Container auf einem Frachtschiff

EU-Parlament Europäisches Lieferkettengesetz beschlossen

Stand: 24.04.2024 13:55 Uhr

Das EU-Parlament hat dem Lieferkettengesetz zugestimmt. Es verpflichtet europäische Unternehmen, Menschenrechts- und Umweltstandards in ihren Lieferketten einzuhalten. Die FDP hatte mit Widerstand dagegen einen Koalitionsstreit ausgelöst.

Das EU-Parlament hat das umstrittene EU-Lieferkettengesetz angenommen. 374 Abgeordnete stimmten für das Gesetz, 235 dagegen und 19 enthielten sich bei der finalen Abstimmung in Straßburg. Das Gesetz soll sicherstellen, dass europäische Unternehmen die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards in ihren Lieferketten sicherstellen. So will die EU gegen Kinderarbeit, Ausbeutung und Umweltverschmutzung vorgehen.

Wenn beispielsweise große Modeunternehmen ihre Pullis und Hosen von Kindern in Asien nähen lassen, sollen die Opfer solcher Ausbeutung nach dem neuen Lieferkettengesetz künftig auch Schadenersatz verlangen können. Die Strafen können bei bis zu fünf Prozent des weltweiten Umsatzes liegen.

Die EU-Staaten müssen dem Gesetz nun noch offiziell zustimmen. Das gilt aber als Formsache, denn Mitte März hatte im Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten eine ausreichende Mehrheit der EU-Staaten ihre Zustimmung signalisiert.

Streit in der Bundesregierung

Das Gesetz hatte zuletzt auch in der Bundesregierung Streit ausgelöst. Während die FDP vor einer zu großen Belastung von Unternehmen warnt, sehen Vertreterinnen und Vertreter von SPD und Grünen im EU-Lieferkettengesetz einen großen Gewinn für den Schutz von Menschenrechten.

Mit dem heutigen Beschluss wurde Deutschland überstimmt, das sich auf Drängen der FDP enthalten hatte. Eine Enthaltung in dem Gremium wirkt wie eine Nein-Stimme. Die Bundesregierung findet bei wichtigen EU-Gesetzen häufiger keine gemeinsame Position und muss sich deswegen bei entscheidenden Abstimmungen enthalten.

Ursprüngliches Gesetz abgeschwächt

Weil auch andere Länder wie Italien zunächst Bedenken hatten, wurden die Vorgaben aufgeweicht. Ursprünglich sollte das Lieferkettengesetz bereits für Unternehmen ab 500 Beschäftigten mit einem globalen Umsatz von mehr als 150 Millionen Euro im Jahr gelten. Das nun angenommene Gesetz gilt aber nur für Unternehmen ab 1.000 Beschäftigten. Die jährliche Umsatzschwelle liegt bei 450 Millionen Euro. Auch die Möglichkeit einer zivilrechtlichen Haftung wurde abgeschwächt.

In Deutschland ist bereits seit dem 1. Januar 2023 ein nationales Lieferkettengesetz in Kraft. Für 2023 galt es für Unternehmen mit mindestens 3.000 Mitarbeitenden. 2024 hat sich diese Grenze gesenkt und gilt somit für Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmern. Die neuen EU-Regelungen werden trotz der Abschwächungen in bestimmten Aspekten über das deutsche Lieferkettengesetz hinausgehen.

Große Verbände wie die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sind gegen das Lieferkettengesetz. Die EU-Richtlinie sei "weder praxistauglich noch verhältnismäßig", sagte etwa der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. Es gibt jedoch auch Unternehmen, die für das Regelwerk sind.

Kathrin Schmid, ARD Brüssel, tagesschau, 24.04.2024 13:56 Uhr