Ein Flugzeug der russischen Airline Azimuth auf dem Flughafen von Tiflis.

Wieder Verbindung aus Russland A4851 - umstrittener Flug nach Tiflis

Stand: 19.05.2023 19:12 Uhr

Vier Jahre lang gab es zwischen den Nachbarn Russland und Georgien keine direkte Flugverbindung. Nun landete wieder eine Maschine aus Moskau in Tiflis. In Georgien sorgt das für Kontroversen.

Abflug Moskau-Wnukowo, gut drei Stunden Flugzeit, Landung in Tiflis 13:17 Uhr. Seit heute sind Russland und Georgien wieder täglich direkt miteinander verbunden. Ausgeführt wird der Flug von der südrussischen Airline Azimuth, die steht nicht auf internationalen Sanktionslisten und setzt Maschinen vom Typ Suchoi Superjet 100 ein.

Vier Jahre lang gab es keine direkte Verbindung zwischen den Nachbarn. Das Flugverbot verhängte Präsident Putin im Juni 2019. Vorausgegangen war der Besuch einer russischen Delegation im Parlament in Tiflis, der Massenproteste gegen einen wachsenden Einfluss Moskaus auslöste.

Am 10. Mai nahm Putin die Entscheidung zurück. "Wir sprechen über eine Entscheidung humanitärer Natur", teilte Präsidentensprecher Dmitri Peskow zur Begründung mit. "Seit einiger Zeit erhalten die russischen Behörden Bitten von Bürgern beider Länder, von Geschäftsleuten, Verbänden, Akademikern und Kulturschaffenden, dass diese Entscheidung getroffen wird, was nun aus humanitären Gründen geschieht.“

"Eine weitere russische Provokation"

Präsident Putin dürfte auch einkalkuliert haben, dass die Rücknahme des Flugverbots in Georgiens Gesellschaft zu Kontroversen führen würde. Und so kam es auch. Die pro-europäische Präsidentin Georgiens twitterte: "Nein zu Flügen aus Russland". Diese Flüge würden "trotz der Proteste des georgischen Volkes" wieder aufgenommen. Dies sei, so Salome Surabischwili, "eine weitere russische Provokation".

Ebenso die gleichfalls per Dekret von Putin verfügte Aufhebung der Visumssperre. Beides "nicht akzeptabel, solange Russland seine Aggression gegenüber der Ukraine fortsetzt und unser Staatsgebiet besetzt", so  Präsidentin Surabischwili.

Seit dem Krieg von 2008 stehen russische Soldaten in Südossetien und Abchasien - beide Regionen haben sich von Georgien abgespaltenen und sind international nicht als selbstständig anerkannt. Es geht um etwa 20 Prozent des georgischen Staatsgebietes.

Und so kamen heute neben Abholern auch einige Dutzend Protestierende zum Flughafen von Tiflis, betreten durften sie ihn nicht. Einen zahlenmäßig überschaubaren Protest gab es auch in der Innenstadt. 

Mehrheit der Georgier und Georgierinnen will in EU

80 Prozent der georgischen Bevölkerung stehen hinter dem Verfassungsziel des Landes, Mitglied der Europäischen Union zu werden. Noch in diesem Jahr könnte das Land den Status des Beitrittskandidaten erhalten.

Dem georgischen Ministerpräsidenten Irakli Garibaschwili und der Regierungspartei Georgischer Traum jedoch wird ein Moskau-freundlicher Kurs vorgeworfen. So protestierten im März Zehntausende vor dem Parlament in Tiflis gegen einen eilig eingebrachten Gesetzentwurf, nach dem Medien und NGOs als "ausländische Agenten" eingestuft worden wären, die einen Teil ihrer Gelder aus dem Ausland erhalten - mit einem ähnlichen Gesetz unterdrückt Russland unabhängige Organisationen und Medien. Die Regierungspartei zog das Vorhaben nach den Protesten zurück.

Georgische Opposition sieht Nähe zu Russland

In der Genehmigung der Flugverbindung nach Russland sieht die Opposition einen weiteren Beleg für die große Nähe der Regierung zum Nachbarn im Norden. Regierungschef Garibaschwili verteidigte sich heute: "All das entspricht unseren nationalen Interessen, die wir mit unserer Politik verteidigen. Und es stimmt mit den internationalen Sanktionen überein."

An diese Sanktionen halte sich sein Land, so Garibaschwili, eigene Sanktionen habe es aber nicht verhängt. Georgien grenze an Russland und er versichere seinen europäischen Amtskollegen, dass es bei der Flugverbindung nach Russland ausschließlich um die wirtschaftlichen Beziehungen gehe.

Die sind in der Tat eng, auch jenseits des so wichtigen Tourismus. Eine große georgische Diaspora lebt und arbeitet in Russland, die Zahl russischer Staatsbürger stieg nach Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine und der Teilmobilisierung im vergangenen Herbst.

Die Wiederaufnahme der Flüge hat bislang keine Massenproteste ausgelöst. Morgen nimmt auch die nationale georgische Airline wieder den Flugbetrieb zwischen Tiflis und Moskau auf.

Frank Aischmann, ARD Berlin, tagesschau, 19.05.2023 18:10 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell in den Nachrichten am 19. Mai 2023 um 19:00 Uhr.