Schnellere Einbürgerung: Was der Bundestag heute entscheidet

WDR aktuell 19.01.2024 02:05 Min. Verfügbar bis 19.01.2026 WDR Von Oliver Schöndube

Schnellere Einbürgerung: Was der Bundestag beschlossen hat

Stand: 19.01.2024, 15:07 Uhr

Der Bundestag hat für eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechts gestimmt. Das soll unter anderem Einbürgerungen für jene, die ihren Lebensunterhalt selbst verdienen, beschleunigen.

Nachdem der Bundestag am Donnerstag ein Gesetz verabschiedet hatte, das die Abschiebung von ausreisepflichtigen Ausländern erleichtern soll, stand am Freitag für jene, die bleiben dürfen, die Erleichterung der Einbürgerung auf dem Programm. Die Ampelkoalition in Berlin hatte sich auf eine Reform verständigt, die das Parlament nun beschlossen hat. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu:

Wie viele Jahre bis zum deutschen Pass?

Wer nach Deutschland gezogen ist und selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen kann, bekommt durch die Reform bereits nach fünf Jahren die Möglichkeit, die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen - aktuell sind es noch acht. Bei besonderen Integrationsleistungen - etwa durch bürgerliches Engagement als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr - ist eine Verkürzung auf drei Jahre möglich - bisher sind es sechs.

Voraussetzungen für den deutschen Pass?

Alleine und ohne den Bezug von Sozialleistungen für seinen Lebensunterhalt und den unterhaltsberechtigter Angehöriger zu sorgen, ist nicht die einzige Voraussetzung.

Man darf zudem kein verurteilter Straftäter sein, muss Deutsch sprechen und schreiben können und ein unbefristetes bzw. dauerhaftes Aufenthaltsrecht besitzen. Da hat sich nichts geändert, aber bei der Integration in die gesellschaftlichen Verhältnisse ist man präziser geworden: Neben dem Bekenntnis zur "freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes" wir klargestellt, dass "antisemitisch, rassistisch oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen" dieser Ordnung widersprechen.

Dagegen zu verstoßen wäre - ebenso wie mehrere Ehepartner oder die erkennbare Ablehnung der Gleichberechtigung von Mann und Frau - ein Ausschlusskriterium.

Gibt es Ausnahmen?

Die Ausnahmen, die es bislang für Menschen gab, die unverschuldet auf Sozialleistungen angewiesen sind, fallen mit der Reform weg. In diesem Fall bliebe nur der Umweg über eine Härtefallregelung. Letztere wäre etwa für Menschen mit Behinderungen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, die einzige Chance auf eine Einbürgerung.

Ausnahmen gibt es für "Gastarbeiter", die bis 1974 in die Bundesrepublik eingereist sind, und "Vertragsarbeiter", die bis 1990 in die damalige DDR kamen. Auch Familien mit einem minderjährigen Kind, bei denen ein Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner in Vollzeit erwerbstätig ist, wären von der Auflage, ihren Lebensunterhalt komplett selbst bestreiten zu müssen, ausgenommen.

Muss man seine alte Staatsbürgerschaft ablegen?

Eine Doppelstaatsbürgerschaft wird grundsätzlich für alle möglich. Ob die bisherige Staatsangehörigkeit behalten werden kann, hinge nur vom Staatsangehörigkeitsrecht des Herkunftsstaates ab.

Bislang gilt eine Doppelstaatsbürgerschaft nur für Menschen aus EU-Staaten, der Schweiz sowie aus Ländern, die ihren Bürgern die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit verweigern. 2023 hatte das Bundesinnenministerium zudem verfügt, bei ukrainischen Staatsangehörigen auf die Aufgabe des Passes zu verzichten, weil dieser Verwaltungsakt wegen des Krieges faktisch nicht möglich ist.

Wie viele Menschen sind von der Reform betroffen?

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums haben etwa 14 Prozent der Bevölkerung keinen deutschen Pass - etwas mehr als zwölf Millionen Menschen. Von ihnen lebten rund 5,3 Millionen bereits seit mindestens zehn Jahren in Deutschland. 2022 beantragten 168.545 Menschen die Einbürgerung.

Wie viele Menschen lassen sich in NRW einbürgern?

In Nordrhein-Westfalen haben sich 2022 40.824 Menschen einbürgern lassen. Das waren fast 25.000 weniger als noch im Jahr 2000, aber deutlich mehr als in den Vorjahren.

Diesen Anstieg führt das Landesamt für Statistik vor allem auf die Einbürgerungen von syrischen Staatsangehörigen zurück, da immer mehr der zwischen 2014 und 2016 eingereisten syrischen Schutzsuchenden die Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllen. Mit 14.081 Einbürgerungen führen die Syrer die Top Ten der Herkunftsländer klar an.

 Wer kritisiert das Gesetzesvorhaben?

Scharfe Kritik an der geplanten Reform kam bereits vor dem Jahreswechsel von Union und AfD. In den Reihen der CDU war von einem "Staatsbürgerschafts-Entwertungsgesetz" die Rede, und der AfD-Abgeordnete Gottfried Curio sagte, die Reform sei ein "kalter Staatsstreich durch Umbau der Wählerdemographie".

Der Diakonie Deutschland bereitet dagegen nicht die Erleichterung von Einbürgerungen Sorgen, sondern ihre Erschwerung für bestimmte Gruppen. Sie kritisiert die Benachteiligung von behinderten Menschen und Pflegenden sowie Alleinerziehenden.

Unsere Quellen:

  • it.nrw
  • Nachrichtenagenturenkna, dpa, epd, afp

Über dieses Thema berichten wir im WDR am 19.01.2024 auch im Hörfunk im WDR5 Morgenecho und im Fernsehen in der Aktuellen Stunde (18:45 Uhr).