Geplante Änderung des Richtergesetzes Wie Extremisten als Schöffen verhindert werden sollen
Das Bundeskabinett hat sich auf eine Änderung des Richtergesetzes geeinigt - damit Extremisten künftig nicht als Schöffen über Schuld und Strafmaß mitentscheiden dürfen. Auch weitere Änderungen sollen kommen.
Die Bundesregierung will dafür sorgen, dass Extremisten das Amt eines Schöffen nicht übernehmen können. Der Bundestag muss über die Änderung noch beraten. Einen entsprechenden Gesetzentwurf, der auch eine Klarstellung zu Maßnahmen gegen problematische Berufsrichter enthält, beschloss das Bundeskabinett nach Angaben des Justizministeriums.
Künftig soll es heißen: "Zu dem Amt eines ehrenamtlichen Richters darf nicht berufen werden, wer keine Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt." Das Bundesjustizministerium verwies auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das bei Schöffinnen und Schöffen eine "Pflicht zur Verfassungstreue" anerkenne. Diese Pflicht solle nunmehr "gesetzlich verankert und als zwingende Regelung ausgestaltet werden".
Im Richtergesetz heißt es zu den "Hindernissen" für eine Ernennung von ehrenamtlichen Richtern bisher nur, dass niemand berufen werden soll, der "gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat" oder der wegen einer früheren Stasi-Tätigkeit nicht geeignet ist.
Weitere Änderungen geplant
Neben der Einfügung des neuen Satzes sollen weitere Änderungen im Richtergesetz vorgenommen werden. Sollten Zweifel an der Verfassungstreue eines Schöffen erst nach seiner Berufung erkennbar sein, müsse laut der geplanten Reform eine Abberufung erfolgen, betonte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese: "Die fehlerhafte Besetzung eines Gerichts gemäß diesen Vorgaben soll künftig einen absoluten Revisionsgrund darstellen."
Im Richtergesetz soll laut Kabinettsbeschluss zudem klargestellt werden, dass die Versetzung von Berufsrichtern in den Ruhestand und ein gerichtliches Disziplinarverfahren wegen eines Dienstvergehens nebeneinander durchgeführt werden können.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) erklärte, für einen funktionierenden Rechtsstaat sei "das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in eine unabhängige Justiz, die ihre Entscheidungen in Einklang mit dem Grundgesetz trifft", ein wesentlicher Faktor.
"Es dürfen keine Zweifel aufkommen, dass Richterinnen und Richter jederzeit bereit sind, für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. Dies muss auch für ehrenamtliche Richterinnen und Richter gelten", unterstrich Buschmann.
"Der Sommerhitze geschuldet"
Der Grünen-Rechtspolitiker Till Steffen sagte, mit der geplanten Reform werde die Justiz widerstandsfähiger gegen verfassungsfeindliche Angriffe. Neben der Möglichkeit, Verfassungsfeinde aus dem Dienst zu entfernen, müsse aber auch dafür gesorgt werden, dass mehr verfassungstreue Bürger Schöffinnen und Schöffen werden. Eine Möglichkeit wäre es aus seiner Sicht, EU-Bürgern den Zugang zum Schöffenamt zu eröffnen.
Die rechtspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Katrin Helling-Plahr, hält nichts von diesem zusätzlichen Vorschlag: "Der Vorstoß der Grünen hingegen ist wohl der Sommerhitze geschuldet." Es wäre auch vor dem Hintergrund der geplanten Reform des Staatsangehörigkeitsrechts völlig widersinnig, wenn Menschen, die nicht Deutsche werden wollten oder die Voraussetzungen dafür nicht erfüllten, dann als ehrenamtliche Richter über Deutsche richten könnten.
Der Vorschlag werfe zudem komplexe verfassungsrechtliche Fragen auf, etwa ob Ausländer im Namen des deutschen Volkes entscheiden dürften. Allerdings sei es richtig, dass Bundesjustizminister Buschmann nun die Verfassungstreue von ehrenamtlichen Richtern absichern wolle, sagte Helling-Plahr.
Ausübung des Schöffenamt
Ein Schöffe ist ein ehrenamtlicher Richter in Strafprozessen. Die Person wird von einer Gemeinde für fünf Jahre gewählt - juristische Kenntnisse sind für das Schöffenamt nicht erforderlich. Voraussetzung für das Ehrenamt ist, dass man zwischen 25 und 70 Jahre alt und deutscher Staatsbürger ist. Jeder Schöffe wird vereidigt.
In Deutschland gibt es etwa 60.000 Schöffinnen und Schöffen - meistens wird ein Richter von zwei Schöffen unterstützt. Sie dürfen in einem Gerichtsprozess selbst auch Fragen stellen. Bei der Beratung darüber, wie hoch die Strafe für einen Täter ausfallen soll, hat ihre Stimme die gleiche Bedeutung wie die Stimme des Richters.
Vor der Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und -minister im vergangenen Mai war überlegt worden, eine Diskussion über die Öffnung des ehrenamtlichen Richteramtes für in Deutschland lebende und "sozial fest verwurzelte Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft" zu führen. Das Thema wurde dann aber zurückgestellt. Der Entwurf aus dem Bundesjustizministerium sieht zu diesem Punkt keine neue Regelung vor.