Rettungskräfte sind nach einem russischen Angriff auf die Stadt Tschernihiv im Einsatz.

Krieg gegen die Ukraine Mindestens 17 Tote nach schwerem Raketenangriff

Stand: 17.04.2024 17:54 Uhr

Nach einem schweren Raketenangriff auf eine ukrainische Großstadt gibt es mehrere Tote. Die Rettungsarbeiten dauern an. Laut einer Analyse der BBC gibt es auf russischer Seite inzwischen mehr als 50.000 Tote.

Ein russischer Raketenangriff auf die Großstadt Tschernihiw im Norden der Ukraine hat viele Menschen getötet. Nach Angaben von Rettungskräfte und Behörden stieg die Zahl der Toten auf 17. Zudem gebe es mehr als 60 Verletzte. Darunter seien auch mehrere Kinder. 

Bei dem Angriff seien drei Raketen in der Nähe des Stadtzentrums eingeschlagen, hatte der Militärgouverneur der Region, Wjatscheslaw Tschaus, kurz nach der Attacke in seinem Telegram-Kanal mitgeteilt. Er sprach von einem fürchterlichen Morgen. Tschernihiw liegt etwa 150 Kilometer nördlich von Kiew unweit der Grenze zu Russland.

Karte Ukraine, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Die Großstadt Tschernihiw liegt im Norden der Ukraine - unweit der Grenze zur Russland.

Suche nach sechs Vermissten

Russland soll für den Beschuss das mobile Raketensystem Iskander benutzt haben. Die Reichweite des Systems liegt bei etwa 500 Kilometern. Nach offiziellen Angaben wurden ein Hotel, das Kreiskrankenhaus, das Hauptgebäude der Universität und mehrere Wohngebäude getroffen.

Die Rettungskräfte suchten unter den Trümmern nach weiteren Opfern der Attacke. Die Polizei spricht von sechs Vermissten.

Tote in ukrainischer Stadt Tschernihiw nach russischen Raketenangriff

Brigit Virnich, ARD Kiew , tagesschau, 17.04.2024 15:00 Uhr

Selenskyj fordert erneut Stärkung der Flugabwehr

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach den Hinterbliebenen der Opfer sein Beileid aus. Zugleich erneuerte er angesichts der Tragödie seine Forderung nach einer Stärkung der Flugabwehr. "Das wäre nicht passiert, wenn die Ukraine ausreichend Flugabwehr erhalten hätte und wenn die Welt entschlossen genug gewesen wäre, dem russischen Terror entgegenzutreten", schrieb der Staatschef auf Telegram.

Schon in den vergangenen Tagen und Wochen hatte Selenskyj wiederholt darauf verwiesen, dass die russischen Truppen durch die schleppende Waffenhilfe des Westens im Krieg immer mehr die Oberhand gewännen.

Durch fehlende Flugabwehrsysteme und -munition zerstörten die Russen inzwischen viele wichtige Objekte in der Ukraine, sagte Selenskyj. Außerdem sei das Defizit bei der Artilleriemunition kritisch, wo die Russen inzwischen das Zehnfache dessen verschössen, was die Ukrainer zur Verfügung hätten. 

Dunkelziffer der Toten wahrscheinlich deutlich größer

Laut einer Analyse der britischen Rundfunkanstalt BBC gibt es auf russischer Seite inzwischen mehr als 50.000 Tote. Das gehe aus Zählungen der russischsprachigen BBC-Redaktion, der unabhängigen Mediengruppe Mediazona sowie Freiwilliger hervor, hieß es im Bericht vom BBC.

Die tatsächliche Zahl dürfte westlichen Schätzungen zufolge jedoch mehr als doppelt so hoch sein, da viele Todesfälle nicht bestätigt werden können. Ausgewertet wurden demnach Satellitenbilder von Friedhöfen, die teils mit Bildern und Videos vom Boden verifiziert wurden, offizielle Berichte, Zeitungen und soziale Medien.

"Fleischwolf"-Taktik sehr verlustreich

Nicht mitgezählt worden seien die Toten unter den prorussischen Kämpfern aus den von Moskau besetzten ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk. Eine aktuelle offizielle Zahl über die Höhe der russischen Verluste gibt es dem BBC-Bericht zufolge nicht. 

Einer der Gründe für die hohen Verluste der russischen Invasionstruppen ist nach Einschätzung von Experten eine sogenannte "Fleischwolf"-Taktik, bei der die gegnerischen Linien mit einer großen Zahl von Angreifern überrannt werden sollen. Diese habe sich jedoch als sehr verlustreich herausgestellt und nur geringe Gebietsgewinne gebracht.

Die Ukraine hat Angaben Kiews zufolge bis Februar dieses Jahres 31.000 Soldaten verloren. Die wahre Zahl dürfte nach Einschätzung von US-Geheimdiensten jedoch auch höher sein, hieß es in dem BBC-Bericht.