Neuregelung der Netzentgelte angekündigt - Bundesländer, die viel grünen Strom produzieren, sollen entlastet werden

Mo 12.06.23 | 17:03 Uhr
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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (B90/Grüne) spricht auf dem Ostdeutschen Wirtschaftsforum (OWF). Auf der Konferenz in Bad Saarow etwa 50 Kilometer südöstlich von Berlin beraten noch bis Dienstag Vertreter von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft über den wirtschaftlichen Wandel. (Foto: dpa)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 12.06.2023 | L. Heisterkamp | Bild: dpa

Regionen mit viel erneuerbarer Energie sehen sich schon länger wegen hoher Netzentgelte benachteiligt. Der Bundeswirtschaftsminister kündigt nun einen Vorschlag für Änderungen am System an.

  • System der Netzentgelte soll reformiert und gerechter aufgeteilt werden
  • Brandenburg verlangt von Bayern und Baden-Württemberg eigene Anstrengungen
  • ökonomisch zurückfallende Regionen besser unterstützen

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat angekündigt, dass der Bund bei der Ministerpräsidentenkonferenz an diesem Donnerstag einen Vorstoß für eine Reform der Netzentgelte für Strom vorlegen will. "Ich denke, dass wir dort einen Vorschlag machen als Bundesregierung, wo wir sagen werden, das ist der Arbeitsauftrag, da wollen wir hin", sagte Habeck am Montag beim Ostdeutschen Wirtschaftsforum in Bad Saarow (Oder-Spree).

Unter den Ländern gibt es Streit um die Netzentgelte. Brandenburg und andere Bundesländer im Norden mit einer vergleichsweise hohen Produktion erneuerbarer Energien sehen sich benachteiligt, weil sie durch den notwendigen Netzausbau auch höhere Kosten als im Süden Deutschlands zahlen.

"Die Logik ist, diejenigen, die erneuerbare Energien ausbauen, sollen nicht höhere Netzentgelte bezahlen als diejenigen, die es nicht tun", sagte Habeck. Dies meinte er auch als "Botschaft" an die Regionen, die noch Nachholbedarf beim Ausbau erneuerbarer Energien hätten.

Woidke verlangt "mehr revolutionären Geist"

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte, Bayern und Baden-Württemberg müssten "eigene Anstrengungen" unternehmen. "Wir können und wollen auch nicht unsere erneuerbaren Energien einfach nach Süden durchschicken." Woidke sagte, er bitte um "mehr revolutionären Geist" mindestens in den beiden Bundesländern.

Habeck: Nicht richtig, dass höhere Netzentgelte in der Region bleiben

Habeck sagte, das Thema der Netzentgelte sei zwischen den Bundesländern strittig, ein Vorschlag der Länder bislang aber nicht gekommen. "Jedenfalls können wir das Problem nicht länger schlummern lassen." Das Netz werde ausgebaut, um Strom zu erzeugen und weiterzugeben, es gebe ja eben keinen regionalen Strommarkt Brandenburg. Es sei nicht richtig, dass höhere Netzentgelte in der Region blieben, sagte Habeck.

Habeck drängt auf Wachstumskurs

Generell könnte die deutsche Wirtschaft laut Habeck im nächsten Jahr etwas stärker zulegen als bisher gedacht. Dann sei ein Wachstum von 1,6 oder vielleicht auch 1,9 Prozent möglich, langsam also wieder normalere Werte, sagte der Grünen-Politiker in Bad Saarow. Die Bundesregierung geht in ihrer aktuellen Konjunkturprognose für 2024 bisher von einem Plus von 1,6 Prozent aus.

Deutschland habe dann aber fünf Jahre wegen der Corona-Pandemie und dann der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine kaum Wachstum gehabt, ergänzte Habeck. "Wir brauchen wieder Wachstum in Deutschland." Deswegen gelte es an den Rahmenbedingungen zu arbeiten, etwa um Investitionen anzulocken.

Woidke: Brandenburg dynamischste Region Deutschlands

Woidke stimmte Habeck zu. Generell sei Brandenburg nach Woidkes Einschätzung wirtschaftlich gesehen die dynamischste Region Deutschlands. In Brandenburg wachse vor allem die Zahl der Industriearbeitsplätze. Als Beispiel nannte er den Elektroauto-Hersteller Tesla, der mittlerweile 11.000 Menschen beschäftige. Außerdem hätten sich in Brandenburg zahlreiche Unternehmen aus der Batterie-Industrie angesiedelt. "Wir kriegen in unserem Land Stück für Stück, was wir über 30 Jahre nicht hatten - Wertschöpfungsketten."

