Regierungserklärung zur AKW-Sicherheit Laufzeitverlängerung wird vorläufig ausgesetzt

Stand: 15.03.2011 00:29 Uhr

Die umstrittene Laufzeitverlängerung der 17 Atomkraftwerke in Deutschland wird ausgesetzt. Das verkündete Kanzlerin Merkel auf einer Pressekonferenz in Berlin. Das Moratorium soll für drei Monate gelten. Wenn die Regelung in Kraft tritt, müsste das AKW Neckarwestheim voraussichtlich sofort vom Netz gehen.

Die Verlängerung der Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke wird vorläufig ausgesetzt. Das verkündete Bundeskanzlerin Merkel auf einer Pressekonferenz in Berlin. Bei der Aussetzung handele es sich um ein Moratorium, das für drei Monate gelten solle, so Merkel.

Angesichts der Ereignisse in Japan könne man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, sagte Merkel. Die Katastrophe in Japan lehre, dass Risiken, die für absolut unwahrscheinlich gehalten wurden, doch nicht vollends unwahrscheinlich sind. Daher würden die Sicherheitsbedingungen in allen Atomkraftwerken überprüft. Dabei gebe es keine Tabus, betonte Merkel. Einen Ausstieg aus der Kernenergie schloss Merkel jedoch aus. "Wir können auf die friedliche Brückentechnologie der Atomkraft nicht verzichten", sagte sie.

Im Gespräch mit den ARD-Tagesthemen sagte Merkel, das Moratorium werde "in dem einen oder anderen Fall zu Konsequenzen führen". Wie genau diese aussehen werden, könne aber noch nicht gesagt werden. Die Überprüfung der Kernkraftwerke werde die Regierung aber auch dazu nutzen, um zu schauen, wie das Zeitalter der erneuerbaren Energien erreicht werden könne, so Merkel.

Mehrere AKW sollen abgeschaltet werden

Wenn das Moratorium in Kraft tritt, müssten Atomkraftwerke, bei denen die sogenannte Reststrommenge aufgebraucht ist, abgeschaltet werden. Das bedeute, dass das AKW Neckarwestheim I vom Netz müsse, sagte Umweltminister Norbert Röttgen. Er gehe davon aus, dass der Meiler auch nach den drei Monaten nicht wieder Strom produzieren werde. Röttgen stellte auch die Laufzeitverlängerung insgesamt infrage. Das Abrücken von der Entscheidung sei ein Thema, das jetzt diskutiert werde, sagte er.

Auch das umstrittene Atomkraftwerk Isar I soll als Reaktion auf das Moratorium abgeschaltet werden. Das sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer der ARD. Das bayerische Kabinett will sich am Mittwoch mit möglichen Konsequenzen aus der Katastrophe in Japan befassen. Die Betreibergesellschaft des AKW, E.ON, sieht dagegen keinen Grund das bayerische Atomkraftwerk Isar1 vom Netz zu nehmen. Isar 1 erfülle alle Sicherheitsvorschriften.

Der südhessische Atommeiler Biblis A, der nach Angaben des Amtes für Strahlenschutz noch über Reststrommengen bis zum Juli 2011 verfügt, geht nach Angaben der hessischen Landesregierung Ende Mai für acht Monate vorläufig vom Netz. Geplant seien Revisionsarbeiten, sagte Umweltministerin Lucia Puttrich. Ob die beiden Meiler wieder in Betrieb gehen könnten, hänge von der weiteren Sicherheitsüberprüfung ab.

Sonderprüfung der AKW in Baden-Württemberg

Ein leichter Kurswechsel hatte sich am Vormittag schon in Baden-Württemberg angedeutet, wo die CDU-Landesregierung in knapp zwei Wochen Wahlen zu bestehen hat. Die beiden Kernkraftwerke des Landes sollen einer Sonderprüfung unterzogen werden. Inspekteure seien im Einsatz, die sich vor allem um die Frage der Notstromversorgung kümmern sollen, sagte Landesumweltministerin Tanja Gönner (CDU) im Deutschlandfunk. Unter die Lupe genommen werden sollen insbesondere die Sicherheitsnetze, wenn die reguläre Stromversorgung ausfällt.

Ministerpräsident Stefan Mappus berief zudem eine Expertenkommission ein, die sich mit den Konsequenzen für Baden-Württemberg beschäftigen soll. "Sollte sich eine bisher nicht bekannte Fehlerquelle herausstellen, werden alle nötigen Konsequenzen vorbehaltlos gezogen", sagte Mappus in Stuttgart. Sicherheit sei oberstes Gebot. "Kernkraftwerke, die nicht den erforderlichen Sicherheitsansprüchen genügen, werden abgeschaltet."