Der Jungfernstieg und die anliegenden Bereiche sind mit Demonstranten gefüllt.
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Massenproteste gegen rechts Falsche Behauptungen über Demo-Bilder

Stand: 22.01.2024 11:53 Uhr

In zahlreichen Städten sind am Wochenende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren. Einige behaupten jedoch, Bilder von den Menschenmassen seien manipuliert - zu Unrecht.

Von Pascal Siggelkow, ARD-faktenfinder

"Bestellte Massen demonstrieren gegen die AfD. Doch bei den in den Medien veröffentlichten Bildern fallen inzwischen zahlreiche Fälle von Bildmanipulationen auf. Warum haben sie das nötig?" Diese Sätze schrieb Björn Höcke, Fraktionsvorsitzender der AfD in Thüringen, auf dem Kurzmitteilungsdienst X. Dazu teilte er ein Bild, auf dem ein Foto von der Demo gegen rechts in Hamburg zu sehen ist. Darauf steht zudem: "Die Demonstration in Hamburg war laut ZDF so überfüllt, daß die Menschen sogar in der Alster stehen mußten...[sic]"

Höcke bezog sich mit seinem Post auf zwei im Netz kursierende Bilder, die vor allem in rechten Kreisen verbreitet wurden. Sie sollten vermeintlich belegen, dass die Bilder von der Kundgebung in Hamburg von den Medien manipuliert worden seien, um die Teilnehmerzahl höher aussehen zu lassen, als sie eigentlich war.

Auf dem ersten Bild, gepostet vom Hamburger Senat, ist eine Luftaufnahme der Demo auf dem Hamburger Jungfernstieg zu sehen. Die Menschen stehen auf der Reesendammbrücke, die die Binnenalster von der Kleinen Alster trennt.

Das zweite Bild ist ebenfalls eine Luftaufnahme der Szenerie - aus einer etwas anderen Perspektive. Auf diesem Bild wird der Eindruck erweckt, die Menschen würden plötzlich zum Teil dort stehen, wo auf dem ersten Bild bereits das Wasser der Kleinen Alster beginnt. Für Höcke und viele andere im Netz steht fest: Das zweite Bild wurde manipuliert, damit die Menschenmasse noch größer wirkt. Doch das ist falsch.

Aufgenommen wurde das Bild von einem Fotografen der Nachrichtenagentur dpa. Daher wurde es auch von einigen Medien verwendet, die auf das Bildmaterial der dpa zurückgreifen. Die dpa teilte dazu bereits am Wochenende unter dem Post von Höcke mit, dass es sich um ein Original-Foto handele, "an dem selbstverständlich nichts manipuliert wurde".

Dass das Bild im Vergleich zu dem anderen geteilten Foto den Eindruck erwecken könnte, die Menschen stünden auf dem Wasser, liegt vielmehr an dem Perspektivunterschied. Das erste Bild ist zum einen von weiter oben aufgenommen worden. Dadurch bietet das Bild einen besseren Blick auf die Brücke und das Wasser auf beiden Seiten.

Das zweite Bild wurde hingegen von weiter unten aufgenommen, zudem aus einem leicht anderen Winkel. Das lässt sich gut anhand markanter Gebäude im Hintergrund wie dem Fernsehturm erkennen. Aus dieser Perspektive ist das Wasser der Kleinen Alster durch die Menschen im Vordergrund nicht mehr zu sehen.

Hinweise auf eine gezielte Manipulation des Bildes gibt es hingegen nicht. Zudem bestätigen zahlreiche weitere Aufnahmen von der Demonstration, dass der Jungfernstieg und die anliegenden Straßen komplett voll waren. Aufgrund der zu vielen Teilnehmer wurde die Versammlung schließlich von der Polizei aus Sicherheitsgründen aufgelöst.

Fehlendes Eis kein Hinweis auf Manipulation

Auch ein weiterer Vorwurf der Bildmanipulation dreht sich um die Demo in Hamburg. Auch dieser wurde vor allem von rechten Kreisen verbreitet. Wieder sind zwei Luftaufnahmen zu sehen: Eine mit deutlich weniger Menschen als auf der anderen. Dabei sind auf dem Bild in der Binnenalster einige Eisschollen zu sehen, auf dem anderen nicht. Auch das zeige aus Sicht einiger User, dass das Bild mit den Menschenmassen manipuliert sei.

Dabei gibt es auch hier einen Erklärungsansatz. Der Unterschied der Menschenanzahl deutet darauf hin, dass das eine Bild mit einigem zeitlichen Abstand zum anderen aufgenommen wurde. Somit ist es möglich, dass beispielsweise die Eisschollen in der Zwischenzeit schlicht von der Strömung weggetrieben worden sind.

Die Hamburger Wasserschutzpolizei, die während der Kundgebung auf der Binnenalster unterwegs war, teilt auf Anfrage von tagesschau.de mit, dass es keine größeren Eisschollen auf dem Wasser gab und es nicht zu Beeinträchtigungen dadurch kam.

Auch hier spricht aber vor allem gegen eine Manipulation, dass es viele weitere Bilder und Videos gibt, die ebenfalls die Menschenmassen zeigen.

Bild von Demo in Köln nicht KI-generiert

Nicht nur zu der Demonstration in Hamburg gibt es falsche Manipulationsvorwürfe, auch nach der Kundgebung vergangene Woche in Köln gab es solche Posts in den sozialen Netzwerken. Vor allem eine Luftaufnahme vom Heumarkt rückte dabei in den Fokus. Das Bild zeigt, wie der Platz voll mit Menschen ist. Einige rechte Accounts behaupteten jedoch, dass das Foto mit Künstlicher Intelligenz generiert worden sei. Auch das ist falsch.

Der Urheber des Bildes hat auf seinem Instagramkanal gleich mehrere Drohnenaufnahmen gepostet, darunter auch ein Video. Sie alle zeigen den Heumarkt von verschiedenen Perspektiven. Auf allen diesen Aufnahmen sind Menschenmassen zu sehen. Zudem deckt sich das auch mit weiterem Bildmaterial von Nachrichtenagenturen und anderen Nutzern in den sozialen Netzwerken. Nach Polizeiangaben hatten etwa 30.000 Menschen an der Demonstration teilgenommen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 22. Januar 2024 um 09:00 Uhr.