Screenshots eines Videos von Kid Rock bei Twitter

Kulturkampf um Bud Light Bitterer Nachgeschmack

Stand: 03.05.2023 18:16 Uhr

Eine Transgender-Influencerin als Gesicht für eine Marketingkampagne - mit dieser Idee geriet das Bier Bud Light in den US-Kulturkampf. Es folgten Boykottaufrufe und der Versuch einer Kehrtwende.

Er müsse jetzt mal etwas so klar und präzise wie möglich sagen, erklärte Musiker Kid Rock neulich seinen Followern. Dann nahm er - vor malerischer Seenlandschaft - ein Maschinengewehr, schoss auf drei Kisten mit Bierdosen der Marke Bud Light und schob noch ein paar Beleidigungen hinterher.

Bud Light ist das bei weitem meistverkaufte Bier in den USA, mit 4,8 Milliarden Dollar Umsatz im vorigen Jahr. Doch der Verkauf der markanten blauen Dosen und Aluflaschen geht seit mehreren Wochen steil zurück - seit Bud Light mitten im Kulturkampf um sexuelle Identität steht, weil sich der Konzern Dylan Mulvaney als Werbepartnerin ausgesucht hat.

 

Screenshots eines Videos von Kid Rock bei Twitter

Von den Bierdosen blieb wenig übrig, und das genau war das Ziel des Videos von Kid Rock (Screenshot).

Ein Geschenk mit Folgen

Mulvaney, 26 Jahre alt, dokumentiert seit Monaten ihren Wandel zur Transfrau in den Sozialen Medien. Millionen junger Menschen folgen ihr - das perfekte Medium für Marken also, die gezielt Millennials und Generation Z ansprechen wollen.

Doch was bei Mode, Kosmetik und Reisen offenbar gut funktioniert, ging bei der Biermarke nach hinten los. Als Mulvaney in diesem Monat "365 Tage Frau-Sein" feierte, habe ihr Bud Light "eine Dose mit meinem Gesicht drauf" geschickt, erzählte sie im Video - das sei das womöglich beste Geschenk aller Zeiten.

Kurz danach riefen Konservative und Rechte zum Boykott auf. Das sei Teil dieser größeren Angelegenheit, bei der die Konzerne Amerikas versuchten, das Land, die Politik, die Kultur zu verändern, sagte etwa Ron DeSantis, der Gouverneur von Florida, in einem Podcast. Er werde wohl kein Bud Light mehr trinken.

 

Dylan Mulvaney besucht in New York (USA) eine Theaterveranstaltung

Dylan Mulvaney zieht den Hass von Ultrarechten in den USA auf sich - auch das macht sie zu einem Symbol.

Konzern mit Vorliebe für rechte Politiker

Tatsache sei, sagt Joanna Schwartz, Professorin für Marketing am Georgia College, "dass Anheuser-Busch, der Mutterkonzern, rechten Politikern mehr Geld gibt als progressiven". Aber beim Thema Transgender sind konservative Politiker gerade hoch mobilisiert.

Zwar ist nur etwa ein Prozent der US-Bevölkerung transgender, fühlt sich also nicht dem Geschlecht zugehörig, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Trotzdem wurden in diesem Jahr schon Hunderte Gesetze verabschiedet, die Toilettenbesuche regeln, Transfrauen vom Frauensport ausschließen oder Drag Shows verbieten.

Erinnerungen an düstere Zeiten

"Heute in den USA trans zu sein ist so ähnlich, wie in den 1940er- und 1950er-Jahren homosexuell gewesen zu sein", sagt Schwartz. Wer eine Transgender-Influencerin zur Werbeträgerin macht, müsste also gewarnt sein.

Doch statt sich selbstbewusst zu seiner Partnerin zu bekennen, gab Anheuser-Busch eine lauwarme Stellungnahme ab, schickte zwei Führungskräfte in den Zwangsurlaub - und verärgerte damit die LGBTQ-Seite.

Wie andere Konzerne werben

Andere Konzerne hätten den Spagat besser gelöst, sagt Schwartz. Volkswagen zum Beispiel habe schon früh gezielt homosexuelle Kunden angesprochen, aber unauffällig, unter dem Radar. Coca-Cola ging es vor ein paar Jahren direkt an. Für jeden gebe es eine Coke, "für er, sie, ihr, ihn, mich", hieß es in dem Video.

Auch Kosmetikfirmen verstecken nicht ihr Interesse, Transmenschen anzusprechen. Aber da gibt es eben auch den Wunsch der Kunden, dass Marken sich nicht in ihr Privatleben einmischen und ihnen schon gar nicht vorgeben, was sie denken sollen.

Marketing-Professorin Schwartz glaubt, dass die Debatte über Transgender sich in den USA in nächster Zeit noch verschärfen werde, dass sich aber die Geschichte in Richtung Gleichberechtigung bewege. Und die nächsten Generationen, meint sie, werden schockiert auf die Debatte von heute blicken: "Echt, haben sie das wirklich gemacht? Das ist ja fürchterlich!"

 

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Beitrags wurde in Überschrift und Antext von Budweiser gesprochen. Tatsächlich hat das Bier Bud Light nichts mit dem tschechischen Bier der Brauerei Budejovicky-Budvar zu tun, sondern wird von Anheuser-Busch-Gruppe in den USA gebraut. Wir haben den Beitrag entsprechend korrigiert.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 03. Mai 2023 um 09:41 Uhr.