der im Verborgenen tagenden Kommission bescheid. Wie würden Sie deren Wirken beschreiben?

Hans-Christian Ströbele: Das Gremium hat die Aufgabe, die Geheimdienste in der Bundesrepublik Deutschland für den Bundestag zu kontrollieren. Weil die normalen Ausschüsse, die sich mit Sicherheitsfragen beschäftigen, wie etwa der Innen- oder der Verteidigungsausschuss nicht geheim tagen, hat man ein solches Gremium geschaffen, das aus neun Abgeordneten besteht.

tagesschau.de: Wie genau funktioniert die Kontrolle?

Ströbele: Die Bundesregierung berichtet den Abgeordneten, die an einem geheimen Ort tagen. Aber die Mitglieder des PKG können auch selbst Themen benennen, über die sie unterrichtet werden wollen. Seit 1999 hat dieses Gremium erhebliche zusätzliche Kompetenzen. Es kann inzwischen eine Art Sonderermittler einsetzen. Das Gremium kann auch Akteneinsicht bei den Deutschen Sicherheitsdiensten nehmen. Man könnte morgen nach Pullach gehen und gucken: Was treiben die da so.

"Wir haben keine Sanktionsmöglichkeiten"

tagesschau.de: Über das PKG werden Namen wie „zahnloser Tiger" und „Wächter ohne Schwert" kolportiert. Was halten Sie davon?

Ströbele: Da ist was Richtiges dran, aber vieles stimmt auch nicht. Weil dieses Gremium so fürchterlich geheim tagt, kann es mit seinem gewonnenen Wissen relativ wenig anfangen. Wir können intern Kritik üben und der Bundesregierung sagen, dass sie etwas ändern muss. Aber es gibt keine Sanktionsmöglichkeiten. Außerdem können wir mit unseren Erkenntnissen keinen öffentlichen Druck ausüben.

tagesschau.de: Ob zuletzt im Fall al Masri oder auch im so genannten BND-Skandal: Man hat den Eindruck, die PKG kann dem Wort Kontrolle im eigenen Namen kaum gerecht werden.

Ströbele: Das stimmt nicht, sie kann schon sehr viel rauskriegen. Eine heilsame Wirkung hat auch, dass die Geheimdienste damit rechnen müssen, dass neun unabhängige Abgeordnete bei ihnen unter den Teppich gucken.

tagesschau.de: Neun redliche Abgeordnete, die es mit einem Heer von abgeklärten Geheimdienstlern aufnehmen müssen. Können Sie denen im Zweifel das Wasser reichen?

Ströbele: Die Vollständige Kontrolle eines Geheimdienstes ist schon durch das Wort „geheim" ausgeschlossen. Wir können uns nur einzelnen Sachverhalten annähern. Wir sind auf die Informationen der Dienste und der Bundesregierung angewiesen. Und manchmal bekommt man ja auch mal eine Information aus anderer Quelle. Und mit diesem Wissen können wir nachbohren.

"Der Fall al-Masri ist nicht für das PKG geeignet"

tagesschau.de: Der Fall al Masri wird in der Öffentlichkeit als Ungeheuerlichkeit wahrgenommen. Die Bundesregierung will den Vorgang geheim in der PKG aufklären lassen. Wäre es nicht angemessener, diese Aufklärungsarbeit durch einen Untersuchungsausschuss öffentlich zu machen?

Ströbele: Gerade dieser Fall ist eigentlich nicht für die PKG geeignet. Vor allem, weil es nicht um einen Deutschen Geheimdienst geht, sondern um die CIA. Ich denke, die Öffentlichkeit hat einen Anspruch, dass der Fall öffentlich im gesamten Bundestag und in einem Ausschuss diskutiert wird. Das verlange ich von der Bundesregierung.

tagesschau.de: Sie sind schon eine ganze Weile in der PKG und vor allem schon lange Politiker. Wenn Sie den Fall al Masri einordnen: Ist der einzigartig oder hat es in der Bundesrepublik etwas Vergleichbares schon gegeben?

Ströbele: Mir ist kein Fall geläufig. Ich stelle mir vor, was passiert wäre, wenn dass statt der CIA ein afrikanischer oder russischer Geheimdienst gewesen wäre. Was meinen sie, was dann in Deutschland los wäre?

Das Interview führte Frank Thadeusz, tagesschau.de