Hintergrund

Recht Selbst bestimmen: Die Patientenverfügung

Stand: 22.10.2015 16:07 Uhr

Grundlage jeder Patientenverfügung ist das Recht jedes Menschen, zu entscheiden, wie und ob er medizinisch behandelt wird. Kein Mediziner darf gegen den ausdrücklichen Willen des Patienten Behandlungen vornehmen. Zugleich ist jeder Arzt allerdings auch grundsätzlich verpflichtet, ärztliche Hilfe zu leisten. Falls der Mediziner davon ausgeht, dass es eine Heilungschance gibt, ist er also verpflichtet, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen bzw. nicht abzubrechen.

Patientenverfügungen – manchmal werden sie auch Patiententestament genannt - sollen den Willen des Patienten im Voraus für solche Situationen festlegen, in denen sich der Patient nicht mehr selbst äußern kann. Das kann beispielsweise nach Schlaganfällen oder andern schweren Erkrankungen der Fall sein.

Verfügung nicht absolut bindend

Schwierig ist die Situation für die behandelnden Ärzte. Falls es Streit zwischen Arzt und Angehörigen gibt, ob die Patientenverfügung ausgeführt wierden muss, hat der Bundesgerichtshof 2003 entschieden, dass bei einem entscheidungsunfähigen Patienten eine Patientenverfügung zur Beendigung lebensverlängernder Maßnahmen nicht automatisch ausreicht. Das Gericht verlangte im Zweifel eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts. Die Patientenverfügung ist also nicht absolut verbindlich.

Als Entscheidungshilfe für den Arzt wird daher in vielen Patientenverfügungen empfohlen, Aussagen über die eigenen Wertvorstellungen zu machen.

In den Verfügungen kann beispielsweise festgelegt werden, ob alle Möglichkeiten moderner Medizin ausgeschöpft werden sollen, um das Leben zu erhalten, oder ob auf lebensverlängernde Maßnahmen verzichtet werden soll. In einer Patientenverfügung können etwa Maßnahmen wie Bluttransfusionen, künstliche Beatmung oder künstliche Ernährung untersagt werden. Zugleich kann dort eine Vertrauensperson genannt werden, die Entscheidungen in einem Fall schwerster Krankheit treffen darf.

Diskussion geht häufig um lebenserhaltende Maßnahmen

Patientenorganisationen warnen allerdings vor einer Fixierung auf die Beendigung oder Zulassung lebenserhaltender Maßnahmen bei der Diskussion über Patientenverfügungen. Sie verweisen etwa auf die Schmerzmedizin, die Patienten in den letzten Wochen und Monaten helfen und damit viele Ängste vor Leid und Sterben nehmen kann. "Der Ruf nach Tötung auf Verlangen rührt daher, dass Menschen Angst vor der Verletzung ihrer Würde haben", betont etwa die Deutsche Hospiz Stiftung. Die Angst könne genommen werden, wenn die Patienten am Lebensende professionell begleitet würden.

Die Stiftung fordert daher eine bessere Aufklärung der Patienten über die Möglichkeiten ärztlicher Behandlungen und die verschiedenen Optionen, die in einer Patientenverfügung festgelegt werden können.

Verfügungen müssen individuell festgelegt werden

In der Tat sind in Patientenverfügungen viele Unterscheidungen möglich. So kann für einzelne Situationen oder Krankheitsfälle festgelegt werden, wie weit ärztliche Behandlung gehen soll - also etwa ob Wiederbelebungsversuche oder eine künstliche Ernährung durchgeführt werden sollen oder nicht. Entsprechend kompliziert gestaltet sich allerdings auch eine entsprechende Patientenverfügung. Das Bundesjustizministerium bietet in seinem Ratgeber zu den Patientenverfügungen daher wie manche Organisationen auch „Textbausteine“ an, mit deren Hilfe sich eine individuelle Patientenverfügung erstellen lässt. Dafür sind im Ratgeber des Ministeriums allein zwölf Seiten notwendig.

Aktive Sterbehilfe verboten

In jedem Fall sind Ärzte allerdings verpflichtet, alles in ihren Kräften für eine Behandlung oder Lebensverlängerung zu tun, wenn keine Patientenverfügung vorliegt. In den USA und anderen europäischen Ländern haben die Verfügungen einen hohen Stellenwert. Ärzte, die sich daran halten, können rechtlich nicht belangt werden. Patientenverfügungen können sich nie auf aktive Sterbehilfe beziehen oder diese festlegen. Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten.