Mitglieder des Bürgerrats "Ernährung im Wandel" stehen für ein Gruppenfoto zusammen.
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"Ernährung im Wandel" Was wird aus den Empfehlungen des Bürgerrats?

Stand: 14.03.2024 05:23 Uhr

Die Ampelkoalition hat sich vorgenommen, Bürgerräte durch den Bundestag einsetzen zu lassen. Der erste zum Thema Ernährung hat im Februar Empfehlungen abgegeben. Wie geht es jetzt weiter?

Von Lea Kiehlneker, ARD-Hauptstadtstudio

Im Februar hat der erste Bürgerrat des Bundestags zum Thema Ernährung neun Empfehlungen an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas übergeben. Darunter etwa ein kostenfreies Mittagessen für Kinder in Kitas und Schulen. Heute debattiert erstmals der Bundestag über die Empfehlungen. Aber werden die Abgeordneten sie dann auch umsetzen? Und wie läuft das Ganze ab? Ein Überblick.

Was ist der Bürgerrat "Ernährung im Wandel"?

Bürgerräte sind eine Form der politischen Beteiligung, die die parlamentarische Arbeit ergänzen können. Sie können aber keine politischen Entscheidungen treffen. Die Ampelparteien haben in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, dass sie Bürgerräte durch den Bundestag einsetzen und organisieren lassen wollen.

Das ist jetzt mit dem Bürgerrat "Ernährung im Wandel" zum ersten Mal passiert. Im vergangenen Frühjahr hat der Bundestag diesen Bürgerrat eingesetzt. 160 Bürgerinnen und Bürger wurden als Mitglieder zufällig ausgelost. Dabei wurde darauf geachtet, dass die Gruppe für die deutsche Bevölkerung repräsentativ ist.

Auch das Thema wurde vom Bundestag festgelegt. Zentrale Frage für den Bürgerrat: Was und wie viel sollte der Staat im Bereich Ernährung regeln? In mehreren Präsenz- und Online-Sitzungen haben die Mitglieder ab dem Herbst 2023 darüber diskutiert und auch Fachleute angehört.

Im Februar hat der Bürgerrat seine Empfehlungen an Bundestagspräsidentin Bas und die Fraktionen im Bundestag übergeben.

Welche Empfehlungen gibt der Bürgerrat?

Insgesamt hat der Bürgerrat neun Empfehlungen abgegeben. Die wichtigste: Es soll ein kostenfreies, gesundes Mittagessen für alle Kinder in Kitas und Schulen geben. Beginnend bei den Kitas soll es schrittweise eingeführt werden. Für die Finanzierung schlagen die Bürgerratsmitglieder vor, auf eine Erhöhung des Kindergelds zu verzichten.

Weitere Empfehlungen sind etwa ein verpflichtendes staatliches Label für Lebensmittel, das die Bereiche Klima, Tierwohl und Gesundheit berücksichtigt, eine Tierwohlabgabe und eine Altersgrenze für Energydrinks.

Was passiert jetzt mit den Empfehlungen?

Die Ampel hat in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, dass sich der Bundestag mit den Empfehlungen der durch ihn eingesetzten Bürgerräte befasst. Heute gibt es eine Bundestagsdebatte dazu. Das ist eine Premiere - zuvor hatte es zwar auch schon Bürgerräte gegeben, aber keine eigenen Debatten dazu im Bundestag.

Danach werden die Empfehlungen an die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Federführend ist der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft.

Bei der Forderung nach kostenfreiem Mittagessen müssen aber beispielsweise auch die Länder mit einbezogen werden, denn sie sind für Kitas und Schulen zuständig.

Ob dann einzelne Empfehlungen tatsächlich zur Abstimmung im Bundestag kommen, hängt davon ab, ob Fraktionen dazu entsprechende Gesetzentwürfe einbringen.

Werden die Empfehlungen umgesetzt?

Die Empfehlungen des Bürgerrates sind für den Bundestag nicht bindend, er muss sie also nicht umsetzen. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hat aber immer wieder betont, dass sich der Bundestag ernsthaft damit auseinandersetzen werde. Das sei wichtig, damit die Teilnehmenden nicht frustriert sind, wenn ihre Arbeit einfach in der Schublade verschwindet, so die SPD-Politikerin.

Auch Marianne Schieder, Vorsitzende der Berichterstattergruppe Bürgerrat im Bundestag sagte, das Gremium werde darauf achten, dass sich das Plenum und die Ausschüsse intensiv mit den Empfehlungen beschäftigen. Diese seien aber unterschiedlich komplex, so die SPD-Politikerin.

Eine schnelle Umsetzung könne sie sich zum Beispiel bei der Einführung einer Altersgrenze von 16 Jahren für Energydrinks vorstellen. Komplizierter werde es dagegen bei Forderungen wie dem kostenfreien Mittagessen, da die Länder und verschiedene Ressorts mit einbezogen werden müssten.

Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft, CDU-Politiker Hermann Färber, sagte, er sehe durch die Empfehlungen des Bürgerrats Möglichkeiten, bei festgefahrenen Debatten wieder weiterzukommen, zum Beispiel beim Tierwohl.

Der Bundestag steht jetzt am Anfang einer ausführlichen Diskussion über die Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger. Bis klarer wird, was er am Ende daraus macht, dürfte es noch einige Monate dauern.

Lea Kiehlneker, ARD Berlin, tagesschau, 14.03.2024 05:32 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 14. März 2024 um 06:47 Uhr.