Sondersitzung zur Abhöraffäre Im Kern geht es um Scholz' Nein zum "Taurus"
Der Verteidigungsausschuss des Bundestags kommt heute zu einer Sondersitzung zusammen. Dabei geht es um die "Taurus"-Abhöraffäre. Die Unionsfraktion sieht weitreichenden Klärungsbedarf.
Es sind nicht nur sicherheitstechnische Aspekte, die die Unionsfraktion umtreiben. Also nicht nur die Frage, wie es russischen Diensten gelingen konnte, ein Gespräch von hochrangigen Luftwaffenoffizieren mitzuschneiden. Sondern CDU und CSU haben auch Klärungsbedarf, was das Gesagte selbst angeht. Dabei geht es um einen potenziellen Einsatz des deutschen Marschflugkörpers "Taurus" in der Ukraine und das Vorgehen anderer Bündnispartner.
Es sei eine so brisante Angelegenheit, meinte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, dass eine nicht-öffentliche Sondersitzung des Verteidigungsausschusses zwingend nötig sei.
Es müsse geklärt werden, was an Informationen preisgegeben worden sei. Und wie das Gesagte zur Argumentation des Bundeskanzlers passe. Um dessen Nein zu "Taurus"-Lieferungen geht es im Kern immer wieder.
Der Kanzler kommt nicht
In dem von Russland veröffentlichten Mitschnitt ist unter anderem die Rede davon, dass ukrainische Streitkräfte den Marschflugkörper auch ohne Hilfe deutscher Soldaten einsetzen könnten. Vorausgesetzt, sie seien vorher entsprechend von der Bundeswehr geschult worden.
Eine Aussage, die nach Ansicht des CDU-Verteidigungsexperten Henning Otte, nicht zu den Äußerungen des Kanzlers passt. Er erwarte, so Otte im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio, dass sich Olaf Scholz bei der Sondersitzung erkläre. "Und den Widerspruch aufklärt, den es gibt: zwischen der Aussage des Inspekteurs der deutschen Luftwaffe, es bräuchte keine deutschen Soldaten zum Einsatz von 'Taurus' in der Ukraine und der Aussage des Bundeskanzlers, es bräuchte deutsche Soldaten für den Einsatz und die Lieferung des 'Taurus' in der Ukraine."
Der Kanzler aber kommt nicht. Was einige Vertreter der Union als klaren Affront werten. Von einer Missachtung des Parlaments ist die Rede. Davon, dass wohl doch ein Untersuchungsausschuss notwendig sei.
Das "Taurus"-Rad dreht sich längst
FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die selbst gern Klartext spricht und erklärte Befürworterin von "Taurus"-Lieferungen an die Ukraine ist, mahnt in diesem Fall zu Besonnenheit.
Um nicht, wie es Verteidigungsminister Boris Pistorius formulierte, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin auf den Leim zu gehen. Denn genau das, so Strack-Zimmermann, sei das Ziel von Putin und seinen Freunden: "dass wir jetzt parlamentarisch ein Rad drehen".
Doch das "Taurus"-Rad dreht sich längst. Auf die Sondersitzung, die hinter verschlossenen Türen stattfindet und die aus Sicht der Unionsfraktion viel zu spät kommt, folgt am Mittwoch die Regierungsbefragung im Parlament. Hier soll der Kanzler dann öffentlich Rede und Antwort stehen.
Die Union hofft auf Stimmen aus der Ampel
Am Donnerstag will die Union dann erneut über einen Antrag abstimmen lassen, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, der ukrainischen Bitte nach Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern unverzüglich nachzukommen.
Die Union hofft durch die Diskussionen der vergangenen Tage auf einen neuen Schub - und auf mehr Stimmen aus der Ampelkoalition. Dem ausdrücklichen Nein des Kanzlers zum Trotz.