Henry Maske wird 60 - "Als Max Schmeling noch lebte, sagte er: 'Du wirst mich dann spielen'"

Sa 06.01.24 | 08:24 Uhr
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Henry Maske holte in 33 Kämpfen 32 Siege.
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 05.01.2024 | Eik Galley | Bild: IMAGO / Laci Perenyi

Box-Olympiasieger- und Weltmeister Henry Maske wird 60 Jahre alt. Der gebürtige Brandenburger spricht über seinen schwersten Gegner, Förderer Manfred Wolke, den legendären Kampf gegen Graciano Rocchigiani - und seine Fastfood-Filialen.

rbb|24: Herr Maske, was ist härter: Die Vorbereitung auf einen WM-Kampf oder die Woche vor einem großen persönlichen Jubiläum?

Henry Maske: Selbstverständlich die erste Option, also die Kampfvorbereitung. Zweiteres ist viel entspannter.

Wo feiern Sie?

Wir werden uns auf Rügen aufhalten in Binz und dort einen schönen Abend verbringen.

Sie leben mit Ihrer Frau in Overath bei Köln. Warum sind Sie nicht nach Brandenburg zurückgekehrt? Wildenbruch am Großen Seddiner See, ganz in der Nähe Ihres Geburtsortes Treuenbrietzen, ist ein wundervoller Fleck Erde.

Ja, nicht nur der. Brandenburg ist nach wie vor unsere Heimat. Vielleicht haben wir die Gelegenheit, in der Zeit, die uns bleibt, noch einmal zurückzukehren. Wir sind auch gar nicht wirklich weg. Wir leben in Nordrhein-Westfalen seit vielen Jahren und fühlen uns dort außerordentlich wohl. Aber Sie merken, der Hang zu Rügen und den heutigen neuen Bundesländern ist nach wie groß.

Sie sehen immer noch aus, als hätten Sie Ihr Wettkampfgewicht gehalten. Wie machen Sie das?

Ich habe das große Glück, dass ich mich viele Jahre mit Leistungssport beschäftigt habe. Das habe ich mir erhalten. Bei weitem nicht mehr in den Umfängen und der Intensität, aber zumindest in den Grundsätzen. Ich mache das nach wie vor recht nachhaltig und das erhält einige Dinge, die aus der Vergangenheit noch in Erinnerung geblieben sind.

Nach Ihrer Boxkarriere waren Sie auch als Unternehmer mit einer Reihe von Schnellrestaurants erfolgreich. Ich habe mich immer gefragt: Wie kommt dieser disziplinierte Mann dazu, ins Fastfood-Geschäft einzusteigen?

Wie es manchmal Zufälle so wollen, hatte ich mit Leuten zu tun, deren Verwandte schon lange in diesem Dschungel beheimatet sind. Ich habe seinerzeit die jüngste Franchise-Nehmerin Europas kennengelernt. Sie hat mich motiviert und animiert und ich habe mich intensiv damit auseinandergesetzt. Ich fand das so spannend, dass wir zusammenkamen und ich 20 Jahre dort verbrachte.

Zurück zum Boxen: Stets in Ihrer Ringecke war Manfred Wolke, selbst ein Olympiasieger, den Sie als ‘Philosoph unter den Trainern’ bezeichnet haben. Dennoch soll Ihr Verhältnis nicht ungetrübt gewesen sein. Was war so schwierig mit Wolke - oder waren Sie so schwierig?

Das ist sicherlich alles nicht falsch, was Sie andeuten. Ich sage immer: Ich habe von, durch und mit Manfred Wolke unfassbar viel gelernt. Er ist ein Mensch, der unseren Sport sehr selektiv selbst praktiziert und vermittelt hat. Er hat mich motiviert, daran zu arbeiten, meine Stärken wirklich zum Tragen zu bringen und die Schwächen zu kaschieren, die ich ohne Zweifel auch hatte und habe. Seine Art zu boxen war es, den Gegner mit einer hohen Intensität und auch körperlicher Physis zu dominieren. Das hat er bei mir nochmal deutlich verbessert. Somit habe ich es geschafft, meine Gegner größtenteils relativ früh zu dominieren, sodass sie meiner Qualität und meinen Ansprüchen folgten und nicht andersrum.

