Ein Arzt steht in einem Operationssaal und operiert einen Patienten am Knie.

Medizinischer Dienst Fast 2.700 Schäden durch Behandlungsfehler

Stand: 17.08.2023 13:16 Uhr

In Deutschland hat es im vergangenen Jahr rund 2.700 nachgewiesene Behandlungsfehler mit Folgeschäden gegeben. So weist es die Statistik des Medizinischen Dienstes aus, der dies im Auftrag der Krankenkassen prüft. Die Dunkelziffer dürfte höher sein.

Der Verdacht auf einen Fehler bei der ärztlichen Behandlung in einer Klinik oder einer Praxis hat sich 2022 in jedem vierten Fall bestätigt. Das geht aus der jährlichen Statistik des Medizinischen Dienstes der Kassen hervor.

Gutachter der Krankenkassen stellten in 3.221 Fällen ärztliche Behandlungsfehler mit gesundheitlichen Schäden für Patienten fest. In 2.696 Fällen war der Fehler auch Ursache für den Schaden - nur dann haben Patienten Aussicht auf Schadensersatz.

Insgesamt erstellte der Medizinische Dienst bundesweit 13.059 fachärztliche Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern. Die Gesamtzahl der Gutachten liegt seit Jahren bei etwa 14.000 Fällen pro Jahr bundesweit.

Meiste Behandlungsfehler in Kliniken erkannt

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung behandeln die Krankenhäuser in Deutschland pro Jahr knapp 17 Millionen Fälle, in Arztpraxen sind es mehr als 550 Millionen Behandlungsfälle pro Jahr.

In der aktuellen Statistik kamen zwei Drittel aller Fehlervorwürfe aus der stationären Versorgung, zumeist in Krankenhäusern. Ein Drittel bezog sich auf Arztpraxen. "Die meisten Vorwürfe beziehen sich auf operative Eingriffe", erläuterte Christine Adolph, Leitende Ärztin des Medizinischen Dienstes Bayern.

Bei knapp zwei Dritteln dieser bestätigten Fälle waren die Gesundheitsschäden der Patientinnen und Patienten vorübergehend. Bei mehr als einem Drittel entstand ein Dauerschaden. Ein leichter Dauerschaden kann zum Beispiel eine geringe Bewegungseinschränkung oder eine Narbe sein. Zu mittleren Schäden zählen chronische Schmerzen oder erhebliche Bewegungseinschränkungen. In rund drei Prozent der Fälle - das betraf 84 Menschen - führte ein Fehler zum Tod des Patienten.

Experten vermuten hohe Dunkelziffer

Rückschlüsse auf die allgemeine Fehlerhäufigkeit können aus den Zahlen nicht gezogen werden, da es keine zentrale Erfassung gibt und viele Fehler nicht bemerkt werden, etwa Medikationsfehler.

"Die Begutachtungszahlen zeigen nur einen sehr kleinen Ausschnitt des tatsächlichen Geschehens", sagte Stefan Gronemeyer, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes Bund. "Aus wissenschaftlichen Untersuchungen ist vielfach belegt, dass die Dunkelziffer deutlich höher liegt." Experten gehen davon aus, dass es bei etwa einem Prozent aller Krankenhausfälle zu Behandlungsfehlern kommt.

Einige tausend Behandlungsfehler in 2022 durch Medinischen Dienst festgestellt

Markus Reher, RBB, tagesschau, 17.08.2023 17:00 Uhr

Meldepflicht für schwere Behandlungsfehler gefordert

Um die Patientensicherheit zu verbessern, sollten schwerwiegende, aber sicher vermeidbare Ereignisse wie Seiten- oder Medikamentenverwechslungen (Never Events) verpflichtend gemeldet werden, hieß es. "Das ist internationaler Standard in der Patientensicherheit. Es ist aus Patientensicht nicht hinnehmbar, dass Deutschland das nicht umsetzt", so Gronemeyer.

Es passierten hierzulande "immer wieder die gleichen Fehler", kritisierte der Medizinische Dienst. Gronemeyer forderte die Bundesregierung auf, im Rahmen der Novellierung des Patientenrechtegesetzes eine verpflichtende nationale Never-Event-Liste einzuführen. Die Meldungen schwerer, vermeidbarer Behandlungsfehler sollten anonym bleiben und der Vorbeugung dienen.

Klinik-Qualitätsdaten sollen künftig transparent werden

Ab April 2024 sollen Krankenhäuser bereits einige Qualitätsdaten zur Transparenz für Patientinnen und Patienten veröffentlichen müssen. Das geht aus einer sogenannten Formulierungshilfe der Bundesregierung eines "Krankenhaustransparenzgesetzes" hervor, die dem Redaktionsnetzwerk Deutschland vorlag.

Demnach sollen Kliniken auf einer Internet-Plattform künftig unter anderem das jeweilige Leistungsangebot und die personelle Ausstattung sowie die Rate der Komplikationen und der Todesfälle publizieren.