Ein ukrainischer Soldat schaut aus einem Unterstand an der Frontlinie. (Archivbild vom 25. Februar 2024)

Angespannte Lage im Osten Ukraine zunehmend in der Defensive

Stand: 27.02.2024 19:15 Uhr

Das ukrainische Militär hat sich aus zwei weiteren Dörfern in der Nähe von Awdijiwka zurückgezogen. Das liegt auch am Munitionsmangel. Die Hilfen aus den USA fehlen. US-Präsident Biden wandte sich erneut an den Kongress.

Die Ukraine gerät an der Front zunehmend unter Druck. Die Armee hat sich aus zwei weiteren Dörfern in der Nähe der ostukrainischen Stadt Awdijiwka zurückgezogen, die kürzlich von russischen Streitkräften eingenommen wurden, teilte ein Sprecher des ukrainischen Militärs mit. "Unsere Streitkräfte haben sich aus den kleinen Dörfern Sievierne und Stepove zurückgezogen", sagte der Sprecher und fügte hinzu, dass Russland bei den vorangehenden Kämpfen erhebliche Verluste erlitten habe.

Auch rund um die Stadt Tschassiw Jar werden heftige Kämpfe gemeldet. Vor allem die Vororte Iwaniwske und Bogdaniwka seien umkämpft, sagte Armeesprecher Ilja Jewlasch im Fernsehen. Die russische Armee erklärte indes, ein weiteres Dorf nahe der kürzlich unter ihre Kontrolle gebrachten Stadt Awdijiwka eingenommen zu haben. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht.

Russland setze Reserven ein und versuche, seine Truppen mit Angriffseinheiten zu verstärken, sagte Jewlasch. Tschassiw Jar liegt in der Nähe der Stadt Bachmut, die im Mai 2023 nach monatelangen blutigen Kämpfen schließlich von Russland eingenommen worden war. Nach dem Verlust von Bachmut hatten sich die ukrainischen Streitkräfte nach Tschassiw Jar zurückgezogen. Iwaniwske und Bogdaniwka sind nur wenige Kilometer entfernt. In Tschassiw Jar leben nur noch einige Hundert Einwohner - vor dem Krieg waren es 12.000. Die Stadt wird regelmäßig von den russischen Streitkräften beschossen.

Karte Ukraine, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Selenskyj verhandelt in Saudi-Arabien

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wirbt derweil um weitere Unterstützung. In Saudi-Arabien trifft er sich mit dem Kronprinzen Mohammed bin Salman. Der Kronprinz versucht, sich als möglicher Vermittler im Ukraine-Krieg zu positionieren, auch wenn sein Land in Energiefragen eng mit Russland zusammenarbeitet.

Die Ukraine sei beim Vorantreiben der von ihm vorgelegten Friedensformel auf Saudi-Arabien angewiesen, schrieb Selenskyj auf der Plattform X. Ein zweites Thema sei die Rückkehr von Kriegsgefangenen und Deportierten. Dazu kämen Wirtschaftsfragen.

Saudi-Arabien und die Golfstaaten Katar und Vereinigte Arabische Emirate haben seit Beginn des Ukraine-Kriegs am Austausch von Kriegsgefangenen mitgewirkt.

Fehlende Munition sorgt für Rückschläge

Der Nachschub mit Waffen und Munition läuft nur schleppend - einer der Hauptgründe für die jüngsten Rückzüge der Ukrainer. Sollte die US-Hilfe wegfallen, drohen dem Land noch deutlich herbere Rückschläge. US-Präsident Joe Biden wandte sich nun direkt an den Kongress. Der Bedarf für die Ukraine-Hilfen sei immens, sagte Biden. "Jeder einzelne Tag der Untätigkeit hat schlimme Folgen für die Ukraine." Bislang hängt das 95 Milliarden Dollar schwere nationale Sicherheitspaket, das die Hilfe für die Ukraine, Israel und den Indopazifik beinhaltet, in der Schwebe.

In der Diskussion über eine Entsendung von Truppen in die Ukraine, die der französische Präsident Emmanuel Macron ins Spiel gebracht hat, positionierte sich Biden klar. Biden habe deutlich gemacht, dass die USA keine Truppen schicken werden, um zu kämpfen, sagte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, Adrienne Watson.

Auch der Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, appellierte für eine schnelle Verabschiedung der Hilfen. Der Ukraine mangele es an Munition, Luftabwehrsystemen, Munition und Langstreckenartillerie, so Schumer. "Dieser Mangel führt zu einer Asymmetrie auf dem Schlachtfeld. Russland kann ukrainische Ziele beschießen und ausschalten, aber die Ukraine kann zunehmend nicht zurückschießen."

Truppen verharren weitgehend in einem Stellungskrieg zwei Jahre nach dem russischen Angriff auf die Ukraine

U. Konrad/M. Niewiadomski, NDR, tagesschau, 24.02.2024 20:00 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 27. Februar 2024 um 19:21 Uhr.