Eine wesentliche Ursache für den wirtschaftlichen Erfolg sei, dass Brandenburg seit vielen Jahren auf erneuerbare Energien gesetzt habe. Das Land produziere im Verhältnis zur Bevölkerung mehr erneuerbare Energie als jedes andere Bundesland. Es gebe schon 4.000 Windkraftanlagen in Brandenburg. Diese Zahl solle in den kommenden zehn Jahren verdoppelt werden.

"Bei uns kann man sehen, wie Transformation laufen kann und wie sie vermutlich auch laufen muss", sagte Woidke. Brandenburg mache Transformation zu einem "Erfolgsmodell made in Germany". So könnten andere Staaten sehen, dass sich dieser Weg lohne. Er plädierte dafür, Planungsverfahren zu beschleunigen und Rechtswege zu verkürzen. Einsprüche sollten nur noch vor einem einzigen Gericht möglich sein, nämlich dem Bundesverwaltungsgericht.

Transformationsprozesse in ökonomisch zurückfallenden Regionen beschleunigen

Zudem erklärte Habeck in Bad Saarow, dass die ostdeutsche Wirtschaft sich in den vergangenen Jahren enorm entwickelt habe. "Natürlich sehen wir, dass die gute ökonomische Entwicklung nicht automatisch einzahlt zu einer Akzeptanz von Zusammenhalt und offener Demokratie", sagte der Grünen-Politiker. Wäre die Entwicklung aber viel schlechter, würden ökonomisch zurückfallende Regionen sicherlich anfälliger werden für undemokratische Entwicklungen. Daher gehe es auch darum, bei der Transformation an Wirtschaftsstandorten wie Schwedt, Leuna und der Kohleregion Lausitz voranzukommen und diese zu unterstützen.

Das Ostdeutsche Wirtschaftsforum, bei dem Bundes- und Landespolitiker mit Wirtschaftsmanagern und Spitzen von Verbänden zusammenkommen, dauert noch bis Dienstag.

Sendung: Antenne Brandenburg, 12.06.2023, 15:10 Uhr

40 Kommentare

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  1. 40.

    Ein weiterer Funktionär in Habecks Umfeld, sein Staatssekretär Phillip, ist ins Gerede gekommen. Udo Philipp weiß wo das Geld wächst, darum hat er viele Neider. Alles nicht schlimm, fast normal, doch als Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium geht sowas nicht.

  2. 39.

    Nur mal für Sie zur Nachhilfe: ES heißt richtig die Freien Wähler und die sind nichts rechts. Wenn Sie schon kommentieren, dann bitte auf die richtige Schreibweise achten.

  3. 38.

    Da kann er aber seine Parteikolleginnen der SPD, Rehlinger und Dreyer, ihres Zeichens jeweils MP von Saarland und Rheinland Pfalz gleich mit einbeziehen. Die wehren sich mit Bayern, BW und Hessen gemeinsam gegen eine Umverteilung der netzentgelte, wollen aber den grünen Strom aus Brandenburg haben....

  4. 37.

    Mir würde es gefallen, wenn man den anderen Ländern etwas verkaufen kann...möglichst viel und lange :-)
    Wenn es erkannt wird.

  5. 36.

    Natürlich ist der Lieblings-Feind der Neofaschisten schuld am Höhenflug der AfD, weswegen die dessen Rücktritt fordern.

  6. 35.

    Neudeutscher? Die Strompreise waren schon unter Merkel so hoch.

  7. 34.

    Dem Herrn Habeck sollte jemand sagen, dass "viel grünen Strom produziert" heißt, ein backup-System in etwa gleicher Größenordnung zu bevorraten, denn die Sonne scheint und der Wind weht nicht immer und obendrein Strom, auch grüner, nicht speicherfähig ist. Solche Parallelsysteme leistet sich sonst kein Land der Welt. Da Herr Habeck keinen Atomstrom möchte, muss er für die Backup Systeme nolens volens den Atomstrom und fossile Energie im Ausland einkaufen, da Herr Habeck die eigene fossile Energie ja auch nicht mehr haben möchte.

  8. 33.

    -So könnten andere Staaten sehen, dass sich dieser Weg lohne.

    Andere Staaten sehen, daß wir den höchsten Strompreis europaweit haben und winken lachend ab. Niemand folgt uns auf dem großen Weg der grünen Transformation.

  9. 32.

    Eigentlich müsste doc der Söder sogar über die Netzentgelte jubilieren, posaunt er doch ständig in die Welt wie viel Strom in Bayern aus erneuerbarer Energie produziert wird. Dort müssen aber auch regelmäßig PV-Anlagen abgeregelt werden, wer er und sein Spannemann Aiwanger von den rechten Wählern nicht nur überregionale Stromtrassen blockiert haben, sondern auch regional ihre Hausaufgaben nicht haben machen wollen.

