Institut veröffentlicht Zustandsbericht - Fischbestand in der Oder um bis zu zwei Drittel zurückgegangen

Mo 26.06.23 | 17:27 Uhr
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Archiv: Die Fischereibiologen Christian Wolter (l-r), Lutz Wende und Jan Hallermann vom Leibnitz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) sammeln mit Hilfe von Elektroangel und Kescher Fische aus dem Fluss Oder bei Reitwein. (Foto: dpa)
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Video: Brandenburg Aktuell | 26.06.2023 | Michael Lietz | Im Gespräch: Kristin Joachim | Bild: dpa

Die Salzbelastung der Oder ist derzeit ähnlich hoch wie im August 2022. Das Leibnitz-Institut für Gewässerökologie hat am Montag ein beunruhigendes Zwischenergebnis zum Zustand des Grenzflusses veröffentlicht.

Der Bestand der Fische in der Oder hat als Folge der Umweltkatastrophe im vergangenen Sommer um bis zu zwei Drittel abgenommen. Das zeigen wissenschaftliche Untersuchungen zum Zustand des deutsch-polnischen Grenzflusses in diesem Frühjahr, die am Montag vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) vorgestellt wurden. Zudem sei die Salzbelastung der Oder aktuell ähnlich hoch wie im August 2022.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) bezeichnete die Situation am Montag als "bedrückend". Sie sagte im IGB in Berlin, dass die Zeit dränge, um den hohen Salzgehalt in der Oder zu verringern, der wahrscheinlich aus dem polnischen Bergbau stamme. Bislang sei in Polen aber "kein Paradigmenwechsel zu erkennen", so Lemke weiter.

Fischbestände um bis zu 67 Prozent reduziert

Die Bundesumweltministerin informierte sich in dem Forschungsinstitut über die bisherige Schadensbilanz nach der Umweltkatastrophe und die Erholung der Fischbestände. Sowohl die deutsche Politik als auch die Wissenschaft fürchten, dass sich das massenhafte Fischsterben aus dem vergangenen August in diesem Sommer wiederholt. Vor allem in der Strommitte der Oder hätten die Fischbestände um 53 bis 67 Prozent abgenommen, sagte der IGB-Experte Christian Wolter am Montag nach Befischungen im Fluss.

Rund 1.000 Tonnen toter Fisch

Salzgehalt, Niedrigwasser, Temperaturen und das Gift der Algenart Prymnesium parvum, die auch Goldalge genannt wird, gelten als Ursachen für das massenhafte Fischsterben. Laut neuesten Angaben des IGB-Wissenschaftlers Wolter verendeten geschätzt rund 1.000 Tonnen Fische. Die Zahlen liegen höher als bisher angenommen, denn viele Fische konnten nicht vom Ufer abgesammelt werden, da sie etwa auf den Flussgrund sanken, wie es hieß. Besonders stark vom Rückgang betroffen sind laut Wolter Arten wie Ukelei oder Güster.

"Es gibt eine gewisse Beunruhigung, dass die Situation an der Oder der vom vergangenen Sommer ähnelt", sagte der IGB-Vizedirektor Thomas Mehner. Am meisten hat sich die Giftalge demnach in dem Wasserabschnitt bei Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) vermehrt.

Lemke erklärte am Montag, dass es europaweit keine Grenzwerte für Salzeinleitungen gebe, weil sie bislang als unproblematisch für das Ökosystem galten. Doch durch das Auftauchen der Goldalge sei die Situation nun eine andere, auf die man reagieren müsse, unterstrich sie.

Polen kippt weiter Salz in die Oder

Vor einigen Tagen waren laut Woiwodschaft Opole im Gleiwitzer Kanal, der von der Oder abzweigt, sowie im nahen Kedzierzyn-Kanal insgesamt 450 Kilogramm toter Fische geborgen worden. In beiden Kanälen wurde bei Proben auch die giftige Goldalge nachgewiesen.

Bundesumweltministerin Lemke hatte sich wegen des neuen Fundes toter Fische besorgt geäußert. "Polen ist aufgefordert, die Einleitungen in die Oder zu reduzieren", teilte Lemke nach dem Bekanntwerden mit. Im April hatte sie gesagt, sie vermute, dass die polnische Bergbauindustrie für die Salzeinleitungen verantwortlich sei.

Trotz zahlreicher Appelle an Polen konstatierte der Brandenburger Umweltminister Axel Vogel (Grüne) zuletzt: "Wir können jedenfalls nicht feststellen, dass sich an den Salzleitungen etwas geändert hat."

Sendung: Brandenburg Aktuell, 26.06.2023, 19:30 Uhr

4 Kommentare

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  1. 4.

    "Lemke erklärte am Montag, dass es europaweit keine Grenzwerte für Salzeinleitungen gebe, weil sie bislang als unproblematisch für das Ökosystem galten." Das ist der Schlüsselsatz. Man kann es also nur auf diplomatischem Weg im Einvernehmen mit allen Anrainern der Oder klären und nicht durch frontale und öffentlichkeitswirksame gegenseitige Vorwürfe mit befehlscharakter.

  2. 3.

    „Um tote Fische zu besichtigen muss unsere Umweltministerin nicht an die Oder fahren, die kann sie auch bei uns in der Hauptstadt in Spree und vor allem im Landwehrkanal bewundern“

    Und dann? Hätte Sie tote Fische in der Spree und / oder im Landwehrkanal gesehen; na, super … Was haben die nun mit der Situation in der Oder zu tun? – Genau, absolut gar nichts!

    Wenn Sie Schlaumeier den Artikel auch nur halbwegs aufmerksam gelesen hätten, könnten Sie übrigens wissen, dass darin aber auch wirklich rein gar nichts davon zu lesen ist, dass unsere Frau Umweltministerin irgendwo an die Oder gefahren wäre – sondern, dass Frau Lemke das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in BERLIN besucht hat …

  3. 2.

    Leider werden die Lösungen ein paar Jahre brauchen. Z.B. der Bau von Wasserspeichern, um die Kapazität der Kanalisation zu erhöhen.
    Eine weitere Möglichkeit wäre eine konsequente Flächenentsiegelung, damit Regenwasser versickern kann, anstatt in die Kanalisation zu fließen.
    In beiden Fällen soll verhindert werden, dass die Kanalisation bei Starkregenereignissen überflutet wird und das kontaminierte Wasser in natürliche Gewässer fließt

  4. 1.

    Um tote Fische zu besichtigen muss unsere Umweltministerin nicht an die Oder fahren, die kann sie auch bei uns in der Hauptstadt in Spree und vor allem im Landwehrkanal bewundern, vielleicht gibt es da auch noch was zu tun!

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