Eine physische, aber auch mental starke Auseinandersetzung mit ihm. Es waren zwei knallharte Kämpfe - vor allem der erste.

Henry Maske über seine Kämpfe gegen Graciano Rocchigiani

Noch bei den Junioren standen Sie beim Polus Golden Belt Turnier in Polen im Finale. Wissen Sie noch, gegen wen Sie damals ursprünglich boxen sollten?

Ja, gegen Graciano Rocchigiani. Ich habe den Kampf gesehen, bei dem er sich verletzte. Und ich habe gewusst: Wenn der Bursche gegen mich boxen wird, dann wird das nicht leicht werden. Dieser Kelch ging damals noch an mir vorbei. Wir hatten deutlich später zum ersten Mal das persönliche Vergnügen.

Über Ihre beiden WM-Kämpfe gegen den inzwischen verstorbenen Rocchigiani ist viel geschrieben worden. Wie sehen Sie ihn im Rückblick als Gegner?

Als Gegner habe ich ihn sehr respektiert. Er hat in seiner Zeit das gegeben, was er konnte. Ich habe das bekommen, was ich erwartet habe: Eine physische, aber auch mental starke Auseinandersetzung mit ihm. Es waren zwei knallharte Kämpfe - vor allem der erste. Nicht jeder war derselben Meinung wie das Punktgericht beim Urteil. Wir hatten auch später immer wieder das Vergnügen, uns zu treffen. Wir haben uns selbstverständlich beide das Recht herausgenommen, uns nach dem ersten Kampf als Sieger zu erklären (lacht). Das Schöne war: Wir hatten die Gelegenheit, uns intensiver und ganzheitlicher kennenzulernen. Nicht nur während dieser beiden Kämpfe, sondern auch auf anderen Ebenen und wir haben uns immer sehr respektiert.

Viele Boxfans haben sich einen Kampf zwischen Ihnen und Dariusz Michalczewski gewünscht. Warum hat es den eigentlich nie gegeben?

Es gab eine Zeit, in der ich das Gefühl hatte, dass mehr Entertainment als Interesse bestand. Dann habe ich irgendwann mal eine Offerte abgegeben, die seiner Zeit nicht angenommen wurde, weil er - so hieß es in der Begründung - gerade andere Pläne hatte. Ab dem Augenblick habe ich es dabei belassen und gesagt, dass es kein zweites Angebot geben wird.

Sie verloren Ihren WM-Titel dann Ende 1996 gegen Virgil Hill, gegen den Sie zehn Jahre später im Alter von 42 Jahren ein erfolgreiches Comeback bestritten. Was hat Sie dazu getrieben?

Die Niederlage ist nicht weg. Das konnte ich nicht korrigieren. Aber die Leistung, die Art und Weise, gegen Virgil zu boxen, die habe ich in einer strategisch anderen Verfassung und Führung korrigiert. Somit habe ich den Spieß umgedreht und das war mein Ziel. Diese Hoffnung hatte ich in der Situation, als ich auf einmal merkte: Der boxt noch und ist Weltmeister mit 42. Wir sind - eine kleine Korrektur - mit 43 gegeneinander angetreten. Er ist, glaube ich, zwölf Tage jünger als ich. Ich bin am Ende aus dem Kampf als Sieger hervorgegangen. Insofern waren meine Erwartungen nicht unberechtigt, würde ich behaupten (lacht).

Die Experten waren erstaunt und mussten Abbitte leisten. Ich habe inzwischen auch erfahren, dass Sie in der Vorbereitung nicht nur Sparring, sondern auch richtige Boxkämpfe mit Ring- und Punktrichter betrieben haben.

