Fahrer in psychiatrischer Klinik Zahlreiche Verletzte bei Lkw-Chaosfahrt auf Autobahn
Ein Lkw-Fahrer hat auf der A1 und der A46 in NRW Unfälle mit 50 Fahrzeugen verursacht. Es gibt acht Schwerverletzte. Eine lebensgefährlich verletzte Person ist inzwischen außer Lebensgefahr. Der Fahrer wird bis auf Weiteres in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Fragen und Antworten.
"Ich glaube wir können von Glück reden, dass wir keine Toten zu beklagen haben", sagte NRW-Innenminister Herbert Reul der "Rheinischen Post" am Sonntag. Die etwa 60 Kilometer lange Chaosfahrt eines Lkw am Samstagnachmittag mit zahlreichen Unfällen und Verletzten wirft weiter viele Fragen auf. Ein Überblick.
- Was weiß man über den Lkw-Fahrer und mögliche Ursachen?
- Wieso konnte der Lkw nicht gestoppt werden?
- Wie viele Schwer- und Leichtverletzte gibt es durch die Unfälle?
- Wie lief die Chaosfahrt des Lkw ab?
- Wie sieht es jetzt auf der A1 und A46 aus?
- Wie haben Augenzeugen die Chaosfahrt des Lkw erlebt?
- Was tun, wenn man Zeuge der Chaosfahrt geworden ist?
Ermittler gehen bei dem Lkw nicht von einem geklauten Fahrzeug aus, teilte die Polizei am Montagmorgen mit. Der Fahrer sei wohl regulär seiner Arbeit nachgegangen. Die Ermittlungskommission werde sich jetzt die Vita des Mannes genauer anschauen.
Die Polizei hatte den 30-jährigen Lkw-Fahrer am Samstag zunächst in Gewahrsam genommen. Anfangs habe es Hinweise auf einen "Drogen- bzw. Alkoholkonsum" des Fahrers gegeben, teilte die Polizei mit. Darauf deutete auch ein erster Atemtest hin. Die Blutergebnisse des Fahrers standen am Montagmittag allerdings weiter aus. Die Alkoholisierung allein erkläre sein Verhalten aber nicht, so die Polizei.
Ebenso haben sich dann im Rahmen der ersten Untersuchungen deutliche Hinweise darauf ergeben, dass der Mann womöglich psychisch krank ist.
Sprecher der Polizei Düsseldorf
Daher könne der Fahrer "nicht ohne Weiteres" in Gewahrsam genommen werden, so der Polizeisprecher weiter. Er werde bis auf Weiteres in einer psychiatrischen Klinik untergebracht, entschied ein Haftrichter am Sonntagabend. Vor dem Richter machte der 30-Jährige keine Angaben zur Sache. Als Ursache für seine Unfallfahrt wird eine akute Psychose vermutet. Der Mann aus Polen sei vorher nicht polizeilich in Erscheinung getreten.
Nach der Vernehmung durch den Haftrichter kam der Mann in die forensische Klinik Eickelborn in Lippstadt. Dort wird er von einem psychiatrischen Sachverständigen auf seine Schuldfähigkeit untersucht, wie der Hagener Staatsanwalt erklärte.
Trotz der langen Chaosfahrt von etwa 60 Kilometern habe der Lkw nicht gestoppt werden können, weil das bei einem großen Sattelaufleger zu gefährlich sei, sagte die Polizei auf WDR-Nachfrage.
Nach offiziellen Angaben wurden 19 Menschen durch die Chaosfahrt des Lkw verletzt. Es gibt acht Schwerverletzte, davon war ein Mensch zunächst lebensgefährlich verletzt. Wie die Polizei am Montag mitteilte, ist er inzwischen nicht mehr in Lebensgefahr. Die anderen elf wurden leicht verletzt.
Sie begann offenbar an der Autobahnauffahrt Neuss-Holzheim, teilte die Polizei am Sonntagvormittag mit. Gegen 16.25 Uhr habe man den ersten Anruf bekommen - wegen der auffälligen Fahrweise des Lkw, wie die Beamten bereits am Samstag mitteilten. Auch sei beobachtet worden, dass der Lkw Diesel verliere.
Bis zum Kreuz Wuppertal-Nord hatte der Lastwagen bereits mehrere andere Fahrzeuge gerammt. Dort wechselte der Fahrer auf die A1 in Richtung Bremen.
Augenzeugen zufolge war der Lkw mit überhöhter Geschwindigkeit in Schlangenlinien gefahren. Der Mann habe alle Anhaltezeichen von Polizisten ignoriert. Zwischenzeitlich hatte die Polizei Autofahrer dringend dazu aufgerufen, von der A1 abzufahren.
Die Fahrt des Lkw endete den Angaben zufolge zwischen Gevelsberg und Hagen-Nord, also etwa 60 Kilometer von Neuss entfernt. Bei Hagen geriet der Lkw in einer Baustelle in den Gegenverkehr, rammte ein weiteres Auto und kam quer auf der Fahrbahn zum Stehen.
Aufräumarbeiten auf der A1 am Sonntagmorgen
Mittlerweile sind die Aufräumarbeiten beendet und beide Autobahnen wieder frei. Die Sperrung auf der A1 dauerte noch bis Sonntagmittag. Hier sei beinahe die komplette Baustellenverkehrsführung zerstört worden, teilte die Autobahnmeisterei Hagen am Sonntag mit.
Am Morgen seien Mitarbeiter mit zwei Sattelzügen und zwei Kränen angerückt, um die Schutzeinrichtung, welche die Fahrbahnen trennt, in der dortigen Baustelle wiederherzustellen.
Gesperrt war die Strecke Köln-Dortmund zwischen Hagen-West und Gevelsberg in beiden Richtungen. Dort kam der Lkw nach seiner Chaosfahrt zum Stehen. Die A46 ist schon länger wieder frei.
Der Lkw liegt quer auf der Fahrbahn der A1
Wie haben Augenzeugen die Chaosfahrt des Lkw erlebt?
Augenzeuge: "Unsere Spiegel sind kaputt."
Einige Autofahrer sprachen von einem Trümmerfeld auf der A1. Der Lkw habe sein Auto gestreift, "unsere Tür und unsere Spiegel sind kaputt", erzählt ein Zeuge . "Er hat noch fünf andere Autos mitgenommen und dann ist er da hinten auf der Straße quer stehen geblieben."
Ein anderer Augenzeuge erzählt, dass der Lkw sein Fahrzeug nur um Zentimeter verfehlt habe. Andere hätten nicht so viel Glück gehabt. "Vor und hinter uns haben sich überall die Autos gedreht", sagte er. Völlig ungebremst habe der Lkw-Fahrer "alles kurz und klein gefahren".
Um die Tat aufzuklären, bittet die Polizei alle Zeugen um Hilfe. Das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt schaltete das Hinweisportal frei. Dort können Zeugen ihre Videos und Bilder hochladen. Das Portal ist unter folgendem Link erreichbar:
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter vor Ort
- Polizei
- Staatsanwalt in Hagen
- Augenzeugen
- Autobahn GmbH