Ukrainisches Parlament lehnt Gesetze ab Timoschenko darf nicht ins Ausland

Stand: 21.11.2013 14:06 Uhr

Das ukrainische Parlament hat Gesetzesvorlagen abgelehnt, die eine Behandlung der inhaftierten Oppositionschefin Timoschenko im Ausland erlaubt hätten. Damit ist ein lange vorbereitetes Abkommen mit der EU gefährdet. Russland hatte der Ukraine zuvor Druck gemacht.

Das ukrainische Parlament hat mit großer Mehrheit sämtliche Gesetzentwürfe abgelehnt, die eine Behandlung der inhaftierten früheren Ministerpräsidentin und Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko im Ausland ermöglicht hätten. Das aber hatte die EU zur Bedingung für ein Assoziierungsabkommen gemacht, das Ende November auf einem Gipfeltreffen unterzeichnet werden soll.

Das Abkommen sollte eine engere Zusammenarbeit samt freiem Handel mit dem Westen ermöglichen. Es wäre ein erster Schritt für Kiew in Richtung einer EU-Mitgliedschaft gewesen. Die insgesamt sechs Gesetzentwürfe verfehlten bei der Abstimmung im Parlament in Kiew am Vormittag aber deutlich die Mehrheit. Statt der erforderlichen 226 kamen jeweils nur weniger als 200 Ja-Stimmen zusammen. Die Partei der Regionen von Präsident Viktor Janukowitsch hatte sich gegen eine Freilassung Timoschenkos gestellt.

Meinungsumschwung durch russischen Druck?

Oppositionspolitiker um Boxweltmeister Vitali Klitschko riefen laut "Schande", als das Ergebnis bekanntgegeben wurde. Sie werfen Janukowitsch vor, anstelle einer Annäherung an den Westen und die EU den Schulterschluss mit Russland zu suchen. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte Kiew mit Strafmaßnahmen gedroht, sollte das Land das Assoziierungsabkommen mit Brüssel abschließen. Ukrainische Industrievertreter hatten daher vor negativen Auswirkungen gewarnt und eine Verschiebung des Abkommens um ein Jahr gefordert.

Die Europäische Union bemüht sich nun darum, das geplante Assoziierungsabkommen mit der Ukraine noch zu retten. EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle werde erneut für Gespräche nach Kiew reisen, kündigte sein Sprecher in Brüssel an. "Das ist Teil der laufenden Bemühungen, die Absicht der Europäischen Union für die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens zu unterstreichen, wenn die Ukraine die Bedingungen erfüllt." Füle hatte bereits zu Wochenbeginn Gespräche in der Ukraine geführt.

Für den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok (CDU), steht das Abkommen jedoch nun vor dem Aus. Das Scheitern der Timoschenko-Gesetze bedeute, "dass die Ukraine die Bedingungen nicht erfüllt hat", sagte Brok. Nach den bisherigen Regeln könne das Abkommen somit nicht unterzeichnet werden. "Ich habe aufgrund der letzten Gespräche und dem Verhalten von Präsident Janukowitsch den Eindruck, dass er das Abkommen nicht unterzeichnen will", sagte Brok. "Und wenn er nicht will, dann will er nicht." Als Ursache für den Meinungsumschwung in Kiew sieht er "russischen Druck". Das Parlament in Kiew hätte schon in der vergangenen Woche abstimmen sollen. Als das Votum mehrfach verschoben wurde, sprach die Grünen-Europaabgeordnete Rebecca Harms von einer "Provokation der EU".

Für die EU ist der Fall politisch gesteuerte Justiz

Die Unterzeichnung war auf dem Gipfel der östlichen Partnerschaften am 28. und 29. November in der litauischen Hauptstadt Vilnius geplant. Der Vertrag ist lange ausgehandelt. Brüssel besteht vor der Unterzeichnung aber auf der Ausreisemöglichkeit für Timoschenko, sie soll wegen eines Bandscheibenleidens in der Berliner Charité behandelt werden. Die EU sieht in der siebenjährigen Haftstrafe für die frühere Oppositionsführerin einen Fall von politisch gesteuerter Justiz.

Der ukrainische Oppositionspolitiker Arsenij Jazenjuk rief Präsident Janukowitsch nach dem Scheitern der Gesetze auf, Timoschenko per Dekret zu begnadigen. Es wäre wohl die letzte Möglichkeit, die geplante Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens noch zu retten - wenn der Präsident daran noch Interesse hat. Für den Timoschenko-Verbündeten Jazenjuk geht es dabei längst nicht nur um eine Frage von Ost oder West. "Es ist eine Wahl zwischen Zukunft oder Vergangenheit."

Stephan Laack, S. Laack, ARD Moskau, 21.11.2013 11:12 Uhr