Messstation am Neckartor in Stuttgart

Studie zu weltweiter Belastung Feinstaub-Richtwerte kaum eingehalten

Stand: 14.03.2023 08:55 Uhr

Die Belastung mit Feinstaub kann Folgen für die Gesundheit haben. Die WHO hat deshalb im Jahr 2021 strengere Richtwerte festgelegt. Weltweit werden diese laut einer Studie jedoch kaum eingehalten.

Die Feinstaubbelastung ist für Menschen weltweit nach wie vor sehr groß. Der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene Tageshöchstwert für Partikel der Größe PM2,5 wurde zuletzt im globalen Durchschnitt an 70 Prozent aller Tage überschritten, wie ein Forschungsteam im Fachmagazin "The Lancet Planetary Health" berichtet. Nur 0,001 Prozent der Menschen leben demnach an Orten, an denen der empfohlene Jahreshöchstwert nicht übertroffen wird.

Als PM2,5 werden Feinstaubpartikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometern (0,0025 Millimeter) bezeichnet. Die WHO hatte die empfohlenen Grenzwerte für PM2,5-Feinstaub im Jahr 2021 gesenkt - für die mittlere jährliche Belastung von 10 auf 5 Mikrogramm (0,000005 Gramm) pro Kubikmeter Luft. In Deutschland wurde dieser Wert im Jahr 2022 nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) an fast allen der etwa 200 Messstationen überschritten.

Höchste Werte in Asien, niedrigste in Ozeanien

Das Forschungsteam um Yuming Guo von der Monash University in Melbourne hatte die Feinstaubbelastung auf Basis von Messwerten und Computermodellen für die Jahre 2000 bis 2019 ermittelt. Der weltweite PM2,5-Jahresdurchschnitt lag demnach bei 32,8 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft.

Am höchsten lag der Wert mit etwa 50 in Ostasien (mit China), gefolgt von Südasien mit 37,2 und Nordafrika mit 30,1. Die niedrigsten Werte wiesen Australien und Neuseeland (8,5), das übrige Ozeanien (12,6) und Südamerika (15,6) auf. Der von der WHO empfohlene Tageshöchstwert von 15 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft wurde weltweit an mehr als 70 Prozent aller Tage überschritten, in Ost- und Südasien sogar an mehr 90 Prozent aller Tage.

Einen Rückgang der Feinstaubbelastung gab es der Analyse zufolge in Europa sowie in einigen Regionen Nordamerikas und Afrikas. In Europa wurde der empfohlene Tageshöchstwert im Jahr 2000 noch an knapp 60 Prozent aller Tage überschritten, 2019 waren es noch 25 Prozent aller Tage. In Nordeuropa lagen die Werte dabei deutlich niedriger als in den übrigen Regionen des Kontinents.

Menschliches Handeln ist Hauptursache für Feinstaub

Feinstaub entsteht dem Umweltbundesamt (UBA) zufolge etwa im Verkehr, in Kraft- und Fernheizwerken, Öfen und Heizungen sowie bei der Metall- und Stahlerzeugung. Er kann auch natürlichen Ursprungs sein, etwa als Folge von Bodenerosion. In Ballungsgebieten ist der Straßenverkehr die dominierende Quelle.

Ein weiterer wichtiger Verursacher ist die Landwirtschaft. Die Emissionen gasförmiger Vorläuferstoffe, insbesondere die Ammoniakemissionen aus der Tierhaltung, tragen zur sekundären Feinstaubbildung bei, wie es beim UBA heißt.

Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs

PM2,5-Partikel können teils bis in die Lungenbläschen und in die Blutbahn vordringen. Langfristige Feinstaubbelastung kann zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Lungenkrebs führen. Nach WHO-Angaben sterben jährlich rund sieben Millionen Menschen vorzeitig infolge von Luftverschmutzung.

Nach Daten der EU-Umweltagentur EEA starben allein in der EU im Jahr 2020 rund 240.000 Menschen durch die Belastung der Luft in ihrer Umgebung mit Feinstaub vorzeitig. Im Hinblick auf die aktuelle Studie spricht Roland Schrödner vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung in Leipzig von einem vielversprechenden Ansatz, der zumindest für die Regionen mit Messstationen plausible Daten liefere.

Der Forscher gibt aber auch zu bedenken, dass die berücksichtigte Partikelgröße PM2,5 nur ein Kompromiss sei. Gesundheitsgefährdend seien hauptsächlich Partikel der Größe PM1, also mit einem Mikrometer oder weniger Durchmesser, die eine Untergruppe der Kategorie PM2,5 darstellen. Künftig könnten und müssten die Größenkategorien von Feinstaub genauer erfasst werden. Außerdem komme es auf die chemische Zusammensetzung an, so Schrödner.