Bombendrohung gegen Gesamtschule und ZDF: Kommt die Verunsicherung auch nach Deutschland?

Aktuelle Stunde 23.10.2023 UT Verfügbar bis 23.10.2025 WDR Von Meike Hendriksen

Erneut Bombendrohungen gegen NRW-Schulen

Stand: 24.10.2023, 16:07 Uhr

Auch am Dienstag hat es gegen mehrere Schulen in NRW Bombendrohungen gegeben. Das Innenministerium sieht einen Zusammenhang zum Nahost-Konflikt.

Am Dienstag wurden Fälle aus Mönchengladbach, Köln, Wuppertal und Solingen bekannt. Betroffen waren zudem Berufskollegs in Marl und Haltern sowie der Fernsehsender RTL in Köln. Der Staatsschutz ermittelt. Die Polizei Wuppertal geht nach derzeitigen Erkenntnissen nicht (siehe Korrekturhinweis unten) davon aus, dass es sich um Trittbrettfahrer handelt, da die Drohmails vom inhaltlichen Aufbau sehr ähnlich gewesen seien. "Im Ergebnis bewertet die Polizei die Drohung als nicht ernst zu nehmen", teilte außerdem die Polizei Mönchengladbach mit.

Auch in Berlin, Bayern, Thüringen und Sachsen gab es am Dienstag erneut Drohungen. Betroffen waren unter anderem der Berliner Hauptbahnhof, verschiedene Radiosender und Schulen.

Drohung per Mail

Bereits Montag hatte es an mehreren Schulen in Deutschland Bombendrohungen gegeben, unter anderem in Solingen. An der Alexander-Coppel-Gesamtschule führte das zu einem stundenlangen Polizeieinsatz und Unterrichtsausfall. Die Ermittler durchsuchten über mehrere Stunden den Schulkomplex. Zahlreiche Beamte und Polizeihunde, die auf Sprengstoff spezialisiert sind, waren dort. Verdächtige Gegenstände seien jedoch keine entdeckt worden, teilte eine Sprecherin der Polizei mit.

Bezug zu Palästina

Schulleiter Andreas Tempel sieht einen Zusammenhang zum Nahost-Konflikt: "In der Mail wurde darauf hingewiesen, dass es um Palästina geht. Das sage ich bewusst so wolkig, weil ich keine Details preisgeben kann. Aber der Bezug war sehr klar."

Die Solinger Schule ist nach einem jüdischen Einwohner Solingens benannt, Alexander Coppel, der in Theresienstadt von den Nazis umgebracht worden war.

Terrorismus-Forscher besorgt

"Die Drohungen weisen Bezüge zum Terroranschlag zum Nachteil des Staates Israel auf", teilte das NRW-Innenministerium am Montag auf WDR-Anfrage mit. Sie seien aber nach Bewertung der Gesamtlage derzeit nicht ernst zu nehmen. Die abstrakte Bedrohungslage habe sich nicht verändert. Terrorismus-Forscher und CDU-Mitglied Peter Neumann ist trotzdem besorgt.

"Was ich sehe, ist natürlich schon ein deutliches erhöhtes Risiko von Anschlägen und auch Gewalt auf der Straße, was natürlich mit der emotional sehr aufgeheizten Situation zu tun hat." Terrorismus-Forscher Peter Neumann

Auch wenn die Bedrohung durch den Dschihadismus in den vergangenen Jahren zurückgegangen sei - sie sei nie ganz verschwunden. "Jetzt haben plötzlich die Islamisten und Dschihadisten wieder ein neues Thema, an das sie sich dranhängen können. Das ist vielleicht ein noch größeres Thema als das, was in den letzten Jahren passiert ist. Und deswegen ist die Bedrohung mindestens genau so groß", sagt Neumann.

Terrorismus-Experte vermutet Trittbrettfahrer

Auch Michael Götschenberg, der sich für die ARD intensiv mit Sicherheits- und Terrorismus-Themen beschäftigt, vermutet einen Zusammenhang zur Situation im Nahen Osten. "Es ist ein typisches Phänomen, dass in Situationen wie diesen Menschen derartige Bombendrohungen aus den unterschiedlichsten Gründen aussprechen. Häufig ist es so, dass es Trittbrettfahrer sind, die die Situation ausnutzen und die ein Gefühl von Macht verspüren wollen."

Über dieses Thema berichten wir auch am 23. und 24. Oktober im WDR Fernsehen und in den Radio-Nachrichten bei WDR 2.

Korrekturhinweis: In einer vorherigen Version vom Dienstag, 24.10.2023, schrieben wir, dass die Polizei Wuppertal von Trittbrettfahrern ausgeht. Dies ist falsch, sie geht - nicht (!) von Trittbrettfahrern aus. Das haben wir im Beitrag korrigiert und bitten darum, den Fehler zu entschuldigen.

Weitere Themen