Angriff auf Israel - Politik fordert deutliche Antworten auf Hamas-Unterstützung in Berlin

Di 10.10.23 | 08:51 Uhr
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Gegen 20.50 Uhr versammelten sich am 07.10.2023 an der Reuterstraße Ecke Sonnennallee rund 60 Personen, um den Angriff auf Israel zu feiern. (Quelle: privat)
Video: rbb|24 | 09.10.2023 | Material: rbb24 Abendschau | Bild: privat

Nur wenige Stunden nach dem Beginn des palästinensischen Angriffs auf Israel gingen in Berlin-Neukölln Hamas-Sympathisanten auf die Straßen und verteilten Süßigkeiten. Darauf müsse der deutsche Staat konsequent reagieren, heißt es parteiübergreifend.

  • Am Wochenende feierten in Berlin Dutzende den Hamas-Angriff
  • Grüne fordern Vereinsverbot bestimmter Gruppierungen
  • CDU will doppelte Staatsbürgerschaften entziehen
  • Neuköllner Bezirksbürgermeister sieht Austragung von Nahost-Konflikt an Schulen
  • Zentralrat der Juden vermisst Antwort der Muslimverbände

Nach der öffentlich gezeigten Unterstützung für den Angriff der Hamas auf Israel in Berlin werden Rufe nach Verboten bestimmter palästinensischer Vereine lauter.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic, forderte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) dazu auf, mögliche Vereinsverbote zu prüfen. "Die terroristischen Angriffe der Hamas auf Israel sind entsetzlich", sagte Mihalic am Montag der Deutschen Presse-Agentur.

Neben der Solidarität mit Israel und dem Schutz jüdischer Einrichtungen in Deutschland sollte Faeser nun auch islamistische und antisemitische Vereine stärker in den Fokus nehmen. "Mit Blick auf die offen zur Schau getragene Unterstützung des Terrors der Hamas von PFLP-nahen Organisationen wie Samidoun ist die Bundesinnenministerin gefordert, auch vereinsrechtliche Maßnahmen gründlich zu prüfen", so die Grünen-Politikerin.

CDU will doppelte Staatsbürgerschaften entziehen

Auch die SPD-Parteichefin Saskia Esken forderte Konsequenzen: "Wenn solche Terrorakte auf der Straße gefeiert werden, muss man als Rechtsstaat ganz klar dagegen vorgehen", sagte sie im ARD-"Morgenmagazin".

Aus der Union kamen Forderungen, Beteiligten mit doppelter Staatsbürgerschaft die deutsche Staatsangehörigkeit zu entziehen. Hier sei der Rechtsstaat gefragt, sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ebenfalls im ARD-"Morgenmagazin". Er kündigte an, dass das CDU-Präsidium bei seiner Sitzung am Montag über die Frage des Entzugs der Staatsbürgerschaft beraten werde.

Auch der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter zeigte besorgt darüber, dass teilweise auch deutsche Staatsbürger an den Feiern teilgenommen hätten. Dies müsse öffentlich angesprochen werden, sagt er am Montagmorgen im rbb24 Inforadio. Es könne nicht sein, "dass in einem Land, das den Holocaust verursacht hat und über sechs Millionen Juden auf dem Gewissen hat, das Vorgehen der palästinensischen Terroristen gerechtfertigt wird."

Archivbild: Demonstration auf der Sonnenallee in Berlin Neukölln. (Quelle: privat)Die Kundgebung am Samstagabend in der Sonnenallee.

Zentralrat der Juden kritisiert Muslimverbände

Für ein Durchgreifen sprach sich auch der Zentralrat der Juden in Deutschland aus. "Bei jedem, der das Morden durch die Hamas auf deutschen Straßen bejubelt und aus diesem Anlass Süßigkeiten verteilt, muss geprüft werden, welche Konsequenzen durch den Rechtsstaat gezogen werden", erklärte der Verband am Montag. Die muslimischen Verbände in Deutschland hätten es "leider versäumt, sich hierzu und zum Krieg in Israel klar zu positionieren".

"Wir verurteilen die jüngsten Angriffe der Hamas auf Zivilisten und rufen dazu auf, sofort die Gewalt zu beenden", hatte der Zentralrat der Muslime am Sonntag mitgeteilt. Alle Seiten müssten die Kampfhandlungen sofort einstellen, damit "nicht noch mehr Opfer in der Zivilbevölkerung beklagt werden". Allerdings ergänzte der Zentralrat: "Zutiefst verstörend ist, dass Siedler flankiert durch die israelische Armee seit zwei Jahren palästinensische Dörfer und die Al-Aqsa-Moschee angreifen, ohne dass die internationale Gemeinschaft eingreift."

Weiter hieß es: "Deutsche Juden und Muslime dürfen sich durch die jüngste Gewaltspirale im Nahen Osten nicht auseinander dividieren lassen. Sie sind Geschwister im Glauben an den Einen Gott und solidarisieren sich gemeinsam für den Frieden hier und im Nahen Osten."

