Beschlüsse in Dubai: Wo steht NRW?

Aktuelle Stunde 13.12.2023 UT Verfügbar bis 13.12.2025 WDR Von Mathea Schülke

Klimakonferenz: Das bedeuten die Beschlüsse aus Dubai

Stand: 13.12.2023, 19:52 Uhr

Die Weltklimakonferenz COP28 in Dubai ist zu Ende. Am Ende hat sich die Staatengemeinschaft auf eine "Abkehr von fossilen Energien" geeinigt. Was heißt das nun? Ist die COP damit ein Erfolg? Und wie geht es weiter?

Von Oliver ScheelOliver Scheel

Mit einem Tag Verspätung ist die Klimakonferenz COP28 in Dubai zu Ende gegangen. Erstmals ruft die Weltgemeinschaft bei einer UN-Klimakonferenz zur Abkehr von fossilen Brennstoffen auf. Allerdings kommt der von mehr als 100 Staaten geforderte klare Ausstieg ("Phase out") aus den fossilen Energien in dem Abschlusstext nicht vor. Außerdem strebt der Beschluss eine Verdreifachung der weltweiten Kapazitäten an erneuerbaren Energien bis 2030 und eine Verdopplung der Energieeffizienz im gleichen Zeitraum an. Er enthält aber auch Verweise auf "Übergangsenergien" wie Erdgas und die umstrittenen Technologien zur Abscheidung und Speicherung von CO2.

Ist die Konferenz nun ein Erfolg?

Die meisten Beobachter und Experten werten die Einigung auf eine "Abkehr von den Fossilen" als Erfolg. Schließlich hat sich die Welt bisher nie derart deutlich gegen die weitere Nutzung von Kohle, Öl und Gas positioniert. So nannte Sultan Al-Dschaber, der Präsident der Konferenz in den Vereinigten Arabischen Emiraten, die Einigung "historisch".

So weit gehen die meisten Beobachter nicht. EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra äußert sich aber dennoch zufrieden: "Zum ersten Mal nach 30 Jahren könnten wir jetzt den Anfang vom Ende der fossilen Energieträger erreichen." Auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock ist glücklich mit der Einigung. "Wir haben gezeigt, dass wir den Weg gemeinsam gehen können, wenn wir uns zusammenschließen."

Annalena Baerbock (Buendnis 90/Die Gruenen), Bundesaussenministerin, gemeinsam mit der Delegation der Marshall Islands aufgenommen im Rahmen der finalen Sitzung im Plenum der COP28 in Dubai, 13.12.2023

Annalena Baerbock (Buendnis 90/Die Gruenen), Bundesaussenministerin, gemeinsam mit der Delegation der Marshall Islands aufgenommen im Rahmen der finalen Sitzung im Plenum der COP28 in Dubai

Für den WDR beobachtet Lorenz Beckhardt die Konferenz in Dubai. Er hält die Abschlusserklärung für "eine der stärksten seit dem Pariser Klimaabkommen. Da ist eine Menge Konkretes drin. Alle Punkte, die die Wissenschaft und der Weltklimarat IPCC angestoßen haben, sind darin aufgenommen worden", so der WDR-Journalist der Wissenschaftsredaktion. "In Paris 2015 wurde das 1,5-Grad-Ziel vorgegeben, in Glasgow 2021 einigte man sich auf das Ende der Kohle und nun wird auch das Ende von Öl und Gas erstmals erwähnt", erklärt Beckhardt.

Was bedeuten die Beschlüsse nun?

Lorenz Beckhardt auf der COP28 in Dubai

Lorenz Beckhardt auf der COP28 in Dubai

Beckhardt sieht in der Erklärung daher durchaus einen Durchbruch. "Die Abkehr von den Fossilen kann real werden, wenn die Wirtschaft das als Orientierung für ihre Investitionen sieht. Klimaschutz wird ja in erster Linie gemacht, wenn die Wirtschaft etwas tut, wenn also in die Transformation, in die Energiewende, investiert wird. Für die Wirtschaft ist diese Abschlusserklärung ein Signal. Wo tun sich neue Geschäftsfelder auf, in welche Richtung können wir unsere Investitionen steuern? So hat diese Schlusserklärung sicher gute Auswirkungen", mutmaßt Beckhardt.

Die Energiewende müsse nun in den einzelnen Ländern Rückenwind erfahren. "Die G20-Länder, die für etwa 80 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich sind, müssen sich auf gemeinsame Klimaschutzanstrengungen einigen. Die EU kann Vorreiter der Neuausrichtung der Weltwirtschaft sein, wenn sie ihren European Green Deal konsequent weiterentwickelt", sagt Umweltbundesamt-Präsident Dirk Messner.

In diese Richtung zielt auch die Aussage des Klima- und Wirtschaftsexperten Ottmar Edenhofer. Die EU habe Instrumente in der Hand, "die beißen", sagt der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung im ZDF. Diese Instrumente könnten "den Umstieg und den Ausstieg und die Abkehr von den Fossilen beschleunigen".  Ein "Weiter so" werde es nicht geben und das sei ein klares Signal an Investoren.

Das sieht auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) so: "Nun kommt es darauf an, dass Deutschland und die EU noch mehr Länder davon überzeugen, im Sinne eines Klimaclubs auf eine CO2-Bepreisung zu setzen. Wenn fossile Energien überall teurer werden, nützt das nicht nur dem Klima. Es begrenzt auch die Wettbewerbsnachteile deutscher Unternehmen weltweit", sagt DIHK-Präsident Peter Adrian.

Wo liegen die Schwächen dieser Abschlusserklärung?

Wenn 200 Staaten miteinder verhandeln, gibt es selten wirklich große Würfe. Deshalb hat auch die Abschlusserklärung der COP 28 ihre Schwächen. "Selbst wenn die vorliegenden Bestimmungen vollständig umgesetzt würden, wären Millionen Menschen im globalen Süden immer noch mit Überschwemmungen, Bränden und Hungersnöten konfrontiert und stünden am Rande einer Klimakatastrophe", sagt Sven Harmeling, Klimapolitischer Leiter von CARE International.

Zudem habe die Abschlusserklärung bedenkliche Schattenseiten und Schlupflöcher, wie die Betonung der Rolle von Erdgas als Übergangslösung. "Das werden Förderländer und die fossile Industrie als Freifahrtschein für die Ausweitung der Gasförderung werten", wie es Jan Kowalzig von Oxfam erklärte. "Es fehlt die Erklärung, wann dieser Übergang zu Ende geht. Für Länder, wie die kleinen Inselstaaten, die sich schon jetzt in ihrer Existenz bedroht sehen, ist das sicherlich zu wenig", sagt WDR-Journalist Beckhardt.

Und: Was in diesem Beschluss fehlt, sind konkrete Zahlen. "Man hätte ja sagen können, bis 2030 reduzieren wir die fossilen Energien um X Prozent und bis 2050 dann noch einmal mehr", so Beckhardt. Aber daran hätten vor allem China, Indien und die erdölfördernden Länder kein Interesse.

Aus deutscher Perspektive sei das Ergebnis sicher zu wenig, "aber soziale Realitäten im globalen Süden sind anders, die können diese Geschwindigkeit bei der Energiewende nicht einhalten, die wir hier vorleben, auch weil sie es nicht finanzieren können", meint Beckhardt. Und so fehlten jetzt vor allem konkrete finanzielle Zusagen. Darum werde es dann im Kern bei der COP29 in Baku in Aserbaidschan im kommenden Jahr gehen. Sind die Staaten des globalen Nordens bereit, die Energiewende des globalen Südens zu finanzieren?

Unsere Quellen:

  • WDR-Korrespondent Lorenz Beckhardt
  • Agenturen AFP, DPA, EPD, Reuters

Klimakonferenz Abschluss

WDR Studios NRW 13.12.2023 00:54 Min. Verfügbar bis 20.12.2025 WDR Online