Kongolesischer Ex-Milizenführer in Den Haag angeklagt "Simba" wegen Kriegsverbrechen vor Gericht

Stand: 07.03.2014 11:11 Uhr

Massenmord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit werden dem ehemaligen kongolesischen Milizengeneral Katanga vor dem Internationalen Strafgerichtshof ICC in Den Haag zur Last gelegt. "Simba", wie ihn seine Soldaten nannten, soll für den Tod von 8000 Menschen mitverantwortlich sein. Am Vormittag begann die Verhandlung.

Von Jürgen Kleikamp, Den Haag

Von Jürgen Kleikamp, WDR-Hörfunkstudio Den Haag

"Simba" (Löwe) nannten ihn seine Soldaten, richtig heißt er Germain Katanga. Und er ist einer der schlimmsten Schlächter auf dem afrikanischen Kontinent - das sieht jedenfalls der Ankläger am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag so. Er war mit 24 Jahren noch sehr jung, als er vor knapp siebn Jahren mit seinen Milizen das Dorf Bogoro in der Demokratischen Republik Kongo überfiel und es, so die Ankläger in Den Haag, dem Erdboden gleich machte.

Gemeinsames Verfahren gegen beide Angeklagte

Nun steht er vor seinem Richter, zusammen mit dem 39-jährigen Mathieu Ngudjolo Chui. Beiden werden die gleichen Gräueltaten zur Last gelegt: Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. 8000 Menschen wurden bei den Stammesauseinandersetzungen getötet, mehr als eine halbe Millionen mussten ihre Heimat verlassen. So soll der heute 31-jährige Ex-General Katanga als Kommandant der "Patriotischen Widerstandskraft" in der kongolesischen Provinz Ituri gemeinsam mit seinem Oberst Ngudjolo in Bogoro Massenmord an der Zivilbevölkerung begangen haben, Frauen und Kinder zur sexuellen Versklavung entführt und das Dorf geplündert haben. Weiterer Vorwurf: Die beiden sollen Kinder unter 15 Jahren dazu gezwungen haben, sich an diesen grausamen Verbrechen zu beteiligen.

Mathieu Ngudjolo Chui (links) und Germain Katanga

Auf der Anklagebank: Milizenführer Chui (links) und Katanga

Das Gericht in den Haag hat lange überlegt, bis es entschieden hat, beiden Angeklagten in einem gemeinsamen Verfahren den Prozess zu machen. Professor Christoph Safferling von der Universität Marburg, Direktor des Internationalen Forschungs- und Dokumentationszentrums für Kriegsverbrecherprozesse, bewertet das so: "Aus Effizienz-Gründen ist es sicherlich begrüßenswert, wenn Verfahren zusammengelegt werden. Es ergeben sich daraus aber wiederum andere Probleme, weil vielleicht einfache Verfahren dann wieder aufgebläht werden. Vor allem wenn sie an die doch recht großzügigen Opferbeteiligungsmöglichkeiten am Internationalen Strafgerichtshof denken, da ist man leicht auch mal versucht, ein Verfahren zu verschleppen."

Reduzierte Anklage

Den Anklagepunkt der sexuellen Versklavung hat der Ankläger am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag vor Beginn der Hauptverhandlung noch fallen lassen. So bitter das für Betroffene und Hinterbliebene auch ist, könnte dies eine Konsequenz aus dem Verfahren gegen den mutmaßlichen serbischen Massenmörder Radovan Karadzic sein, der vor dem Jugoslawien-Tribunal angeklagt ist. Das Verfahren gegen ihn litt zunächst heftig unter der Detailverliebtheit der Ankläger, die ihre Vorwürfe auf Druck des Gerichts dann reduzierten. In der Klageschrift gegen Kantanga und seinen Oberst stehen nur Punkte, bei denn sich der Ankläger nun ganz sicher ist, diese auch beweisen zu können.

Soldaten im Kongo

Auch französische UN-Soldaten versuchten 2003 für Frieden in der kongolesischen Provinz Ituri zu sorgen.

Sicherlich geht es im Fall Katanga, der überhaupt erst der zweite Prozess vor diesem Gerichtshof ist, auch um die Verfolgung brutaler Kriegsverbrechen. Es geht aber auch um die Einrichtung einer völkerstrafrechtlichen Datenbank, damit Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit  und Kriegsverbrechen international vergleichbar werden. Kooperationspartner dafür ist neben der Universität Nottingham auch die Uni Marburg mit ihrem Dokumentationszentrum. So meint denn auch Professor Safferling: "Es ist beides erforderlich. Wir müssen um eine kriegerische Auseinandersetzung, einen Bürgerkrieg oder ein Massaker aufzuarbeiten, auf jedenfall versuchen zu ermitteln, was tatsächlich passiert ist, was die Hintergründe sind, wie der Konflikt überhaupt entstehen konnte und wer die verantwortlichen Personen sind."

Den Opfern und Hinterbliebenen der Gräueltaten von Bogoro wird die geschichtliche Aufarbeitung der Stammeskriege im Kongo relativ gleichgültig sein. Sie wollen sehen, wie der General Simba für die ihm zur Last gelegten schlimmsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch bestraft wird. Anders als beim Jugoslawien-Tribunal dürfen sie aktiv am Prozessgeschehen teilnehmen, sich durch Anwälte vertreten lassen und eigene Einwände vortragen. Davon wollen sie ab heute regen Gebrauch machen.