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Ein Mitarbeiter bereitet vor einem Treffen in Brüssel (Belgien) die Aufstellung der Flaggen vor.
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Kommission, Rat, Parlament So funktioniert das politische Europa

Stand: 08.05.2024 06:42 Uhr

Regierung, Parlament, zweite Kammer: Auf den ersten Blick ist das politische System der EU so aufgebaut wie das in der Bundesrepublik. Aber tatsächlich sind die Unterschiede groß.

Von Peter Mücke, NDR

Die Europäische Union hat ein Parlament, das von den Bürgern gewählt wird, eine zweite Parlamentskammer, den Rat der Europäischen Union, und eine Regierung: die EU-Kommission. Und doch ist vieles anders als hierzulande mit Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung.

Das Europaparlament

Alle fünf Jahre wählen die Bürgerinnen und Bürger das Europäische Parlament. In der kommenden Legislaturperiode besteht es aus 720 Abgeordneten, die aus allen 27 Mitgliedsstaaten entsprechend der jeweiligen Größe entsandt werden. In Deutschland werden 96 Europaabgeordnete gewählt. In Luxemburg, Malta und Zypern sind es nur sechs.

Trotzdem sind die Unterschiede groß, wenn man berücksichtigt, wie viele Einwohner ein Abgeordneter repräsentiert: Ein Parlamentarier aus Malta vertritt nur gut 80.000, ein Abgeordneter aus Deutschland dagegen mehr als 860.000. Im Bundestag wäre ein so großes Ungleichgewicht undenkbar.

Auch sonst gibt es einige Unterschiede: Es gibt keine Oppositions- oder Regierungsfraktionen im Parlament. Die Abgeordneten suchen bei jedem Thema nach - häufig wechselnden - Mehrheiten und überparteilichen Kompromissen.

Die EU-Kommission

Die EU-Kommission schlägt Gesetze vor und überwacht die Einhaltung des Europarechts. An der Spitze dieser Behörde mit mehr 30.000 Beschäftigten steht der EU-Kommissionspräsident beziehungsweise die Kommissionspräsidentin. Die Amtszeit endet nach fünf Jahren, wenn ein neues Parlament gewählt wird. Derzeit steht mit der deutsche Politikerin Ursula von der Leyen (CDU) erstmals eine Frau an der Spitze der Behörde.

Ihre Nominierung sorgte 2019 für heftige Kritik. Von der Leyen war zu dem Zeitpunkt noch Bundesverteidigungsministerin und zur Europawahl gar nicht angetreten. Spitzenkandidat der konservativen Parteienfamilie EVP, die die meisten Parlamentarier stellte, war der deutsche CSU-Politiker Manfred Weber. Doch der Widerstand der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten war zu groß - und auch im Parlament war Weber umstritten. Stattdessen wurde mit von der Leyen eine den Mitgliedsstaaten genehme Kandidatin präsentiert und vom Parlament gewählt.

Dabei hatte die EU 2014 erst das Spitzenkandidatenprinzip umgesetzt, um mehr Bürgernähe bei der Wahl zuzulassen. Das neue Prinzip sah vor, das Amt des Kommissionspräsidenten an den Spitzenkandidaten des nach der Wahl stärksten Parteienbündnis zu vergeben. Entsprechend wurde damals der Luxemburger Jean-Claude Juncker von der EVP Kommissionspräsident.

Die anderen EU-Kommissare sind vergleichbar mit Ministern in der Bundesregierung. Allerdings richtet sich die Zahl der Kommissare nach der Zahl der Mitgliedsstaaten. Jedes EU-Land stellt ein Kommissionsmitglied. Somit gibt es derzeit 26 EU-Kommissare mit einem fachlichen Aufgabengebiet und die Kommissions-Präsidentin. Die Kommission spiegelt dabei nicht die Mehrheitsverhältnisse im europäischen Parlament wieder, sondern die der nationalen Regierungen. Denn die nominieren die jeweiligen Kandidaten.

Der Rat der Europäischen Union

Der auch Ministerrat genannte Rat der Europäischen Union repräsentiert ebenfalls die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten. Er setzt sich aus jeweils einem Vertreter pro Mitgliedsland zusammen, der die Position seiner nationalen Regierung vertritt. Wer genau abstimmt, hängt vom Thema ab: In der Regel sind die jeweils zuständigen Minister vertreten.

Nicht zu verwechseln ist der Rat der Europäischen Union mit dem Europäischen Rat, der die Runde der Regierungschefs bezeichnet, der sich regelmäßig zum sogenannten EU-Gipfel trifft.

Gesetzgebung

Das Gesetzgebungsverfahren ist im Vertrag von Lissabon festgeschrieben, der 2009 verabschiedet wurde. Das Recht zu Gesetzesinitiativen hat allein die EU-Kommission. Das Parlament und der Rat können die Kommission lediglich auffordern, einen Gesetzesvorschlag zu machen. Die Vorschläge werden dann von Rat und Parlament gemeinsam verabschiedet - ein oft sehr langwieriger Prozess.

Aus diesem Grund haben sich die drei Institutionen auf das sogenannte "Trilog"-Verfahren geeinigt, das Gesetzgebungsprozesse vereinfachen soll. Dabei suchen Kommission, Parlament und Rat schon im Vorfeld nach einem Konsens. Die Kommission soll im "Trilog" Vermittlerin sein und die Einhaltung der EU-Verträge überwachen.

In der Europäischen Union gibt es zwei Arten von Gesetzen. Zum einen Verordnungen, die als EU-Gesetze unmittelbar in allen Mitgliedstaaten gelten. Zum anderen Richtlinien - Rahmengesetze, die Mitgliedstaaten innerhalb einer bestimmten Frist umsetzen müssen. Wie genau sie die Ziele erreichen, ist dabei den Staaten überlassen.