Nein, das ist ein Gerücht. Das waren alles Sparringswettkämpfe. Es gab nur einen Kampf, den man - wenn überhaupt - als solchen bewerten könnte. Aber die weitere Arbeit hing selbstverständlich nicht annähernd davon ab, wie der ausgeht. Nein, nein.

Dann muss das auf Wikipedia korrigiert werden.

Korrekt.

Damals bin ich total deklassiert worden, als vermeintlich bester dieser Gewichtsklasse. (...) Der Bursche hat etwas bei mir gelassen, was ich nie korrigieren konnte.

Henry Maske über seinen Gegner Angel Espinoza

Die größten Momente von Box-Olympiasieger Henry Maske

Auf der Kinoleinwand haben Sie das deutsche Box-Idol Max Schmeling verkörpert. Trotz Schauspielunterricht gab es nur für die Kampfszenen gute Kritiken. Haben Sie es bereut, Regisseur Uwe Boll zugesagt zu haben?

Nein, überhaupt nicht. Ich bin für diesen Versuch, etwas Neues zu machen, sehr dankbar. Jahre vorher, als Max Schmeling noch lebte, bekam er eine Anfrage und schaute mich sofort an und sagte dann: ‘Du wirst mich dann spielen.’. Er hatte mit dieser Umsetzung zwar überhaupt nichts mehr zu tun. Aber das hat mich nochmal zusätzlich motiviert und mir Recht gegeben, dass ich es getan habe. Und ich fühle mich nach wie vor nicht schlecht damit.

Was soll man einen ehemaligen Boxer am Ende des Gesprächs fragen, wenn nicht: Wer war Ihr stärkster Gegner?

Es gibt einen, der leider wie Graciano nicht mehr unter uns ist. Ein Mann, den ich leider nicht schlagen konnte: Angel Espinoza. Ein kubanischer Boxer, hervorragend ausgebildet und von Alcides Sagarra, dem damaligen Verbandstrainer, bestens vorbereitet auf dieses Gefecht gegen mich. Das erste Mal 1987. Damals bin ich total deklassiert worden, als vermeintlich bester dieser Gewichtsklasse. Wir hatten noch zwei weitere Kämpfe. Beide habe ich auf unterschiedliche Art verloren. Der Bursche hat etwas bei mir gelassen, was ich nie korrigieren konnte.

Dafür haben Sie immerhin Pablo Romero geschlagen, der danach seine Karriere beendete, weil er nicht zum dritten Mal hintereinander den Titel gewinnen konnte.

(lacht) Das ist richtig. Wir haben uns viele Jahre lang im Training immer wieder gegenübergestanden. Ich glaube, ich war nicht sein angenehmster Gegner, was ich dann glücklicherweise im Wettkampf auch zeigen konnte.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Thomas Kroh, rbb Sport.

Sendung: rbb Inforadio, 06.01.2024

4 Kommentare

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  1. 4.

    Maske war ein Top Athlet und hat das Boxen aus der "Schmuddelecke" geholt. Und auch menschlich scheint er guter Typ zu sein. Happy Birthday!

  2. 3.

    Boxen ist zwar nicht so mein Ding, aber ich finde den Spitznamen „Gentleman“ trägt er zu recht. So hin und wieder hab' ich bei Herrn Maske auch mal zugesehen ;-).

  3. 2.

    Eine starke Persönlichkeit, die Ebenbürtige neben sich hatte. Wer gönnen kann, macht sich selber stärker...Gute Leute um sich zu haben ist kein Zufall.

  4. 1.

    Ja Angel Espinoza war wirklich, wie Ali sagen würde, wie ein … Schmetterling und eine … Biene. Im Amateurlager habe ich in der Gewichtsklasse nie einen boxen sehen wie ihn. Finde ich gut das Henry ihn überhaupt erwähnt.
    Aber ich hätte im Profilager auch lieber einen Boxkampf zwischen Henry Maske und Dariusz Michalczewski gesehen, ganz einfach weil Dariusz ein exzellenter, sehr beweglicher Boxer, war.

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