Hintergrund

Die politische Rolle des Bundespräsidenten Der erste Mann im Staate

Stand: 22.03.2012 13:46 Uhr

Für die einen ist er DER Repräsentant Deutschlands im Ausland, für die anderen ist er die moralische Instanz im Inland: Der Bundespräsident. Bislang haben nur Männer das Amt ausgeführt. Bundespräsidenten haben Neuwahlen angesetzt und Gesetze nicht unterzeichnet. Claus Heinrich über die Rolle des deutschen Staatsoberhaupts.

Von Claus Heinrich, ARD Berlin

Von Claus Heinrich, SWR, ARD-Hauptstadtstudio

Politisch allzu viel zu sagen hat der deutsche Bundespräsident nicht. Der erste Mann im Staate steht laut Grundgesetz protokollarisch an der Spitze der Republik, vor Bundestag und Bundesregierung, also auch vor der Bundeskanzlerin, die diese Formalie schon mal ganz gerne vergisst: "Dazu habe ich mich geäußert und das muss ich als deutsches Staatsoberhaupt oder besser gesagt als deutsche Bundeskanzlerin tun", korrigiert sich Merkel.

Der Präsident verdient auch mehr Geld: rund 200.000 Euro im Jahr plus Aufwandsentschädigung und kostenloser Amtswohnung, aber er steht weder der Armee vor wie sein österreichischer Amtskollege, noch führt er die politischen Geschäfte wie der französische Staatspräsident. Der deutsche Bundespräsident repräsentiert die Bundesrepublik Deutschland nach innen und nach außen. Das heißt, er hält schöne Reden und empfängt Staatsgäste.

Notar der Nation

Die wirklich wichtigen Staatsbesuche aber macht selbstverständlich die Kanzlerin, die auch die Richtlinien der Politik bestimmt. Immerhin schlägt der Bundespräsident den Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin zur Wahl vor – kaum mehr als eine verfassungsmäßige Höflichkeitsformel, denn gewählt wird der Regierungschef selbstverständlich vom Parlament.

Praktische Bedeutung bekommt das Amt  aber bei der Unterzeichnung von Bundesgesetzen, die der eine oder andere Amtsinhaber auch schon mal gerne aus verfassungsrechtlichen Bedenken verweigert hat. Notar der Nation ist der Präsident auch bei einer vorzeitigen Auflösung des Bundestages, die er absegnen muss. Die Bundeskanzler Brandt, Kohl und Schröder hatten durch extra verlorene Vertrauensabstimmungen im Bundestag Neuwahlen erzwingen wollen. Die amtierenden Bundespräsidenten hatten dies jeweils gehorsam durch gewinkt.

Die Frage der Direktwahl

Der Bundespräsident wird von der Bundesversammlung gewählt, die sich aus den Mitgliedern des Deutschen Bundestages und einer gleichen Zahl von Vertretern der Landtage zusammensetzt.

Die Frage, ob man die Bedeutung des Amtes durch eine Direktwahl heben kann, wird immer wieder diskutiert. Der Bremer Politologe Lothar Probst, ansonsten durchaus für plebiszitäre Elemente offen, hält in SWR2 Kontext dagegen: "Ich glaube, dass es sich einfach nicht mit der Verfassung verträgt, weil das Amt des Präsidenten – das ist allen bekannt – ist ja sehr schwach mit Kompetenzen ausgestattet. Der Bundespräsident, wenn er direkt durchs Volk gewählt werden würde, wäre sozusagen durch  seine Legitimität, die er dann ausüben könnte, höher gestellt als der Bundeskanzler, der durch eine Parteienkoalition in der Regel im Bundestag gewählt wird. Ob das eine gute Konstellation ist, ist eine ganz andere Frage. Ich halte das nicht für vernünftig", so Probst.

Unstrittig ist bislang, dass die Amtszeit des Bundespräsidenten fünf Jahre beträgt und nur einmal verlängert werden kann.