Aufmarsch rechtsradikaler Verbände mit einer Flagge, die den Umriss eines "Großungarns" zeigt. (Archivbild: 2015)

Aufteilung der Ukraine Träume vom "Großreich" in Ungarn und Rumänien

Stand: 10.02.2024 07:04 Uhr

Rechtsextreme Parteien in Ungarn und Rumänien schmieden Pläne für eine Zukunft, in der Russland den Krieg gegen die Ukraine gewinnt. Denn dann wollen sie die Ukraine aufteilen.

Sie kleben auf Heckscheiben und Parkbänken in Budapest - Aufkleber, die den Umriss Ungarns zeigen. Allerdings ein Großungarn mit den Grenzen von 1920, vor der Aufteilung des Landes im Vertrag von Trianon. 

Ein Teil dieses alten Ungarns ist heute ukrainisches Staatsgebiet, Transkarpatien. Etwa 1,25 Millionen Menschen leben in der Region im äußersten Westen der Ukraine, die landschaftlich durch die Berge der Karpaten geprägt ist. Eine ungarische Minderheit machte hier laut einer Volkszählung des ukrainischen Zensus im Jahr 2001 rund zwölf Prozent der Bevölkerung aus. 

Karte Ukraine, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

"Ungarisches Protektorat"

Der Vorsitzende der rechtsextremen Partei Unsere Heimat, die bei den Parlamentswahlen 2022 knapp sechs Prozent der Stimmen erhielt, entwarf kürzlich auf einer Parteisitzung und im Fernsehen das Szenario einer Ukraine, die allein "nicht mehr lebensfähig" sei und nur noch durch die Hilfe der Europäischen Union und der USA am Leben gehalten werde. 

"Wenn es in diesen Ländern zu politischen Veränderungen kommt und die neuen Regierungen die Ukraine nicht mehr unterstützen, dann hört der Staat Ukraine auf zu existieren", erklärte Laszlo Toroczkai seine Logik. An diesem Punkt könne die Region im Westen der Ukraine Ungarn um den Status eines Protektorats bitten und die Karpaten würden dann per Referendum an Ungarn zurückgegeben, so das Szenario.

An besagter Parteiveranstaltung soll laut Medienberichten des Portals 444.hu auch der deutsche AfD-Abgeordnete Petr Bystron teilgenommen haben. 

Inszenierung als Schutzpatron ungarischer Minderheiten

Von Seiten der ungarischen Regierung versucht man die Wogen zu glätten. Außenminister Peter Szijjarto betonte, dass Ungarn die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine unterstütze.

Professor Ulf Brunnbauer vom Leibniz Institut für Ost- und Südosteuropaforschung hält jedoch die Fidesz-Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orban für nicht unbeteiligt an dieser neu entfachten Diskussion. In Ungarn existiere seit 1920 ein "Trianon-Trauma", wonach Politik und Gesellschaft immer noch dem alten Großungarn nachtrauerten.

Seit Jahren inszeniert sich Orban als Schutzpatron der ungarischen Minderheit in den Nachbarländern Slowakei, Rumänien und der Ukraine. Direkte Gebietsansprüche könne Orban als Ministerpräsident nicht stellen. Es passe ihm aber gut ins Bild, dass die extreme Rechte das Thema am Beispiel Ukraine nun wieder salonfähig macht. 

Toroczkai, der Vorsitzende der Partei Unsere Heimat, spreche das aus, was sich Vertreter der ungarischen Regierung eben nicht auszusprechen trauen, so Brunnbauer. Entsprechend skeptisch sei die Regierung in Kiew. Denn die Signale, die die ungarische Regierung in den letzten Jahren gesendet habe, zeigten nicht, dass man die Grenzen aus innerer Überzeugung akzeptiert hat.

Auch rumänische Rechtsextreme wollen Annexionen

Auch im Nachbarland Rumänien ist eine ähnliche Entwicklung bemerkbar. Dort forderte ein Spitzenpolitiker der rechtsextremen Partei AUR, Rumänien solle ein Stück von der Ukraine abhaben. Claudiu Tarziu, einer der Parteivorsitzenden der AUR und Kandidat für die Wahlen zum EU-Parlament, hielt Ende Januar in Jassy eine Rede, in der er die Vereinigung Rumäniens mit den einst zu Rumänien und heute zur Ukraine gehörenden Gebieten sowie mit der Republik Moldau forderte. 

Letztes Jahr brachte die Abgeordnete Diana Sosoaca, Vorsitzende der anderen rechtsextremen Partei SOS Rumänien, sogar einen Gesetzentwurf ins Parlament ein, in dem sie die Annexion von Gebieten in der Ukraine durch Rumänien forderte. Scharfe Kritik an den Einlassungen kam vom rumänischen Premierminister Marcel Ciolacu. Diese Politik würde lediglich die Interessen des Kreml fördern. 

Der ukrainische Parlamentarier und Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten Oleksandr Merezhko erklärte daraufhin, dass die gleichzeitigen Gebietsansprüche der Ukraine Anlass zur Sorge gäben: "Das ist genau das, was Putin will. Ich schließe nicht aus, dass diese Erklärungen irgendwie koordiniert sind." Eine wirkliche Reaktion der ungarischen und rumänischen Behörden auf diese inakzeptablen Erklärungen könne er nicht erkennen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 26. Mai 2023 um 12:41 Uhr.