Kundgebung in Kyritz - Bauern mischen sich unter Demonstranten gegen Rechtsextremismus

Do 01.02.24 | 19:00 Uhr | Von Jennifer Lichnau
Es sind Demonstranten auf einer Demo zu sehen, darunter auch Bauern. Es ist ein Traktor im Hintergrund zu erkennen und es wird ein Schild hochgehalten, auf dem steht " Gegen rechts eure Bauern".
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Video: rbb24 | 01.02.2024 | Material: Jenny Lichnau | Bild: rbb

In Kyritz sind bei einer Demonstration gegen Rechtsextremismus unterschiedliche Gruppen aufeinander getroffen. Die Stimmung war teilweise angespannt. Wer war dabei - und mit welchen Motiven? Von Jenny Lichnau

Hunderte Menschen stehen auf dem Kyritzer Marktplatz in Ostprignitz-Ruppin, um gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren, doch sie schauen nicht auf die Bühne, sondern in die entgegengesetzte Richtung.

Denn es rollen mehrere Landwirte mit ihren Traktoren auf den Marktplatz. Empfangen werden sie von fragenden Blicken aus der Menge. Bauern aus der Region haben sich am vergangenen Montag nicht für die Demo angemeldet, weder bei den Veranstaltern, dem Bündnis "Buntes Kleeblatt", noch bei der Polizei.

"Wir hatten im Vorlauf der Demo viele auf dem Schirm, die kommen könnten", sagt Anja Büchner, Mitveranstalterin der Kundgebung, und nennt beispielsweise den "Dritten Weg". Warum ausgerechnet die Bauern aufgetaucht sind, könne sie sich nicht erklären. Aber allein schon die Traktoren hätten einschüchternd gewirkt, sagt Büchner.

Ein Landwirt spricht auf der Bühne bei Demo gegen Rechtsextremismus

Die Bauern haben Schilder dabei. "Gegen Rechts, eure Bauern", steht auf einem schwarz-rot-goldenem Hintergrund. "Wir sind keine Nazis", sagt Volker Wilke, Landwirt aus dem Kyritzer Umland. Spontan geht er sogar auf die Bühne. Zuvor hatten die Veranstalter die Bühne für Freiwillige freigegeben. Auf der Bühne sagt der Bauern nochmal, dass die Landwirte unrecht als rechts abgestempelt würden. Dann beginnt er gegen die Ampel-Regierung zu schimpfen. Aber nicht nur gegen die. Egal mit welcher Partei, ruft Wilke der Menge entgegen, es werde sich nichts ändern.

Der Ärger über die Ampel-Regierung, Die Wut auf die Politik der letzten zehn Jahre - von Preissteigerungen des Diesels, über das Krankenhaussterben bis hin zur überbordenden Bürokratie - das die Themen, wegen derer er hierergekommen sei, sagt Wilke dem rbb.

Traktoren auf dem Marktplatz

Noch während der Demo fordert die Polizei die Bauern auf, ihre Traktoren vom Marktplatz zu fahren. Aber sie ziehen nicht ab, sondern stellen sich auf eine angrenzende Straße und fangen dann an, minutenlang zu hupen. Dazu gesellen sich mehrere dutzend Menschen, die rot-weißes Flatterband als Erkennungszeichen tragen. Während der Kundgebung spielen sie laute Geräusche aus einem Lautsprecher ab, darunter das Mähen eines Schafs. Wie Landwirt Volker Wilke dem rbb sagt, kennt er einige aus der Gruppe. Das seien Handwerker aus der Region. Auch sie hätten die Nase voll von der Ampel-Politik, erklärt er.

Aufruf in Whatsapp-Gruppe: "Schlafschafe" auf Demo beobachten

In einem Bericht der "Märkischen Allgemeinen", hieß es zunächst, die "Flatterbandaktion" sei initiiert worden, von der sogenannten "Bürgerinitiative Grund- und Menschenrechte". Die Bürgerinitiative gründete sich während Corona. Doch die habe nicht zu einer solchen Aktion aufgerufen, sagt Verena Rein, Sprecherin der Initiative im Gespräch mit dem rbb. Ausschließen, dass einige Mitglieder daran teilgenommen haben, will sie nicht.

Doch einen Aufruf zu der Aktion gab es. Unter anderem In einer Whatsapp-Gruppe mit dem Namen "Kyritz 2024 – Steht auf für die Zukunft". Ein Mitglied der Gruppe ruft zur "Demobeobachtung" auf: "Weit über 100 engagierte Kyritzer Bürger beobachten die von der Partei- und Staatsführung organisierte Demo mit circa 200 zumeist auswärtigen Schlafschafen", heißt es dort. Die Gruppe hat rund 1.000 Abonnenten.

Vom Rand der Kundgebung schallt stotterndes Mähen eines Schafes

Auf der Demo am vergangenen Montagabend waren rund 50 Menschen zu beobachten, die sich zunächst unauffällig am Rand der Kundgebung positionierten. Als die ersten Rednerinnen und Redner die Bühne betreten, darunter die parteilose Bürgermeisterin von Kyritz, Nora Görke, schallen laute Geräusche aus der Ecke der selbsternannten Beobachter. Darunter das stotternde Mähen des Schafes.

Die meisten Demonstranten werfen einen kurzen Blick über die Schulter, um zu sehen, woher die Geräusche kommen. Dann gilt ihre Aufmerksamkeit wieder den Rednern des "bunten Kleeblattes" auf der Bühne. Die reden ungerührt weiter. Nur die Techniker werden kurz hektisch, drehen die eigenen Lautsprecher auf. Die Störaktion läuft ins Leere. Unter Beifall ruft Anja Büchner den Versammelten entgegen: "Unsere Stadt, unsere Region ist vielfältig und bunt. Lasst uns dafür Sorge tragen, dass dies auch so bleibt." Es sei wichtig, die Bühne nicht den Rechtsextremen zu überlassen.

Landwirte kritisieren die Ampel-Regierung

Während die Demo gegen Rechts sich auflöst, hupen die Bauern nochmal ausgiebig und die Flatterband-Träger gesellen sich zur Gruppe der Landwirte. Es werden Hände geschüttelt und sich auf die Schultern geklopft. Keiner sei hier rechts, der Spruch fällt an diesem Abend immer wieder.

Beitrag von Jennifer Lichnau

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