Samidoun wird vom Verfassungsschutz beobachtet

Einige Anhänger des pro-palästinensische Netzwerks Samidoun hatten den Angriff der Hamas auf Israel [tagesschau.de] am Samstagnachmittag gefeiert, indem sie unter anderem Süßigkeiten auf der Sonnenallee im Stadtteil Neukölln verteilten. Zu Fotos von der Aktion schrieb die Organisation auf der Internet-Plattform X, ehemals Twitter: "Es lebe der Widerstand des palästinensischen Volkes." Die Polizei stellte nach eigenen Angaben Strafanzeige.

Die Organisation wird bereits seit einer Weile vom Berliner Verfassungsschutz beobachtet. Behördenchef Michael Fischer sagte der rbb24 Abendschau am Montag, dass man das Netzwerk als antisemitisch und israelfeindlich einschätze und daher als verfassungsfeindliche Bestrebung beobachte. Die Aktivitäten von Samidoun hätten in den vergangenen zwei Jahren in Berlin deutlich zugenommen. Von daher sei man auf der "richtigen Spur".

Am späteren Samstagabend war es auf der Sonnenallee/Ecke Reuterstraße dann noch zu einer spontanen pro-palästinensischen Kundgebung gekommen, an der laut Polizei etwa 60 Personen teilnahmen. Nachdem einige Teilnehmer laut Polizei israelfeindliche Sprechchöre skandierten, löste die Polizei die Versammlung auf. Es gab mehrere vorläufige Festnahmen.

Hikel zu Konflikten an Neuköllner Schulen

Der Neuköllner Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) erklärte am Dienstagmorgen bei Radioeins vom rbb: Seitdem das Netzwerk Samidoun aktiv ist, gebe es vermehrt Demonstrationen, die meistens mit Hetze gegen Israel und Hetze gegen Juden auffielen. Ihm sei wichtig, diesem Netzwerk die Legitimität zu entziehen, indem man es verbietet. "Ansonsten werden wir in den nächsten Jahren wieder solche Bilder sehen", sagte Hikel.

Er beobachte auch, dass der Nahost-Konflikt an einzelnen Schulen in seinem Bezirk Neukölln ausgetragen wird. "Es ist nicht verwunderlich, dass an einzelnen Schulen, wo zu Hause viel arabisches Fernsehen konsumiert wird, wo entsprechende Social-Media-Kanäle konsumiert werden, die Geschichten genauso stattfinden wie sie leider auf der Straße stattgefunden haben", so Hikel weiter. Er sei in Kontakt mit den Schulen, um Kollegen zu unterstützen und wolle auch die Senatsverwaltung für Bildung einbeziehen.

Zudem forderte Hikel alle Religionsgemeinschaften auf, den Terror zu verurteilen und an der Seite derjenigen zu stehen, die gerade angegriffen werden: israelische Zivilisten.

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Sendung: rbb24 Abendschau, 09.10.2023, 19:30 Uhr

83 Kommentare

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  1. 83.

    guter, wichtiger Kommentar und als Ergänzung : Grenzen wurden mit dem Lineal gezogen unter Mißachtung der verschiedenen Stämme

  2. 82.

    Was ist mit Meinungsfreiheit??
    Gilt dies nur, wenn es uns passt?

  3. 81.

    " Frage des Entzugs der Staatsbürgerschaft "

    die Palestinenser haben doch keine Staatsbürgerschaft

  4. 80.

    Ja weil der Vergleich hinkt, denn im Gegensatz zu den Palästinensern sind die Indianer tatsächlich die Ureinwohner Amerikas.
    Die jüdische Diaspora begann mit der Zerstörung des Reiches Juda 597 v. Chr. durch den babylonischen König Nebukadnezar II.

  5. 78.

    Bei allen Kommentaren fällt mir eins auf. Keiner erwähnt, das es erst seit 1948 Israel gibt. Davor hieß das Land Palästina. Die Engländer und die Siegermächte des 2. Weltkrieges haben den "Nahen Osten" strategisch aufgeteilt. Es wurde entschieden, daß der Staat Israel auf palästinensischem Boden errichtet wurde. Für alle, sich für die Entstehung und Entwicklung Israels interessieren, ist der Klassiker von Leon Uris "Exodus" sehr zu empfehlen.

  6. 76.

    „ Verständnis für beide Seiten“.

    Nein, null, kein Verständnis für diesen Angriff auf Israel und die Freude darüber, die hier offen auf der Straße gezeigt wurde. Da können Sie noch so viel schreiben. Der Angriff ist durch nichts zu rechtfertigen.

  7. 75.

