Euromünze auf einem Dollarschein.

EZB-Zinssenkung erwartet Wie gefährdet ist der Euro?

Stand: 14.05.2024 15:24 Uhr

Die EZB hatte die Zinsen im Eiltempo angehoben - bald könnten die Währungshüter die Geldpolitik wieder lockern. Den Euro könnte das schwächen. Was hieße das für Wirtschaft und Verbraucher?

Von Sebastian Schreiber, ARD-Finanzredaktion

Ein Schalter mit Glasfenster, ein Übergabetischlein mit Hebel: Bargeld hineinlegen, den Wert in einer anderen Währung zurückbekommen - so laufen die Geschäfte in einer Wechselstube. Auf Bargeld angewiesen sind Urlauber und Geschäftsreisende heute nicht mehr so stark wie früher. Viele Zahlungen laufen digital. Umgerechnet werden die Währungen trotzdem noch, je nach Wechselkurs.

Für einen Euro gibt es aktuell knapp 1,08 Dollar. Bald könnte es weniger sein - nämlich dann, wenn die Europäische Zentralbank die Zinsen senke, erklärt Antje Praefcke von der Commerzbank: "Niedrige Zinsen heißt eigentlich in einer Initialreaktion erstmal eine schwächere Währung." Der Wert des Euro könnte sich weiter abschwächen, so Praefcke. Die Devisenexpertin rechnet damit, dass sich der Wechselkurs in Richtung einer Marke von 1,04 Dollar bewegt.

Inflation in den USA hält sich hartnäckig

Dahinter steckt ein einfaches Prinzip: Investoren bringen ihr Geld dorthin, wo es höhere Zinsen gibt. In diesem Fall also zum Beispiel in die USA. Dort dürfte es länger dauern als in der Eurozone, bis die Notenbanker die Zinsen lockern. Das liegt daran, dass die Inflation in den USA hartnäckiger ist: Während sich die Teuerung in der Eurozone zuletzt der Zielmarke von zwei Prozent genähert hat, zog sie in den USA zuletzt sogar wieder an - im März auf 3,5 Prozent.

Birgit Henseler von der DZ Bank führt das auf die starke Wirtschaft in den USA zurück: "Insgesamt ist die Arbeitslosenquote weiterhin sehr niedrig in den Vereinigten Staaten. Und das stützt natürlich den Konsum." Die Unternehmen, so Henseler, hätten in diesem Umfeld die Möglichkeit, die Preise weiter anzuheben. Aus Umfragen gehe hervor, dass die Firmen das auch umsetzen werden.

Fed wartet mit Zinssenkungen

Die Währungshüter der US-Notenbank Fed sehen also die Gefahr, dass die Inflation wieder steigt, wenn sie die Zinsen zu früh lockern. Henseler von der DZ Bank rechnet damit, dass die Teuerung in den USA in den kommenden Monaten zwar langsam zurückgeht. Die Hoffnung, dass die Fed die Zinsen rasant senken kann, habe sich aber nicht bewahrheitet.

Mittlerweile scheint sicher, dass die Europäische Zentralbank die Zinsen zuerst lockert. Ein erster Schritt nach unten dürfte schon zur kommenden EZB-Sitzung Anfang Juni erfolgen. In den USA dagegen wird eine erste Zinssenkung erst Ende des Jahres erwartet. Kann das den Euro doch stärker treffen als erwartet? Analystin Praefcke von der Commerzbank rechnet nicht mit großen Überraschungen: "Der Markt ist sehr vorausschauend. Im Moment hat er eigentlich diese Zinsschritte - das heißt einen im Juni für die EZB und mindestens einen für die US-Notenbank gegen Ende des Jahres - schon eingepreist."

Exporte günstiger, Importe teurer

Eine Rolle spielt das vor allem für Unternehmen, die ihre Waren ins Ausland exportieren. Verliert der Euro zu anderen Währungen an Wert, werden ihre Waren erschwinglicher. Verbraucher aus der Eurozone allerdings können davon wenig profitieren. Nicht nur, dass sie sich dann im Ausland weniger leisten könnten; auch importierte Produkte - von Kaffee bis hin zu Elektrogeräten - könnten in Europa teurer werden.

Sebastian Schreiber, HR, tagesschau, 14.05.2024 14:35 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 14. Mai 2024 um 15:35 Uhr.