Nach Angriffen Pakistan attackiert Ziele im Iran
Das pakistanische Militär hat Ziele im Iran mit Raketen angegriffen. Dem Außenministerium zufolge handelte es sich um eine Attacke gegen Terroristen. Vor zwei Tagen hatte der Iran eigene Angriffe auf Pakistan ebenso begründet.
Zwei Tage nach iranischen Angriffen auf pakistanisches Staatsgebiet hat Pakistan Ziele in der iranischen Provinz Sistan-Balutschistan beschossen. Das pakistanische Außenministerium sprach von einer gezielten Attacke gegen "anti-pakistanische militante Gruppen". Dabei seien mehrere Terroristen getötet worden. Iranische Staatsmedien meldeten den Tod von neun Menschen.
Laut der iranischen Nachrichtenagentur Mehr soll es sich um einen Drohnen- und Raketenangriff gehandelt haben, der auf das Gebiet rund um die Stadt Saravan nahe der Grenze zwischen Pakistan und dem Iran abgezielt habe. In einem Dorf seien dadurch mehrere Menschen getötet worden, darunter auch Kinder, teilte der Vize-Gouverneur von Sistan-Balutschistan im iranischen Staatsfernsehen mit. Von unabhängiger Seite lassen sich die Angaben nicht überprüfen.
Das pakistanische Außenministerium bestätigte "eine Reihe hochkoordinierter und gezielter militärischer Präzisionsangriffe" auf iranischem Gebiet. Diese hätten Extremisten gegolten, ohne dass die Behörde konkrete Angaben machte, um welche Gruppierung es sich gehandelt habe. Mehrere "Terroristen" seien bei der Attacke getötet worden.
Zuvor habe Pakistan "glaubwürdige Informationen über bevorstehende großangelegte terroristische Aktivitäten" erhalten, hieß es aus dem Außenministerium weiter. Der Angriff auf Sistan-Balutschistan sei "Ausdruck der unbeirrbaren Entschlossenheit Pakistans, seine nationale Sicherheit gegen alle Bedrohungen zu schützen und zu verteidigen". Gleichzeitig versicherte die Behörde, Pakistan respektiere "die Souveränität und territoriale Integrität der Islamischen Republik Iran vollkommen".
Ein Gebiet um die Stadt Saravan in der iranischen Provinz Sistan-Balutschistan soll durch das pakistanische Militär beschossen worden sein.
Auch der Iran sprach von Angriff auf Extremistengruppe
Der Iran hatte die eigenen Attacken auf Pakistan in der Nacht zu Dienstag damit begründet, die extremistische Miliz Dschaisch al-Adl attackiert zu haben. Diese wird vom Iran und den USA als Terrororganisation eingestuft. Pakistanischen Angaben zufolge waren durch die Angriffe zwei Kinder getötet worden.
Die selbst ernannte "Armee der Gerechtigkeit" trat im Jahr 2012 erstmals in Erscheinung. Dschaisch al-Adl kämpft eigenen Angaben zufolge für ein unabhängiges Balutschistan. Ihre Mitglieder gehören der ethnischen Gemeinschaft der Belutschen an, die auf jeweils beiden Seiten der Grenzen im Dreiländereck Afghanistans, Irans und Pakistans leben. Belutschische Separatisten klagen über Diskriminierung ihrer Volksgruppe und fordern einen gerechteren Anteil an den Ressourcen ihrer Region und dem dort erwirtschafteten Wohlstand. Angriffe auf iranische und pakistanische Sicherheitskräfte haben in den vergangenen Jahren zugenommen. Sowohl Teheran als auch Islamabad werfen der jeweils anderen Seite vor, die Augen vor der Bedrohung durch die Militanten zu verschließen.
Vor dem Angriff auf pakistanischem Territorium hatte Irans Revolutionsgarde bereits Ziele im Nachbarland Irak und Syrien mit Raketen angegriffen. Die Angriffe seien eine Reaktion auf vorhergegangene Anschläge im Iran.
Pakistan zieht Botschafter ab
Als Reaktion zog die pakistanische Regierung ihren Botschafter aus der iranischen Hauptstadt Teheran ab und warnte, Pakistan behalte sich "das Recht vor", auf "diesen illegalen Akt" des Irans zu reagieren. Zugleich wurde dem iranischen Botschafter Resa Amira Moghaddam, der sich zu diesem Zeitpunkt in seiner Heimat aufgehalten hatte, untersagt, nach Pakistan zurückzukehren.
Das Außenministerium in Teheran wiederum verurteilte den jüngsten Angriff Pakistans und bestellte laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna den Geschäftsträger der pakistanischen Botschaft ein, um den Vorfall zu erklären.
China bot sich als Vermittler an. "Iran und Pakistan sind Chinas enge Nachbarn, befreundete Länder und Länder mit großem Einfluss, und China hofft aufrichtig, dass beide Seiten Ruhe bewahren und Zurückhaltung üben können", sagte eine Sprecherin des Pekinger Außenministeriums. "Wenn es auf beiden Seiten einen Bedarf gibt, sind wir auch bereit, eine konstruktive Rolle bei der Entspannung der Situation zu spielen."
Drohung mit weiterer Vergeltung
Die neuerlichen Spannungen bedrohen die jüngst vorsichtige Annäherung beider Länder. Erst am Dienstag hatten sich der iranische und der pakistanische Außenminister beim Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos zum Gespräch getroffen. Irans Außenminister Hussein Amirabdollahian betonte in Davos, sein Land respektiere "die Souveränität und territoriale Integrität Pakistans". Er verteidigte aber gleichzeitig die Attacke auf pakistanisches Staatsgebiet.
Der geschäftsführende Ministerpräsident von Pakistan, Anwaar-ul-haq Kakar, brach nun seinen Besuch beim Weltwirtschaftsforum ab. Auch Außenminister Jalil Abbas Jilani werde seine Auslandsreisen verkürzen, teilte das Außenministerium in Islamabad weiter mit. Aus ranghohen pakistanischen Sicherheitskreisen hieß es, die Streitkräfte seien "in extrem hoher Alarmbereitschaft". Auf jedes "Missgeschick" der iranischen Seite werde Pakistan energisch reagieren.