Außenminister Borg will EU-Kommissar werden Der maltesische Problemkandidat

Stand: 13.11.2012 10:46 Uhr

Maltas Außenminister Tonio Borg wird es nicht leicht haben, wenn er dem EU-Parlament als nominierter Kommissar Rede und Antwort stehen muss. Dabei wird es weniger um die Kompetenz in seinem künftigen Tätigkeitsfeld - Gesundheit und Verbraucher - gehen, sondern vielmehr um unter anderem offen homophobe Äußerungen des Konservativen.

Von Tilmann Kleinjung, ARD-Hörfunkstudio Rom

Tonio Borg hat Erfahrung im Scheitern. Am Anfang seiner politischen Karriere bemühte er sich zweimal um den Einzug ins maltesische Parlament - erfolglos. Das sei eine heilsame Lehre gewesen, sagt er im Nachhinein: "Das Schlimmste, was passieren kann, ist, wenn man allzu früh Erfolg hat. Ich habe zehn Jahre lang versucht, ins Parlament zu kommen. Aber das war eine gute Erfahrung. Ansonsten wird es zu einfach. Man verliert das Gefühl dafür, was die wirklichen Probleme sind."  

1992 hat es Borg dann endlich geschafft, für seine konservative Nationalist Party einen Platz im Parlament zu ergattern. 1995 wurde er Innenminister, später noch Justizminister, seit 2008 vertritt er Malta als Außenminister.

In all diesen Funktionen hatte er immer wieder mit dem Thema zu tun, das den kleinen Inselstaat regelmäßig in den internationalen Fokus rückt: Malta ist neben der italienischen Insel Lampedusa der Anlaufpunkt für Bootsflüchtlinge aus Nordafrika. Malta sieht in den Neuankömmlingen in erster Linie illegale Immigranten und sperrt sie in Internierungslager: "Ja, es ist ein Internierungslager. Wir nehmen sie aber nicht in Haft, weil sie Asyl beantragen, sondern weil sie illegal nach Malta eingereist sind. Wer legal nach Malta einreist, wird nicht inhaftiert", rechtfertigt Borg die Praxis.

Strikt gegen Scheidung und Abtreibung

Borg hat die harte Haltung Maltas gegenüber Flüchtlingen immer wieder verteidigt. Gerne auch mit dem Hinweis, dass er ja wissen müsse, was rechtens sei. Schließlich ist Borg Jurist, promoviert hat er über Menschenrechte. Dass er die oft anders interpretiert als die Mehrheit der europäischen Juristen, liegt vermutlich an der besonderen Prägung, die der Jesuitenschüler in seiner Heimat erfahren hat.

Malta ist nicht nur das kleinste Mitgliedsland der EU, es ist auch das katholischste Land Europas. Und Borg gehört in der konservativen Regierungspartei zum eher rechten Flügel. So hat er im vergangenen Jahr gegen die Einführung der Ehescheidung gestimmt, obwohl es zuvor eine eindeutige Volksabstimmung dafür gegeben hatte. Der Außenminister sympathisiert auch mit dem Vorschlag, schwangeren Frauen im Zweifelsfall die Ausreise zu verweigern. Die Frauen könnten ja im Ausland eine Abtreibung vornehmen lassen.

All diese Punkte werden in diesen Tagen in Brüssel gegen Borg ins Feld geführt. Am schwersten aber wiegt eine Rede, die er im Januar 2009 im maltesischen Parlament hielt. Damals wehrte er sich vehement gegen den Vorschlag, auch gleichgeschlechtliche Paare bei der Rentenreform zu berücksichtigen: "Das hat uns gerade noch gefehlt, jetzt auch noch Schwule zu tolerieren", sagte er damals. Für viele Grüne, Liberale und Sozialdemokraten im Europäischen Parlament ist er damit nicht wählbar.

Tilmann Kleinjung, T. Kleinjung, ARD Rom, 13.11.2012 09:51 Uhr

Vestrickt in einen Bestechungsskandal

Er selbst lässt mitteilen, "er habe stets für die im Vertrag niedergelegten europäischen Werte gekämpft und diese verteidigt". Und gedrängt habe er sich ohnehin nicht nach dem Kommissarsjob: "Das ist nichts, wonach ich gesucht hätte. Es wurde mir angeboten vom Premierminister. Ich war immer gerne Außenminister und bin es auch heute noch. Aber ich diene natürlich dort, wo es der Premierminister will", sagt er.

Ob Maltas Premierminister Lawrence Gonzi bewusst war, was er mit dieser Nominierung auslöst? Wohl kaum. Mittlerweile gibt es auch Bestechungsvorwürfe gegen den 55-jährigen Borg. Er soll einem von Interpol gesuchten kasachischen Expolitiker eine Aufenthaltsgenehmigung in Malta besorgt haben. Angeblich - das behauptet die Frau des Kasachen - gegen Zahlung einer Geldsumme. Auf Malta hält man diese Geschichte, die vom deutschen Anwalt und Ex-DDR-Ministerpräsidenten Lothar De Maizière verbreitet wird, für ziemlich abstrus.

Für den maltesischen Außenminister aber dürfte es in jedem Fall eine unangenehme Fragestunde werden - heute im Europäischen Parlament.

Dieses Thema im Programm: Dieser Beitrag lief am 13. November 2012 um 09:11 Uhr im Deutschlandfunk.