Schwarzer Rauch steigt an der Unglücksstelle eines Chemieunfalls im US-Bundesstaat Ohio auf.

US-Bundesstaat Ohio Anwohner fordern Antworten nach Chemieunfall

Stand: 17.02.2023 05:01 Uhr

Nach dem Entgleisen eines mit Chemikalien beladenen Güterzugs im US-Bundesstaat Ohio wachsen die Sorgen der Anwohner vor gesundheitlichen Folgen. Sie fordern nun Antworten - doch sie bekommen keine.

Die Nerven bei vielen liegen blank. Bei einer Bürgerversammlung Mitte dieser Woche entlädt sich der Frust über die Behörden bei den Anwohnern von East Palestine.

Kristina Ferguson fordert: "Wir brauchen Hilfe! Wir brauchen Präsident Biden, wir brauchen den Katastrophenschutz. Menschen werden krank. Man hätte uns nicht zurücklassen dürfen, bevor alles vorbei ist. Man lässt doch nicht Familien mit Kindern hin und sagt ihnen: Putzt mit Reinigungsmitteln!"

Krebserregende Chemikalie freigesetzt

Besonders groß ist die Angst vor den Langzeitfolgen durch die freigesetzte Chemikalie Vinylchlorid. Sie gilt als krebserregend. Bilder zeigen, wie nach dem Unfall eine schwarze Rauchwolke durch die Gegend gezogen ist. Anwohner berichten außerdem, dass die Luft nach verbranntem Plastik gestunken haben soll.

Mehrere Bäche in der Region sind laut Behörden tatsächlich verseucht worden. Es wird mit tausenden toten Fischen gerechnet. Anwohner berichten einem Reporter des Senders CNN: "Ich würde keinem empfehlen, hier etwas anzupflanzen dieses Jahr, Gemüse, Tomaten oder sonst was."

Und eine Frau sagt: "Wenn wir an den Bächen vorbeifahren, sind dort überall Teams mit weißen und schwarzen Schläuchen. Jeden Tag. Und sie sagen uns nicht, was sie dort machen. Ich fahre mit meinen Kindern auf dem Schulweg dort vorbei. Sie haben Fragen und ich kann die nicht beantworten."

Anwohner von East Palestine bei einer Bürgerversammlung zu dem Chemieunfall in der Stadt.

Anwohner von East Palestine bei einer Bürgerversammlung zu dem Chemieunfall in der Stadt.

Bürgermeister fordert Hilfe

Trent Conaway ist der Bürgermeister der rund 5000-Einwohner-Stadt und fühlt sich mit der Situation überfordert:

Ich brauche Hilfe! Ich bin nicht darauf vorbereitet. Ich habe mich immer als Anführer gesehen und weiß die Menschen hier hinter mir. Ich werde alles, was ich kann, tun, um das hier zu lösen.

Die Regierung versucht den Menschen in East Palestine ihre Unsicherheit zu nehmen, schickt Experten und Behördenvertreter in den Ort. Sie sagen: Für die Menschen bestehe keine Gefahr mehr. Sowohl die Luft als auch das Trinkwasser seien inzwischen unbedenklich.

Michael Regan, Leiter der US-Umweltschutzbehörde, sagt: "Alle, die über gesundheitliche Folgen klagen, bitten wir, sich medizinische Hilfe zu suchen und sich an die Behörden zu wenden. Wir wollen das mitbekommen. Wir haben Wasser- und Luftqualität in einigen Bereichen gemessen und die Ergebnisse zeigen, dass es dort sicher ist."

Wachsende Kritik an der Krisenkommunikation

Der Fall bekommt inzwischen in den gesamten USA immer mehr Aufmerksamkeit und sorgt für Kritik an der Krisenkommunikation der Behörden. Joseph Allen, Professor an der Harvard School für öffentliche Gesundheit, sagt bei CNN:

Man kann davon ausgehen, dass die Luft- und Wasserqualität inzwischen wieder in Ordnung ist. Trotzdem willst du natürlich immer auch die Rohdaten sehen. Ich will wissen, welchen Grenzwert die Umweltbehörde als unbedenklich einstuft und ob die Messergebnisse darunter liegen.

Währenddessen wächst auch die Kritik an der Bahngesellschaft des entgleisten Güterzugs. Sie habe nicht ausreichend auf die Sicherheit geachtet. Die Umweltschutzbehörde hat mitgeteilt, dass man die Verantwortlichen für diese Katastrophe zur Rechenschaft ziehen werde.

Arne Bartram, Arne Bartram, ARD Washington, 17.02.2023 05:37 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 17. Februar 2023 um 08:31 Uhr.