Krankenhaus Eisenhüttenstadt - Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen wegen hoher Kaiserschnitt-Rate ein

Mi 03.01.24 | 15:09 Uhr
Ein CTG zeigt die Herztöne eines Ungeborenen. . Am 21. April 1610 wurde im nahen Wittenberg der erste dokumentierte Kaiserschnitt in Deutschland durchgeführt. Insbesondere in den letzten Jahrzehnten steigt die Kaiserschnittrate international an. (Foto: dpa)
Audio: Antenne Brandenburg | 03.01.2024 | Nachrichten | Bild: dpa

Eisenhüttenstadt ist in den vergangenen Jahren mit einer sehr hohen Kaiserschnitt-Rate aufgefallen. Frauen hatten berichtet, dass sie in der Klinik gegen ihren Willen dazu gedrängt worden seien. Nun hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) wird keine weiteren Ermittlungen wegen der auffällig hohen Kaiserschnitt-Rate am Krankenhaus Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) führen. Ein entsprechendes Verfahren wurde jetzt eingestellt, sagte eine Behörden-Sprecherin dem rbb. Der Anfangsverdacht einer Straftat bestehe demnach nicht.

Kaiserschnitt-Rate lag 2023 bei 75 Prozent

Hintergrund der Ermittlungen ist die Tatsache, dass mehr als jede zweite Frau in der Geburtsklinik des Städtischen Krankenhauses Eisenhüttenstadt ihr Kind nicht auf natürlichem Weg bekam, sondern mithilfe einer Operation - eines Kaiserschnitts.

2023 lag die Quote nach rbb-Informationen bei 75 Prozent. Das ist deutschlandweiter Rekord. 2022 waren es nach Angaben des Landes rund 60 Prozent. Im Landes- und Bundesdurchschnitt waren im gleichen Zeitraum rund 30 Prozent aller Geburten Kaiserschnitte. Mütter sagten dem rbb, dass sie auch gegen ihren ursprünglichen Willen in Eisenhüttenstadt operiert wurden und per Kaiserschnitt ihr Baby bekamen.

Seit Sommer 2023 ermittelte die Staatsanwaltschaft

Im vergangenen Sommer hat sich die die Frankfurter Staatsanwaltschaft eingeschaltet und ist einem vagen Anfangsverdacht einer Straftat nachgegangen. Doch eine Beschlagnahme hunderter Patientenakten in der Klinik wäre nicht verhältnismäßig gewesen, zumal bislang weder eine betroffene Mutter noch ein Insider aus dem Krankenhaus Strafanzeige beispielsweise wegen Körperverletzung erstattet habe, so eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Auch hätte die Aktion nur wenig gebracht, so die Einschätzung eines von der Staatsanwaltschaft befragten Rechtsmediziners. Von der Papierform, so der Mediziner, wäre in den Akten wahrscheinlich alles sauber dokumentiert worden - wie beispielsweise Wehentätigkeit oder Medikamentengabe unter der Geburt.

Krankenhaus verneinte medizinisch nicht notwendige Operationen

In diesem Zusammenhang verwies Klinik-Geschäftsführer Thomas Lips Mitte November auch auf Prüfungen des Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK). Diese hätten sich die Vorgänge zu 31 Geburten angesehen. Dabei hätten sich jedoch keine Hinweise ergeben, dass Frauen zum Kaiserschnitt gedrängt worden seien.

Unabhängig davon sei vom Krankenhaus zudem eine Rechtsanwaltskanzlei damit betraut worden, per stichprobenartigen Gutachten sich dem Thema zu nähern und vorgenommene Geburten zu überprüfen. Ergebnisse hierzu lägen laut Lips noch nicht vor.

Ein Fragenkatalog, den der rbb im vergangenen Jahr an die Landesärztekammer zusandte, blieb bislang beantwortet. Laut Krankenhaus-Chef Lips hatte sich eine Kommission der Landesärztekammer mit der hohen Kaiserschnitt-Rate schon seit Jahren beschäftigt. Durch die Corona-Pandemie seien die Konsultationen aber eingeschlafen, so Lips.

Die Frage, ob zum jetzigen Zeitpunkt ausgeschlossen werden könnte, dass es medizinisch nicht notwendige Kaiserschnitte gab, verneinte Lips.

Kreißsaal seit Juli 2023 wegen Personalmangels geschlossen

Geburtsklinik und Kreißsaal in Eisenhüttenstadt sind seit Sommer 2023 wegen Personalmangels auf unbestimmte Zeit geschlossen. Fünf Jahre lang habe sein Haus versucht, Personal und auch Ressourcen aufzufüllen, so Lips. Das sei nicht gelungen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 03.01.2024, 10:30 Uhr

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