    Na, wenn die Frau das sagt, muß es ja stimmen. Aber ich erlaube mir weiterhin, ihre Kompetenz in Frage zu stellen. Aber gutes Manöver. Wird publik, dass trotz des lückenlosen Systems die Hamas trotzdem Zugriff hat, haben die anderen Institutionen den schwarzen Peter und Frau Außenministerin kann Unschuld und Betroffenheit von sich geben.

  8. 74.

    Richtig. Da werden gleich mal knapp 2 Millionen Menschen für diese schändlichen Bluttaten kollektiv bestraft.
    Was ich mich frage: Ist ein Vergleich von Indianern (Ureinwohner Nordamerikas) und Palästinensern schon Antisemitismus?

  9. 73.

    Haben Sie den Rest nach dem „aber“ gelesen? Ich relativiere nichts. Ich sage lediglich, dass die Geschichte in diesem Gebiet viel zu komplex ist, als dass man jeden sofort als Antisemiten mundtot argumentiert, nur weil Verständnis für beide Seiten - in gewissen Maße, dieser Angriff ist natürlich nicht zu rechtfertigen - vorhanden ist.

  10. 72.

    Genau das ist ja das historische Dilemma in Jerusalem. Juden, Christen und Muslime haben nicht umsonst in unterschiedlichen Epochen dort ihre religiösen Gedenkstätten errichtet.
    Auszugsweise der muslimische Felsendome und die al-Aqsa-Moschee, die Überreste in Form der jüdischen Klagemauer, der Berg Zion und die christliche Grabeskirche, die Via Dolorosa, Dormitio- und Erlöserkirche.
    Alle diese Religionen verorten hier ihren Gott bzw. Propheten etc.
    Das ist der Grund, warum des Friedens Willen Jerusalem unabhängig bleiben und allen Religionen uneingeschränkt freier Zugang zu ihren Heiligtümern gewährt werden sollte.
    Und ja, abgesehen von der Stellung Jesu bei den Christen, ist es trotzdem der eine Gott.
    Kaum zu glauben, dass gerade deswegen historisch jahrhundertelange brutale Glaubenskriege geführt wurden und immer noch geführt würden.

  11. 71.

    Die deutschen Politiker fordern starke Antworten auf die Demos, und in Duisburg hetzen Palästinenser im Verein mit rechten Spinnern. Wenn Hilflosigkeit und falsch verstandene Toleranz die Antwort sind, dürften wir bald noch ganz andere Bilder präsentiert bekommen. Es werden Terroristen gefeiert. Wo ist Härte und Konsequenz geblieben? Wohl in einem Stuhlkreis untergegangen.

  12. 70.

    Mit einem „Aber“ relativieren Sie alles davor. Im Gaza regiert die Hamas, ergo greift Gaza den Staat Israel an. Da gibt es nichts zu beschönigen.

  13. 69.

    Jetzt dürfte auch der letzte erkannt haben, daß mit der Sentenz from the river to the sea nicht die Planung des nächsten Sommerurlaubs gemeint ist. Während der Dokumenta hatte ich da erhebliche Zweifel. Und, liebe Politikerinnen und Politiker, es war bisher genug Zeit und Gelegenheit, dem Anitsemitismus/Isrealfeindlichkeit in Deutschland entgegenzutreten. Da hätte es nicht erst die Hamas gebraucht, die mal wieder ihr wahres Gesicht zeigt.

  14. 68.

    Unterstützte auf keinsten Fall den Angriff. Bin Freund von Israel, wenn auch nicht deren Politikern. Verurteile diesen Angriff definitiv. Aber unreflektiert hier Palästinenser zu bashen und jeden zu verurteilen, der versucht, beiden Seiten irgendwo Verständnis zukommen zu lassen ohne dabei die vielen Opfer des Krieges relativieren zu wollen, ist absoluter Blödsinn. Kritik an beiden Seiten hat seine Berechtigung, genauso wie übrigens die finanziellen Hilfen für Gaza sie erstmal hatten, über die Art und Weise der Verteilung kann ich keine Aussage treffen. Diesen Krieg kann man - finde ich - deutlich weniger schwarz weiß sehen als beispielsweise den in der Ukraine.

  15. 67.

    Judentum, Islam und Christentum sind Buchreligionen, die im Grunde auf dasselbe zurückgehen. Dennoch gibt es eben unterschiedliche Auslegungen, und zwar auch innerhalb der jeweiligen Religionen. Das ist aber jetzt nicht zielführend, darüber zu reden. Der Nahostkonflikt ist zu alt, um hier mal eben gelöst werden zu können. Israel wird angegriffen und jedes Recht, sich zu verteidigen.

  16. 66.

    Da haben Sie nicht ganz unrecht in Bezug auch auf die deutsche Außenpolitik.

  17. 65.

    Eine Parallelgesellschaft vom feinsten hat sich hier gebildet und die Politiker sind hilflos.

  18. 64.

    Sie sind Geschwister im Glauben an den EINEN Gott. Also nur an einen, der aber nicht gleich ausgelegt wird.

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