Hintergrund

Geschichte Noch von keiner Großmacht bezwungen

Stand: 31.08.2007 15:32 Uhr

Großbritannien, das russische Zarenreich und die Sowjetunion - sie alle haben vergebens versucht, Afghanistan unter ihre Kontrolle zu bringen. Doch die Großmächte bissen sich an dem unwegsamen zentralasiatischen Land die Zähne aus. Ein Rückblick.

Afghanistan - schon einige Großmächte sind an diesem militärisch schwachen, aber unwegsamen Land gescheitert. Auch die USA, die Anfang Oktober 2001 ihre Militärschläge gegen Afghanistan starteten und seither mit ihren ISAF-Verbündeten um die Kontrolle am Hindukusch ringen - durchaus mit wechselnden Erfolgen - haben schon früher Erfahrungen mit Afghanistan gemacht.

Bereits im August 1998, nach den Bombenattentaten auf US-Botschaften in Kenia und Tansania, hatten die USA nur mäßigen Erfolg bei einem Angriff auf Trainingslager im Südosten Afghanistans. Der mutmaßliche Anführer der Terroristen, Osama bin Laden, entkam und schwor den Amerikanern Vergeltung in einem "Heiligen Krieg".

Afghanistan-Krieg - das Trauma der Sowjets

Fast zehn Jahre lang - von 1979 bis 1989 - führte die Sowjetunion Krieg in Afganistan. Bis zu 120.000 Soldaten wurden aufgeboten, um das zuvor etablierte kommunistische System gegen den Aufstand konservativer Moslems zu schützen. Die Russen gingen mit modernsten Waffen und massiver Gewalt gegen die Mudschahedin vor, konnten jedoch keine durchgreifenden Erfolge erringen.

Die Rebellen gegen die sowjetische Invasion - bewaffnet von den USA, Saudi-Arabien, Pakistan und Iran - konzentrierten ihren Guerillakrieg auf das zerklüftete, unwegsame Hinterland. Die Sowjets und die reguläre Armee kontrollierten meist nur die größeren Städte. Nach fast zehn Jahren Krieg gaben die Sowjets schließlich auf. Im Februar 1989 verließen die letzten Soldaten das Land. Bis zur Machtübernahme der radikal-islamischen Taliban 1996 bricht ein blutiger Bürgerkrieg in Afghanistan aus.

Großbritannien kämpfte dreimal - vergebens

Gut ein Jahrhundert zuvor kämpfte bereits Großbritannien um die Kontrolle über Afghanistan. Ziel war es, damit die nach Süden drängende Expanision des russischen Zarenreiches zu stoppen.

Im ersten anglo-afghanischen Krieg (1839-42) eroberte ein britisches Heer von 12.000 Mann Kandahar und Kabul und verhalf einem England-freundlichen Regenten auf den Thron. Nach einem Aufstand von Stammesfürsten zog sich das britische Expeditionskorps unter schweren Verlusten zurück.

Auch im zweiten Feldzug (1878-80), gegen ein russenfreundliches Regime in Kabul, hatte ein britisches Heer von 41.000 Mann zunächst Erfolge, geriet aber dann in die Defensive.

Nach dem Frieden von Gandamak (1879) wurde Afghanistan eine britische Halbkolonie: London besorgte die Außenpolitik und hielt fremde Mächte fern; im Inneren blieb Afghanistan sich selbst überlassen. Während das britische Empire für sein "Kronjuwel" Indien eine gewisse Verantwortung empfand und die Infrastruktur entwickelte, tat es für Afghanistan nichts, was die Rückständigkeit des Binnenlandes weitgehend erklärt.

1919 erklärte sich Afghanistan völlig unabhängig von Großbritannien, was zu einem kurzen dritten Krieg (Mai-August 1919) führte. Die vom Ersten Weltkrieg geschwächte britisch-indische Armee konnte keinen entscheidenden Sieg erringen. Afghanistan wurde frei.