Ein Mann im Rollstuhl sitzt in der Wartehalle am Flughafen.

Entschädigung bei verpasstem Anschluss Rollstuhlfahrer dürfen Flugzeug als Erste verlassen

Stand: 18.07.2023 14:35 Uhr

Rollstuhlfahrer dürfen ein Flugzeug als Erste besteigen und verlassen. Klappt dies nicht und verpasst derjenige deshalb seinen Anschlussflug, muss die Fluggesellschaft ein Ersatzticket zahlen, entschied der BGH.

Rollstuhlfahrer und andere Menschen mit eingeschränkter Mobilität und ihre Begleitpersonen haben Vorrang, wenn sie ein Flugzeug besteigen oder verlassen.

Verpasst ein Rollstuhlfahrer einen direkten Anschlussflug, weil er zuletzt aussteigen musste, muss die Fluggesellschaft die Kosten für ein Ersatzticket übernehmen und kann für die Flugverspätung auch zu einer Ausgleichszahlung verpflichtet sein, entschied der Bundesgerichtshof (BGH).

Paar verpasste Anschlussflug und musste neu buchen

Im Streitfall hatten ein Rollstuhlfahrer und seine Frau einen Flug von Frankfurt am Main nach St. Petersburg gebucht. In Budapest sollte das Paar umsteigen. Die Umsteigezeit betrug 45 Minuten. Als das Paar in Budapest landete, durfte es trotz des Hinweises auf den Anschlussflug erst als Letzte aus dem Flugzeug aussteigen.

Der Anschlussflieger wurde verpasst. Das Paar musste einen Ersatzflug buchen und neue Tickets für 227 Euro pro Person kaufen - und kam mit zehnstündiger Verspätung in St. Petersburg an.

Das Landgericht Frankfurt am Main urteilte bereits, dass Reisende mit eingeschränkter Mobilität sowie deren Begleitpersonen vorrangig beim Ein- und Ausstieg im Flugzeug behandelt werden müssen. Sie hätten Anspruch auf Kostenerstattung für die Ersatztickets - nicht aber auf eine Ausgleichszahlung wegen einer Flugverspätung. Der Anschlussflug sei ja nicht verspätet gewesen.

BGH: Fluggesellschaft verantwortlich für verpassten Flug

Der BGH hob dieses Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht zurück. Die Fluggesellschaft sei dafür verantwortlich, dass das Paar zuletzt aussteigen musste und seinen Anschlussflug verpasst hat. Damit habe das Paar Anspruch auf die Ausgleichszahlung in Höhe von hier 400 Euro pro Person. Fluggesellschaften seien verpflichtet, Menschen mit eingeschränkter Mobilität sowie ihren Begleitpersonen "bei der Beförderung Vorrang einzuräumen".

Allerdings bestehe der Anspruch auf Ausgleichszahlung nur, wenn der erste sowie der direkte Anschlussflug einheitlich gebucht wurden. Dies müsse das Landgericht noch einmal prüfen, urteilte der BGH.

(AZ: X ZR 84/22)