Schilder am Rand einer Straße im US-Bundesstaat Alabama fordern den Stopp von "experimentellen Hinrichtungen".

Todesurteil in den USA vollstreckt Massive Kritik an erster Hinrichtung mit Stickstoff

Stand: 27.01.2024 05:56 Uhr

Zum ersten Mal ist in den USA ein Häftling durch den Einsatz von Stickstoff hingerichtet worden. Die internationale Kritik an der Methode wächst. Nun zeigte sich auch die US-Regierung besorgt.

Gegen 19:55 Uhr Ortszeit soll Kenneth Smith am Donnerstagabend seine letzten Worte gesprochen haben. Eine halbe Stunde später wurde er in einem Gefängnis in Alabama für tot erklärt, sagte John Hamm, der Leiter der Strafvollzugsbehörde des US-Bundesstaates in einer Pressekonferenz.

Als erster Mensch weltweit wurde Smith, der 1996 wegen der Beteiligung an einem Auftragsmord zum Tode verurteilt wurde, auf diese Weise hingerichtet. Dabei wurde ihm über eine Maske im Gesicht so lange Stickstoff zugeführt bis er durch Mangel an Sauerstoff erstickt ist.

"Smith hielt den Atem an, so lange er konnte. Er wehrte sich ein wenig gegen seine Fesseln, es gab einige unwillkürliche Bewegungen und eine unruhige Atmung. Das war alles zu erwarten und gehört zu den Nebenwirkungen, die wir bei Stickstoffhypoxie untersucht haben", beschrieb Hamm den Ablauf der Hinrichtung.

Pfarrer kritisiert Hinrichtung als Folter

Mit dabei war Smiths geistlicher Berater, der Pfarrer Jeff Hood. Er wiederum sagte, Strafvollzugsbeamte im Raum seien sichtlich überrascht gewesen, dass Smith nicht innerhalb von Sekunden bewusstlos geworden sei. Gegenüber CNN äußerte er, dass er gesehen habe, "wie jemand minutenlang um sein Leben kämpfte".

Hood fehlten zunächst die Worte. So etwas "unbegreiflich Böses" habe er noch nie gesehen. Das sei Folter gewesen.

EU und UN warnen vor Stickstoff-Methode

Kenneth Smiths Anwälte hatten bis zuletzt versucht, die Hinrichtung des 58-Jährigen zu stoppen - sowohl vor den zuständigen Gerichten in Alabama als auch vor dem Supreme Court, dem Obersten Gericht der USA. Auch die EU und die Vereinten Nationen verurteilten die Hinrichtung als "besonders grausame Methode" und warnten davor, dass sich diese verbreite.

Auch die US-Regierung hat sich "beunruhigt" über den Einsatz von Stickstoff zur Vollstreckung eines Todesurteils geäußert. Die Todesstrafe gebe Präsident Joe Biden "Anlass zur Sorge", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre.

Neben Alabama könnten sich auch Häftlinge in den US-Bundesstaaten Mississippi und Oklahoma für diese Art der Hinrichtung "entscheiden", sagte Generalstaatsanwalt Steve Marshall gegenüber CNN. Ob Bundesstaaten diese Methode "anbieten", hänge von den dortigen Behörden ab. Er vermute, dass weitere Staaten dies tun werden. Allein in Alabama solle es laut Marshall 43 weitere Menschen im Todestrakt geben, die sich selbst bereits für die Methode entschieden hätten.

Hinrichtung per Giftspritze gescheitert

Kenneth Smith sollte eigentlich schon vor zwei Jahren mit der Giftspritze hingerichtet werden. Das Gefängnispersonal schaffte es damals aber nicht, ihm die dafür nötige Kanüle zu legen.

Smith war mit 22 Jahren am Auftragsmord von Elizabeth Sennett beteiligt. Ihr Sohn Michael sagte nach der Hinrichtung, nichts von dem, was da passiert sei, würde seine Mutter zurückbringen. Es sei "ein bittersüßer Tag gewesen, aber keiner zum Feiern". Die Familie des Opfers sei froh, dass es endlich vorbei sei.

Isabell Karras, ARD Washington, tagesschau, 26.01.2024 23:36 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 26. Januar 2024 um 23:45 Uhr.