Eine ältere Frau sitzt am Steuer ihres Kleinwagens.

Führerschein-Check für Senioren ab 70: So geht es auch ohne Auto

Stand: 25.04.2023, 15:04 Uhr

Die EU will prüfen, bis zu welchem Alter ein Führerschein sinnvoll ist - oder eben nicht mehr. Einige Gemeinden in NRW bieten Senioren bereits Alternativen an, um auch ohne Auto mobil zu bleiben.

Von Nina Magoley

Zwar nimmt die Zahl der Verkehrstoten jedes Jahr etwas ab - innerhalb der vergangenen 20 Jahre sank sie um volle 61,5 Prozent. Dennoch gilt natürlich: Jeder im Straßenverkehr getötete Mensch ist einer zu viel. Eine Frage erhitzt dabei regelmäßig die Gemüter: In welchem Alter sollte man noch Autofahren dürfen - und ab wann nicht mehr?

Die Argumente sind immer die gleichen: Bei vielen Menschen lässt die Sehkraft im Alter nach, auch die Reaktionsfähigkeit kann langsamer werden. Erkrankungen oder die Wirkung von Medikamenten können die Verkehrssicherheit ebenfalls negativ beeinflussen. Kfz-Versicherungen werden daher spätestens ab 75 Jahren teurer.

Alter und neuer Führerschein

Wie alt ist der "Lappen"?

Die EU plant nun, die Führerschein-Richtlinie zu überarbeiten. Die Sicherheit im Straßenverkehr habe sich nicht so stark verbessert wie nötig, heißt es zur Begründung. Bei vielen schweren Unfällen zeige sich, dass es immer noch zu viele Führerscheininhaber gebe, "die im Straßenverkehr der EU ein Risiko darstellen, weil sie nicht fahrtauglich sind".

Prüfung alle fünf Jahre

Gemeint sind damit nicht nur Ältere: Studien hätten gezeigt, dass bestimmte Indikationen wie Drogenmissbrauch, psychische Erkrankungen, Epilepsie oder Herzerkrankungen nicht zwangsläufig mit dem Alter zusammenhängen.

Eine Forderung ist aber, dass Seniorinnen und Senioren über 70 mindestens alle fünf Jahre ihre Fahrtauglichkeit überprüfen lassen müssen. Vorgeschrieben werden soll eine ärztliche Untersuchung und möglicherweise auch Auffrischungskurse.

Ältere Menschen sind verletzlicher

Autofahren im Alter

Autofahren im Alter: Wie lange geht das?

Laut Statistischem Bundesamt waren zuletzt 14,5 Prozent aller an Verkehrsunfällen Beteiligten 65 Jahre und älter. Das klingt erst mal nicht viel - zumal deren Anteil an der Gesamtbevölkerung bei 22,1 Prozent lag. Fakt ist aber auch: Waren ältere Menschen als Autofahrer in einen Unfall verwickelt, trugen sie in mehr als zwei Drittel der Fälle - 68,2 Prozent - die Hauptschuld. Die häufigsten Unfallursachen: Missachtung der Vorfahrt, Fehlverhalten beim Abbiegen, Wenden oder Rückwärtsfahren.

Und: Ältere Menschen sind verletzlicher als jüngere, wenn es zu Unfällen kommt. Ein Drittel der Verkehrstoten im Jahr 2021 waren über 65. "Ältere Menschen erleiden im Durchschnitt schwerere Unfallfolgen als jüngere", stellt das Statistische Bundesamt fest.

Andererseits hätten ältere Menschen in der Regel einen "an die Situation angepassten und vorausschauenden Fahrstil", betont der ADAC. Sie würden riskante Manöver meiden und größeren Abstand halten.

Deutschlandticket gegen Führerschein

Einige Städte in NRW arbeiten dennoch längst daran, älteren Menschen Alternativen zum Autofahren anzubieten.

  • So bekommen Senioren über 75 in Leverkusen ab nächste Woche ein Jahresabo für das Deutschlandticket kostenlos - wenn sie dafür den Führerschein abgeben. Auch der Ennepe-Ruhrkreis vergibt ab 1. Mai 20 Deutschlandtickets an Einwohner des Kreises, die sich bereit erklären, für ein Jahr ihren Führerschein abzugeben - allerdings unabhängig vom Alter. 130 Menschen zwischen 28 und 90 Jahren hätten sich für die Aktion beworben, meldet der Kreis.
  • In Bochum und Gelsenkirchen vermitteln die Verkehrsbetriebe Bogestra einen "Fahrgastbegleitservice": Wer sich bei der Benutzung von Bus oder Bahn unsicher fühlt, kann telefonisch kostenlos eine Begleitperson anfordern, die auf Wunsch sogar bis an die Haustür kommt.

Mitfahrerbänke - das neue Trampen

Mitfahrerbank in Rollesbroich in der Eifel

Mitfahrerbank in Rollesbroich in der Eifel

Ein anderes Konzept, das vor allem im ländlichen Raum immer mehr Verbreitung findet, ist die "Mitfahrerbank". So eine steht zum Beispiel in Bad Honnef an der Linzer Straße. Wer sich dort hinsetzt, signaliert: "Ich möchte ein Stück mitgenommen werden." Auch in anderen Gemeinden gibt es bereits Mitfahrerbänke. In mehreren kleinen Eifeldörfern zum Beispiel, oder in Etteln bei Paderborn.

Dort fährt zwar alle 30 Minuten ein Bus nach Paderborn, die Anbindung an die kleineren Nachbarorte ist ohne Auto dagegen schwierig. Wer sich aber auf die Mitfahrbank an der Gemeindehalle setzt, hat durchaus die Chance, auch ohne eigenes Auto ins Nachbardorf zu kommen. Sein Wunschziel kann man hier sogar über eine digitale Anzeige eingeben. Zusätzlich poppt die Information dann auch in der Dorf-App auf. Mit ihrer "digitalen Mitfahrbank" will die Gemeinde gezielt das ÖPNV-Angebot ergänzen.

Mitfahrerbänke gibt es seit Kurzem auch in Mettmann oder in Kaarst, wo sie Menschen mobil machen sollen, ob Richtung Innenstadt oder in die Vororte.

ADAC bietet Fahrtrainings für Ältere

Wer auch in fortgeschrittenem Alter nicht auf das Auto verzichten kann oder möchte, kann sich mit verschiedenen Angeboten fit halten. Der ADAC bietet Fahrsicherheitstrainings für Ältere, bei denen Gefahrensituationen geübt werden. Auch der Umgang mit neuer Fahrzeugtechnik und Assistenzsystemen ist Thema - und wie eventuelle Einschränkungen bestmöglich ausgeglichen werden können. In einem Fitness-Check können Ältere zudem ihr Können und Fahrstil überprüfen lassen und auch Vorschläge zur Optimierung oder zu Alternativen bekommen.

EU will Meinungen hören

Übrigens: Auf der Seite der Europäischen Union kann noch bis Ende Mai jeder EU-Bürger seine Meinung zu der neuen Führerschein-Richtlinie äußern:

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