Entsorgung des AKW Fukushima Eine Gefahrenquelle für die nächsten 40 Jahre

Stand: 07.03.2012 10:54 Uhr

Vor fast einem Jahr ereignete sich im AKW Fukushima der Super-GAU. Mit den Folgen der Reaktorkatastrophe wird Japan noch lange leben müssen. Die Menschen leiden unter der radioaktiven Strahlung. Experten versuchen das AKW stillzulegen. Laut Schätzungen soll dies rund 40 Jahre dauern.

Von Peter Kujath, ARD-Hörfunkstudio Tokio

Im Stahlgerüst des Blocks 4 sieht man einige Arbeiter in weißen Schutzanzügen. Die radioaktive Strahlung ist hier im Vergleich nicht ganz so hoch. Auch ein Jahr danach sind die Menschen immer noch dabei, den Schutt abzutragen, den die drei Wasserstoff-Explosionen im havarierten AKW Fukushima 1 hinterlassen haben.

Der stellvertretende Leiter der Stabilisierungseinheit, Katsuhiko Iwaki, erklärt vor Ort, dass mit einem Kran Eisenteile abgeschnitten und entfernt werden. Wegen der Strahlung werde - wann immer möglich - mit ferngesteuerten Maschinen gearbeitet. Nachdem die japanische Regierung Ende letzten Jahres den Zustand der Kaltabschaltung und damit eine stabile Kühlung der geschmolzenen Brennstäbe verkündet hat, geht es jetzt um die Frage der richtigen Entsorgung der Anlage: "Zuerst kümmern wir uns um Block 4, dann um Nummer 3, dann Block 1. Hier müssen wir die Abdeckung wieder abbauen, so dass wir die gebrauchten Brennstäbe entfernen können."

P. Kujath, ARD Tokio, 07.03.2012 09:39 Uhr

Brennstäbe aus Reaktorkern lagern in Block 4

Dem Zeitplan der Kommission für die Entsorgung des havarierten AKWs Fukushima 1 zufolge sollen zuerst die gebrauchten Brennstäbe sichergestellt werden. In sogenannten Abklingbecken lagern mehr als 1000 Tonnen davon. Die Temperatur kann derzeit zwischen 10 und 20 Grad gehalten werden, den Gebäuderest von Block 4 musste man jedoch verstärken, damit er weiteren Erdbeben widerstehen kann. Das Abklingbecken von Block 4 hat insofern Priorität, weil dort auch die Brennstäbe aus dem Reaktorkern zwischengelagert waren und damit mehr Energie freigesetzt wird. Deshalb war es auch so wichtig, die Erdbebensicherheit des Blocks zu verbessern.

Professor Hajimu Yamana leitete die Kommission und gehört jetzt einer Arbeitsgruppe an, die im Wirtschaftsministerium angesiedelt ist. Hier werden unter Beteiligung von Wissenschaftlern, Tepco-Mitarbeitern und Politikern die nächsten Schritte zur Stilllegung und zum Abbau der Anlage besprochen. Der Ausstoß an radioaktiven Partikeln ist deutlich gesunken, aber noch immer ist es kaum möglich die Gebäude 1, 2 und 3 zu betreten. Allein für die Leerung der Abklingbecken sind bis zu zehn Jahre veranschlagt. Genauso lang soll es dauern, bis man der großen Menge an radioaktiv verseuchtem Wasser Herr geworden ist.

Yamana: "Stilllegung kann bis zu 40 Jahre dauern"

Wenn es um die geschmolzenen Brennelemente in den Druckkammern geht, wird Yamana noch vorsichtiger. Mit dem Vorfall von Three Mile Island gäbe es zwar eine Referenz, aber um abzuschätzen, welche Arbeit auf alle Beteiligten zukomme, müsse man zuerst den Zustand des geschmolzenen Materials sehen. Eine Variante besteht darin, die Lecks zu schließen, die Druckkammern komplett zu fluten, damit man dann von oben hineinschauen kann. Die Flutung ist der beste Schutz vor der radioaktiven Strahlung. Wasser schirmt die Strahlung ab.

Für diese Aufgabe muss zuerst die notwendige Technik entwickelt werden: "Unsere offizielle Schätzung geht davon aus, dass die Stilllegung bis zu 40 Jahre dauern wird. Allerdings fällt diese Zeitspanne für jeden Reaktor unterschiedlich aus. Was die Reaktoren 1, 2 und 3 betrifft, ist die Situation durch die Kernschmelze wesentlich komplizierter und zeitaufwändiger. Wir gehen davon aus, dass es allein 20 Jahre dauern wird, bis man das Material sichergestellt hat. Und dann werden noch einmal 20 Jahre vergehen, ehe die Anlage selbst entsorgt sein wird: alles in allem also rund 40 Jahre."

Und auch dann ist das Problem noch nicht gelöst. Denn es wird zwar wahrscheinlich ein Zwischenlager für den radioaktiven Müll in der Nähe des havarierten AKWs gebaut werden, aber die Frage eines Endlagers ist auch in Japan längst noch nicht entschieden.