  10. 31.

    Bezüglich der Netzentgelte hat es das offensichtlich. Nun müssen nur noch Taten folgen. Ein Zitat aus der Berliner Zeitung: "Und ganze neun Millionen Megawattstunden an grünem Strom wurden in andere Länder und Bundesländer exportiert, auch in den Süden nach Bayern. Dort kommt der Ausbau von Erneuerbaren hingegen kaum voran. Schleswig-Holstein ist so etwas wie der Klassenstreber mit Spitzenleistungen, Bayern der störende Klassenclown mit miesen Leistungen."

  11. 30.

    Habeck sollte endlich für Vetternwirtschaft Konsequenzen ziehen u. zurücktreten.
    Ansonsten steigen die Umfragewerte für die AFD noch höher!

  12. 29.

    Das Wachstum von dem der Minister hier bei der Wirtschaft träumt, geht nur ansatzweise, wenn entbürokratisiert wird für Wirtschaft und Arbeit und die Steuern, Abgaben und Energiekosten deutlich fallen. In Finnland kostet den Privathaushalt die Kilowattstunde 4ct, wieso bekommen wir das in Deutschland nicht auch annähernd so hin? Hier wird die Zukunft unseres Wirtschaftsstandorts aktuell gefährdet. Das muss enden, ohne Wirtschaft, keine Gehälter, keine Steuern, somit keine Investitionen...

  13. 28.

    Deutschland hat über 80 Millionen Einwoher. Es gibt ein rechtsextremes Potenzial samt Mitläufer, das sich örtlich zwischen 10 und 30 Prozent bewegt. Im Osten höher als im Westen. Gefestigte Rechtsextremisten können Sie nicht so einfach "bekehren". Die wollen keine Demokratie, sondern ein autoritäres, totalitäres System mit extremer Schlagseite nach rechts. Denen ist es egal, wer gerade in der demokratischen Regierung ist. Sie werden sie alle "jagen" ...

    Bei mehr als 80 Millionen Einwohner sind diese 10 bis 30 Prozent ein paar Millionen Leute, richtig. Es ist aber trotzdem nur eine Minderheit. Die restlichen 70 bis 90 Prozent (je nach Region) sollten sich nicht von Leuten auf der Nase herum tanzen lassen, die dieses Land hassen. Wer nicht auf dem Boden des Grundgesetzes steht, kann gerne in eine Diktatur oder in einen autoritären Staat seiner Wahl auswandern. Vielleicht ja zu Putin. Viele AfD-Anhänger sind ja große Russland-Fans. Was schon einiges über dieses Klientel aussagt ...

  14. 27.

    Sorry. Aber der Titel ist schon sicher bei Herrn Wissing untergebracht und wird vermutlich dort auch für den Rest der Legislatur verbleiben.

  15. 26.

    Solange die Ampelregierung Deutschland und seine Bürger so behandelt als wären wir ein kleines, unmündiges aber bezahlendes Bundesland der Ukraine oder die Tür nach Deutschland steht der Welt offen…… dann ist 20% AfD kein Wunder. Und 20% bedeutet Millionen Bundesbürger und nicht nur eine Partei

  16. 25.

    Denkt der Mann eigentlich mal mit.

  17. 24.

    Woidke: „So könnten andere Staaten sehen, dass sich dieser Weg lohne.“
    Er könnte überzeugen. Wenn er „lohne“ in Euro ausdrücken würde. Kann er aber nicht. Luftnummer? Genauso die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen und sozialabgabepflichtigen Arbeitsverträge. Alles stagniert. Wie ist das möglich bei angeblich neuen Wertschöpfungsketten? Die Kennzahlen sagen keine Verbesserung aus. Luftnummer?
    Und bei „ökonomisch zurückfallende Regionen“ hebt Herr Woidke als erster die Hand? Wenn Geld verteilt wird? Wie passt das? Wenn sich was lohnt, dann ist man Geberland!

  18. 23.

    Grüne Politiker/Politikerinnen, waren/sind und werden nie tragbar sein.
    Sie machen Berlin/Deutschland einfach nur zu einer Lachnummer

  19. 22.

    Herr Habeck will dies - Herr Habeck will das. Nur gut, dass er letztendlich nicht alles allein entscheiden darf. Hätten die CDU Vorgängerregierungen die Notwendigkeit der Energiewende nicht ignoriert, hätte die Ampel es heute leichter, den Scherbenhaufen abzubauen.

  20. 21.

    20% AFD ruinieren Deutschland und nicht ein Wirtschaftsminister, der notwendige Strukturreformen voranbringt.

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