Polizisten rücken im Juli 2019 zu einer Drogenrazzia in Duisburg aus.

Organisierte Kriminalität 2018 Clans stehen erstmals im Fokus

Stand: 24.09.2019 17:20 Uhr

In seiner Bilanz zur Organisierten Kriminalität setzt das Bundeskriminalamt einen Schwerpunkt auf Clans. Denn der Kampf gegen diese Form des Verbrechens stellt die Ermittler zunehmend vor Herausforderungen.

Zum ersten Mal hat das Bundeskriminalamt (BKA) in seinem Lagebild zur Organisierten Kriminalität im Jahr 2018 einen besonderen Fokus auf das Problem der Clankriminalität gelegt.

Um diese Form der Kriminalität besser bekämpfen zu können, haben erstmals Bundes- und Landesbehörden gemeinsame Kriterien festgelegt, die sogenannte Clans auszeichnen. Die Ermittler sprechen von "ethnisch abgeschotteten Subkulturen" mit eigener Werteordnung und einer zumeist patriarchalisch-hierarchisch geprägten Familienstruktur. Die verdächtigen Mitglieder dieser Gruppen würden häufig auch bei nichtigen Anlässen eine Eskalation provozieren und der deutschen Werteordnung mit Missachtung begegnen.

Diese "Ethnisierung der Kriminalität" sei neu, führt Olaf Sundermeyer vom rbb aus. Die Behörden seien lange davor zurückgeschreckt, aus Sorge, sich dem Vorwurf des Rassismus auszusetzen.

Die meisten Verfahren in Nordrhein-Westfalen

Die meisten Verfahren gegen die sogenannten Clans liefen im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen. 22 von insgesamt 45 Verfahren waren in dem Bundesland angesiedelt. Gerade im Ruhrgebiet hätten sich seit den 1970er-Jahren viele Zuwanderer angesiedelt und die Region habe denjenigen unter ihnen, "denen eine familiär eng vernetzte Lebensführung wichtig ist, attraktive Rahmenbedingungen geboten", erklärt das nordrhein-westfälische Innenministerium die Gewichtung. Daher gingen die Behörden hier seit zwei Jahren mit "einer strikten Null-Toleranz-Linie" gegen die Clankriminalität vor, sagte Innenminister Herbert Reul. Es gelte nicht "das Gesetz der Familie, sondern das Gesetz des Staates".

Nach Nordrhein-Westfalen gab es die meisten Verfahren - allerdings mit großen Abstand - in Bayern (7 Verfahren), Berlin (5 Verfahren) und im Saarland (4 Verfahren). Insgesamt ging die Zahl der Verfahren 2018 im Bereich der Organisierten Kriminalität leicht von 572 auf 535 zurück. Dabei wurde gegen fast 6500 Tatverdächtige ermittelt.

17 Millionen Euro Schaden durch Clankriminalität

Die Clans sind vor allem im Rauschgifthandel aktiv, bei rund einem Viertel der Verfahren wurde wegen Eigentumsdelikten ermittelt.

Die Verfahren richteten sich im vergangenen Jahr insgesamt gegen 654 Tatverdächtige und mutmaßliche Clanmitglieder. Dabei stammten die meisten von ihnen aus dem Libanon: Rund 150 der Verdächtigen hatten eine libanesische Herkunft, gefolgt von fast ebenso vielen deutschen Tatverdächtigen.

Nach Angaben des BKA verursachten die zur Clankriminalität zugerechneten Gruppen 2018 einen Schaden von rund 17 Millionen Euro. Im Vergleich zum gesamten Schaden, der im vergangenen Jahr durch die Organisierte Kriminalität entstand, nur eine relativ geringe Summe: Die Ermittler schätzen den Schaden im gesamten Jahr auf rund 691 Millionen Euro. Im Vergleich zum Vorjahr ein immenser Anstieg von etwa 482 Millionen Euro. Allerdings seien solche Schwankungen laut BKA normal, da die Schadenssumme immer mit der Größe der Verfahren in dem betreffenden Jahr zusammenhänge.

Doch der Schaden geht laut Sundermeyer über den finanziellen Aspekt hinaus. Er spricht vom "sozialen Unfrieden": Die Menschen hätten Angst vor den Clans, die "ganze Sozialräume", etwa ganze Straßenzüge, für sich beanspruchen würden.

Clans setzen auf anonyme Kommunikation

Doch "der Rechtsstaat und Sicherheitsbehörden werden durch die Gefahr der Bildung von Parallelgesellschaften in erheblicher Weise herausgefordert", heißt es im Lagebild in Bezug auf die Clankriminalität. Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer warnte, "kriminelle Parallelgesellschaften darf es in unserem Land nicht geben".

Der Kampf gegen die Clans wird aus Sicht des BKA künftig noch erschwert werden, beispielsweise dadurch, dass sich deren mutmaßliche Mitglieder zunehmend der Verschlüsselung und anonymer Kommunikation über Messenger-Dienste bedienen. Diese Herausforderungen würden durch die Einführung des Mobilfunkstandards 5G "mit neuer Netzstruktur und neuen Funktionalitäten im Bereich der Virtualisierung, Verschlüsselung und Anonymisierung weiter zunehmen".

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 24. September 2019 um 15:00 Uhr.