Wetter in Berlin und Brandenburg - Schlingernder Jetstream weht heißen Wind in die Region

Fr 05.04.24 | 17:27 Uhr | Von Georg-Stefan Russew
Symbolbild: Zahlreiche Menschen sitzen im Mauerpark und genießen das gute Wetter. (Quelle: dpa/Matzka)
Bild: dpa/Matzka

Rekordtemperaturen sind in Berlin und Brandenburg am Wochenende möglich. Sogar die 30-Grad-Marke könnte in der Region getroffen werden. Die Prognosen bis Ende August stehen jedenfalls auf wärmer als normal. Von Georg-Stefan Russew

Für dieses Wochenende sagt der Deutsche Wetterdienst (DWD) ungewöhnlich warme Temperaturen in der Region Berlin und Brandenburg voraus: bis zu 27 Grad und mehr - und das Anfang April. Laut DWD könnte in Potsdam sogar das Allzeithoch für Anfang April von 26,4 Grad übertroffen werden. Wie kommt es zu derart hohen Werten?

Die vorhergesagte ungewöhnliche Hitze hänge nach bisherigem Wissensstand mit Klima-Veränderungen in Grönland und der Arktis zusammen, erklärt der Klimatologe Peter Hoffmann vom Potsdam-Institut vom Klimafolgenforschung (PIK). Das beeinflusse am Ende Luftströmungen, die die europäischen Wetterlagen antrieben.

Warum der Jetstream schlingert

Im Kern sei es so, dass sich Kontinente stärker als Ozeane erwärmten und die Arktis stärker als die Äquatorregion. So komme es zu neuen Temperatur-Gegensätzen, was sich laut Hoffmann dann am Ende auf die Wetterlagen auswirkt.

So beispielsweise beim polaren Jetstream: Dieses Windband zieht um die mittleren Breiten der Nordhalbkugel und weht in acht bis zwölf Kilometer Höhe von Westen nach Osten. Es bildet sich durch den Gegensatz zwischen kalter Luft über dem Nordpol und warmer Luft über dem Äquator und legt sich wie ein Ring um die Erde.

Je schwächer aber der Temperatur-Gegensatz, umso schwächer bildet sich der Jetstream aus. Und das habe Folgen, sagt Hoffmann: Denn je schwächer der Jetstream sei, umso stärker neige dieses Windband zum Schlingern.

Durch einen kurvigen Verlauf kann warme Luft mal weiter nach Norden vordringen, kalte nach Süden. Bisher gewohnte Wetterlagen können auch mal länger bleiben. "Anstatt klassischer Westwind-Wetterlagen prägen zunehmend andere dominante Wetterlagen die Wetter-Variabilität über Europa", so Hoffmann.

Stärkere Extreme

Durch das Abschwächen des Nordatlantik-Einflusses sind laut Hoffmann auch mehr Schwankungen in den Extremen möglich. So kann es beispielweise spät im Jahr noch zu Kälteeinbrüchen kommen - fatal für die Vegetation, so Hoffmann. "Wenn man im April beispielsweise eine ungünstige, kontinentale Lage bekommt, steigt dann das Risiko für Frostschäden zum Beispiel an Obstbäumen", so PIK-Wissenschaftler Hoffmann. Andererseits könnte es früher im Jahr warm werden, was die Vegetationsphasen verschiebt. So seien jetzt bestimmte Pflanzen zwei, drei Wochen früher dran als früher.

Saharastaub aus Südwesten

Für die letzten zwei Monate sei zu sehen, so Hoffmann, dass Europa zunehmend unter den Einfluss von eher südwestlichen Wetterlagen gerate und wärmere Luftmassen über Nordafrika "anzapfe". Südwestwetterlagen seien gehäuft. Dadurch sei man in diesem Jahr schon jetzt auf einem höheren Temperatur-Niveau, sagte Hoffmann. In Summe steige "die Wahrscheinlichkeit dafür, dass wir jetzt genau diese Temperaturrekorde oder neue erreichen", sagte der PIK-Klimatologe. Die warme Luft aus Südwesten brachte über Ostern auch Saharastaub in die Region. In den nächsten Tagen kann das erneut der Fall sein - wenn auch nicht so stark wie zuletzt.

Klimabezugsperiode

Klimabezugsperioden ermöglichen es, den aktuellen Witterungszustand sowohl zum gegenwärtigen Klimazustands einer Region als auch zur langfristigen Entwicklung des Klimas in der Region in Beziehung zu setzen.

Laut Weltorganisation für Meteorologie ist es üblich, zur Erfassung des Klimas und seiner Änderungen Mittelwerte über einen Zeitraum von 30 Jahren zu bilden, um den Einfluss der natürlichen Variabilität aus der statistischen Betrachtung des Klimas auszuklammern.

Temperaturrekorde zu Beginn des Jahres

Laut DWD war 2023 das bisher wärmste Jahr seit dem Beginn regelmäßiger Messungen. Auch wenn der Sommer eher nicht durch große Hitzewellen auffiel, führten ein milder Winter und ein warmer Herbst zu diesem neuen Rekordwert. Und fast nahtlos ging es in 2024 weiter. So meldete der DWD, dass der Februar 2024 der Wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 war.

Und auch der März war rekordverdächtig, erklärt DWD-Klimatologe Andreas Walter. So betrug das Temperaturmittel für ganz Deutschland 7,5 Grad und lag damit 4 Grad über dem Wert der international gültigen Bezugsperiode von 1961 bis 1990, so der DWD-Meteorologe.

Ob sich dieser Trend im Verlauf von 2024 verstetigt, ist laut DWD-Klimatologe Andreas Walter nicht klar, Prognosen sprächen aber dafür. Für den nach verschiedenen Modellen berechneten Zeitraum von März bis Mai 2024 werde demnach ein Temperatur-Plus von bis zu 1,5 Grad über dem zu erwartenden Mittel der Bezugsperiode von 1991 bis 2020 zu erwarten, sagte Walter. "Das ist schon ein signifikanter Wert." Danach pendele sich dies bis Ende August bei maximal einem halben Grad oberhalb dieser Bezugsperiode ein.

Beitrag von Georg-Stefan Russew

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