Stadtansicht Budapest: Parlamentsgebäude (Archiv)

Schwangerschaftsabbruch Ungarn verschärft Abtreibungsregeln

Stand: 13.09.2022 15:59 Uhr

Ab Donnerstag soll in Ungarn eine neue Regel bei einer Abtreibung gelten: Ungarischen Medien zufolge sollen sich Frauen offenbar vor dem Abbruch die Herztöne ihres Embryos anhören. Laut Frauenrechtsorganisationen erhöht sich damit der Druck auf ungewollt Schwangere.

Ungarns rechtsnationale Regierung hat die vergleichsweise liberalen Abtreibungsregeln des Landes per Dekret verschärft. Dieses verpflichtet Ärzte, Frauen die Vitalfunktionen des Fötus zu präsentieren, die mit einem Wunsch nach einem Schwangerschaftsabbruch an sie herantreten. Dies geht aus einer Verordnung von Innenminister Sandor Pinter hervor, die in der Nacht zum Dienstag im Ungarischen Amtsblatt erschien.

Demnach muss eine Frau bei der Beantragung eines Schwangerschaftsabbruchs eine fachärztliche Bescheinigung vorweisen, derzufolge ihr "die Faktoren, die auf das Vorliegen der Lebensfunktionen des Embryos hinweisen, auf eindeutige Weise zur Kenntnis gebracht wurden".

Schwangere sollen Herztöne abhören

Die auch im Ungarischen umständlich klingende juristische Formulierung bedeutet Medienberichten zufolge, dass sich Frauen vor dem Schwangerschaftsabbruch die Herztöne ihre Embryos anhören müssen. Das Innenministerium teilte am Montag mit, "fast zwei Drittel der Ungarn assoziieren den Beginn des Lebens eines Kindes mit dem ersten Herzschlag". Moderne Geräte könnten Herzschläge bereits früh in der Schwangerschaft erkennen und so "umfassendere Informationen für schwangere Frauen" liefern.

Nach Einschätzung von Frauenrechtsorganisationen erhöht sich dadurch der Druck auf Frauen, die sich durch eine ungewollte Schwangerschaft ohnehin schon in einer äußerst schweren Lage befinden.

Regelung soll Donnerstag in Kraft treten

Der seit 2010 regierende Ministerpräsident Viktor Orban gibt sich gerne als Vorkämpfer für christliche Werte und für das Ideal der traditionellen Familie. Zugleich ist er sich des Umstands bewusst, dass ein nahezu umfassendes Abtreibungsverbot - wie im rechtsnational regierten Polen - in seinem Land äußerst unpopulär wäre.

Die Idee, das Anhören der embryonalen Herztöne zur Bedingung für einen Schwangerschaftsabbruch zu machen, geht auf die rechtsextreme Partei Mi Hazank (Unsere Heimat) zurück. Die Gruppierung zog nach der Wahl im vergangenen April erstmals ins Parlament ein. Obwohl sie zur Opposition gehört, erhält sie in regierungsnahen Medien immer wieder Zuspruch und Unterstützung.

Die Regelung tritt am Donnerstag in Kraft. In Ungarn gilt für Abtreibungen eine Fristenlösung. Frauen können sich bis zur zwölften Woche auf eine persönliche Krisensituation berufen. Ähnlich wie in Deutschland gibt es auch eine Beratungspflicht.