Solarmodule für ein sogenanntes Balkonkraftwerk hängen an einem Balkon.

Immer mehr Balkonkraftwerke: Bundestag beschließt neues Förderpaket

Stand: 26.04.2024, 15:07 Uhr

Die Zahl der Solarzellen an deutschen Balkonen nimmt stetig zu, das zeigt eine neue Datenauswertung. Damit der Ausbau weiter steigt, hat der Bundestag am Freitag ein neues Paket beschlossen.

Von Catharina Coblenz und Marvin Konrad

In den vergangenen Jahren haben Balkonkraftwerke bereits einen regelrechten Boom erlebt. Und die Politik drückt beim Ausbau weiter aufs Gas: Mit einem neuen Paket soll der Betrieb der "steckfertigen Solaranlagen" - wie die Geräte korrekt heißen - weiter vereinfacht werden.

Was beinhaltet das neue Solarpaket?

Neben dem Abbau weiterer bürokratischer Hürden soll der Einsatz kleinerer Balkonkraftwerke erleichtert und die Förderung großer Anlagen ausgweitet werden. Auch Hürden für den Mieterstrom - Strom der von einer Solaranlage von vor Ort kommt - sollen gesenkt werden.

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Neu ist, dass Balkonkraftwerke nicht mehr beim Netzbetreiber angemeldet werden müssen. Ausreichend ist nun eine Registrierung im Marktstammregister der Bundesnetzagentur. Auch Zähler müssen nicht mehr extra umgerüstet werden. Solaranlagen auf Gewerbeflächen sollen außerdem besser gefördert werden und auch auf Ackerflächen soll künftig einfacher Sonnen-Energie gewonnen werden.

Doch wie viele dieser Anlagen gibt es schon in Deutschland? Was sind Kosten und Nutzen der Mini-Kraftwerke? Wie funktioniert so ein Minikraftwerk und wie viel Strom produziert es? Fragen und Antworten.

Balkonkraftwerke Boom

WDR Studios NRW 07.04.2024 00:47 Min. Verfügbar bis 07.04.2026 WDR Online


Wie viele Balkonkraftwerke gibt es in NRW und in Deutschland?

Inzwischen sind in Deutschland mehr als 435.000 Balkonkraftwerke in Betrieb. Das geht aus dem Markt-Stammdaten-Register der Bundesnetz-Agentur mit Stand vom 26. April hervor. Alleine seit Jahresbeginn kamen demnach mehr als 85.000 Anlagen hinzu. Tatsächlich dürften es jedoch noch mehr sein, da es einerseits auch nicht registrierte Anlagen gibt, andererseits Anlagen auch nachgemeldet werden können.

Die meisten Anlagen gibt es demnach mit deutlich mehr als 80.000 in Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Bayern mit mehr als 60.000 und Niedersachsen mit mehr als 50.000. Grob folgt die Verteilung also den Landes- und Bevölkerungsgrößen, Schlusslichter sind entsprechend die Stadtstaaten und das Saarland.

Die Karte zeigt, dass die Anzahl der Balkonkraftwerke pro 1.000 Haushalte in den einzelnen Kreisen in NRW zum Teil sehr unterschiedlich ausfällt. Im Kreis Herford gibt es beispielsweise deutlich mehr Haushalte mit Balkonkraftwerken, als in Düsseldorf. In den Kreisen in denen größere Städte angesiedelt sind, gibt es generell weniger Balkonkraftwerke pro 1.000 Haushalte.

Nimmt die Zahl der Mini-Kraftwerke in Deutschland noch weiter zu?

Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) hält es für wahrscheinlich, "dass die Nachfrage nach Solartechnik insgesamt auch 2024 weiter zunehmen wird", sagt Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. Aber: Durch die Energiekrise im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine habe es eine Sonderkonjunktur gegeben, die jetzt etwas abebbe.

"Wir begrüßen die vereinfachte Registrierung der Steckersolargeräte ab dem 1. April sowie weitere Anstrengungen der Bundesregierungen zum Bürokratieabbau außerordentlich." Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW

Die zum Monatswechsel in Kraft getretene Änderung bei der Registrierung neuer Balkonkraftwerke könnte den Boom jedoch auch wieder befördern. Die Bundesnetzagentur hat zum 1. April die Registrierung von Balkonkraftwerken bereits vereinfacht und verweist auf weitere geplante Maßnahmen in einem geplanten Solarpaket.

Wie funktioniert eine solche Solaranlage auf dem Balkon?

Im Lieferumfang enthalten sind ein bis maximal zwei Solarmodule, eine Haltevorrichtung und der Wechselrichter. Die Anlage lässt sich mit ein paar Handgriffen am Balkon oder der Hauswand anbringen. Ein Modul reicht in der Regel aus. Es ist etwa 1 Meter mal 1,70 Meter groß.

Der Wechselrichter wandelt den Gleichstrom vom Solarmodul in Wechselstrom für das Stromnetz um. Per Kabel und Stecker wird die Anlage dann einfach an eine Steckdose angeschlossen und der Strom wird so ins Hausnetz eingespeist. Die Haushaltsgeräte verbrauchen dann zuerst den kostenlosen Sonnenstrom. Reicht der nicht mehr aus, wird der Strom wieder regulär über den Stromanbieter bezogen.

Wie viel kostet ein Balkonkraftwerk?

Für ein 800-Watt-Balkonkraftwerk mit Kabeln, Wechselrichter, zwei Modulen und Halterung sollte man rund 450 bis 800 Euro einplanen. Einem Single-Haushalt mit niedrigem Verbrauch reicht oft eine 400-Watt-Anlage, die ab 200 Euro kostet.

Es müssen jedoch noch weitere Kosten berücksichtigt werden. Wer beispielsweise handwerklich nicht so versiert ist, braucht vielleicht Hilfe bei der Montage und Ausrichtung der Mini-Solaranlage. Wer keine Steckdose auf dem Balkon hat, muss die Leitung nach innen verlegen.

Darüber hinaus muss die Anlage bislang noch beim Netzbetreiber angemeldet werden, woraufhin der Stromzähler in der Regel gegen einen digitalen Stromzähler ausgetauscht werden muss. In diesem Fall darf der Netzbetreiber auch höhere Betriebsgebühren verlangen: bis zu 20 Euro pro Jahr.

Wie viel Strom produziert ein Balkonkraftwerk?

Bisher darf mit einem Balkonkraftwerk maximal 600 Watt in das öffentliche Netz einspeist werden. Mit dem neuen Solarpaket könnte diese maximale Wattzahl auf 800 Watt angehoben werden. Doch auch andere Faktoren, wie Ausrichtung, Neigungswinkel und Sonneneinstrahlung vor Ort beeinflussen die Stromproduktion des Mini-Kraftwerks.

Die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin hat hierzu einen Online-Rechner, der hilft, die solare Eigenversorgung besser abzuschätzen. Unter besten Bedingungen, also bei einem 600-Watt-System an einem Süd-Balkon ohne Verschattung kommt man so auf 400 bis 600 Kilowattstunden Solarenergie im Jahr.

Muss der Solarstrom direkt verbraucht werden?

Das Mini-Kraftwerk ist in der Lage einen Großteil des Stand-by-Verbrauchs der Elektrogeräte im Haushalt zu decken. Es ist jedoch kaum möglich den Solarstrom immer komplett zu verbrauchen, wenn er entsteht.

Dafür gibt es verschiedene Lösungsmöglichkeiten: Moderne Haushaltsgeräte lassen sich beispielsweise zeitsteuern. So lässt sich die Wasch- oder Spülmaschine automatisch mittags starten. Außerdem gibt es die Möglichkeit Komplettsets zu kaufen, in denen neben dem Balkonkraftwerk auch ein spezieller Batteriespeicher enthalten ist. Solche Komplettsets gibt es zum Teil schon ab rund 1.000 Euro.

Ob sich die zusätzliche Anschaffung eines Batteriespeichers lohnt hängt auch wieder von unterschiedlichen Faktoren ab. Wenn der Stand-by-Verbrauch bereits sehr hoch ist, lohnt es sich beispielsweise nicht die noch verbleibende Solarenergie zu speichern.

Quellen:

  • Nachrichtenagentur dpa
  • Online Beitrag des ADAC
  • Forschungsgruppe Solarspeichersysteme der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin