Pilotprojekt in Wusterhausen/Dosse - Die Drohne bringt Brot und Eier

So 22.10.23 | 09:14 Uhr | Von Simon Wenzel
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Symbolbild: Eine Drohne setzt zur Landung an. (Quelle: dpa/Uwe Anspach)
Bild: dpa/Uwe Anspach

Einkaufen ist im ländlichen Raum häufig mit langen Wegen verbunden. Vor allem für ältere Menschen kann das zur Hürde werden. In einer Brandenburger Gemeinde sollen deshalb bald erstmals Drohnen den Einkauf liefern. Von Simon Wenzel

  • Ab März 2024 wird in Wusterhausen/Dosse Lebensmittellieferung per Drohne erprobt
  • Finanzierung des 500.000-Euro-Projekts kommt größtenteils vom Bund
  • Projektleiter ist die Berliner Firma "Luftlabor"
  • Modell derzeit noch nicht langfristig wirtschaftlich

Es klingt futuristisch, was sich in einem halben Jahr in Wusterhausen/Dosse (Ostprignitz-Ruppin) abspielen könnte: Einkäufe, die kilometerweit durch die Luft von Drohnen transportiert werden. In Brandenburg wird ein Pilotprojekt der Bundesregierung durchgeführt. Eine Machbarkeitsstudie gibt es bereits, die letzten Vorbereitungen laufen und schon ab März sollen sich die Anwohner der Gemeinde ihre Einkäufe liefern lassen können. Allerdings zunächst nicht von überall und auch nicht vor die Haustür.

Von Wusterhausen nach Trieplatz, Blankenberg und Barsikow

So soll das Pilotprojekt ablaufen: An den Markttagen in Wusterhausen, dienstags und freitags, können die Bewohner auf einer Bestellplattform einkaufen - hier gibt es digital das Sortiment der Markt-Händler. In Wusterhausen am Marktplatz sitzt dann der sogenannte "Dispatcher", eine Person, die die Bestellung erhält und anschließend mit der Einkaufsliste über den Markt geht, um den gewünschten Warenkorb zusammenzustellen. Anschließend bringt sie die Produkte zum naheliegenden Drohnenstartplatz, lädt sie in die Transportbox und schickt die Bestellung auf den Weg.

Aus Wusterhausen fliegt die Drohne auf vordefinierten Flugrouten zu einem Landeplatz, wo der Kunde seine Waren aus der Transportbox der Drohne entnehmen kann. Die Bezahlung erfolgt per Lastschrift. Die Kunden müssen registriert sein und sich am Eingang zum Landeplatz authentifizieren. In der einjährigen Testphase sollen die Ortsteile Trieplatz (rund 10 Kilometer entfernt von Wusterhausen), Blankenberg (rund 14 km) und Barsikow (rund 8 km) angeflogen werden.

"Wusterhausen hat 22 Ortsteile, wir sind eine Flächengemeinde", sagt der Bürgermeister der Gemeinde, Philipp Schulz, im Gespräch mit rbb|24. "Die Wege sind sehr sehr lang, es gibt zwar Busverbindungen, aber auch nicht aus jedem Ortsteil einmal in der Stunde nach Wusterhausen. Es war deshalb unser Wunsch, eine Verbesserung herbeizuführen", so Schulz.

Es soll so niedrigschwellig wie möglich sein, wir machen kein Glamourprojekt.

Projektkoordinator Tobias Biehle

Zielgruppe ältere Menschen - Bestellungen sind auch per Telefon möglich

In Wusterhausen gebe es außerdem viele ältere Menschen, deren Mobilität teilweise eingeschränkt sei, sagt der selbst erst 37-jährige Bürgermeister. Die Senioren sind die wichtigste Zielgruppe des Pilotprojekts. Damit es nicht an fehlenden Online-Kompetenzen scheitert, sollen Bestellungen auch konventionell möglich sein - per Telefon. Die Menschen können beim Dispatcher am Marktplatz anrufen und beispielsweise Brot und Eier bestellen. "Wir haben von Anfang an gesagt: Es soll so niedrigschwellig wie möglich sein, wir machen kein Glamourprojekt", sagt Tobias Biehle von der Firma Luftlabor, er ist gemeinsam mit seinem Kollegen Robin Kellermann der Projektkoordinator.

Für Großeinkäufe ist die Drohne laut Biehle (noch) nicht gedacht. Die Lieferungen sollen vor allem älteren Leuten den umständlichen Weg nach Wusterhausen ersparen oder jungen Familien behilflich sein, wenn sie ein paar Kleinigkeiten vergessen haben. "Die Drohnen, mit denen wir arbeiten, können nicht die Masse eines Wocheneinkaufs für eine Großfamilie transportieren", sagt Biehle. Technisch wäre das möglich, es gibt bereits Drohnen mit über 20 Kilo Traglast. Für das Pilotprojekt wurden aber zunächst kleinere, leisere Drohnen gewählt, wie Biehle sagt.

Die können bis zu fünf Kilogramm tragen, ihre Reichweite beträgt zwischen 30 und 50 Kilometern. Für das Projekt rechnet Biehle mit sechs bis acht Flügen pro Markttag - macht rund 650 Test-Flüge in der einjährigen Versuchsphase.

Drohnen müssen streng überwacht werden

Noch gibt es einige Fragen. Zum Beispiel, ob die Drohne erst dann in Richtung eines Ortsteils abhebt, wenn die Lieferbox voll genug ist - oder ob sie tatsächlich für jede Packung Eier nach Trieplatz oder Blankenberg fliegt. Bürgermeister Schulz sagt, in der Bevölkerung gebe es vor allem Bedenken, ob die Reichweite des Funksignals tatsächlich bis in die Ortsteile reiche, "dass es da keine im wahrsten Sinne des Wortes Irrflüge gibt", sagt Schulz.

Die Signal-Tests sind Grundlage dafür, damit es im März los gehen kann und ein wichtiger Punkt auf der To-Do-Liste von "Dronegy", dem technischen Partner. Zur Not müsse nachgerüstet werden, mit Signalverstärkern, sagt Projektkoordinator Tobias Biehle.

Die Drohne fliegt automatisiert von Wusterhausen zu einem der anderen drei Landeplätze und zurück. Ihre Routen sind vorab definiert, beantragt und genehmigt worden. Auch wenn die Drohne ihr Ziel selbst findet, darf sie allerdings nicht ohne Überwachung fliegen: Ein Pilot von "Dronegy" überwacht, dass in der Luft und bei der Landung alles nach Plan verläuft - sein Job ähnelt dem eines Fluglotsen. Bisherige Praxis ist hierfür ein strenger Betreuungsschlüssel: Jede Drohne soll ihren eigenen Beobachter haben, so wollen es die Behörden. Tobias Biehle geht davon aus, dass sich das irgendwann ändert und ein Fernpilot dann fünf oder zehn Drohnen überwachen darf. Das wäre ein entscheidender Schritt, um aus dem Test irgendwann ein lohnendes Geschäftsmodell zu machen, sagt Biehle.

Aus den Liefergebühren alleine lässt sich so ein Lieferbetrieb derzeit noch nicht finanzieren.

Projektkoordinator Tobias Biehle

Bürgermeister hofft auf Fortsetzung des Projekts

"Aus den Liefergebühren alleine lässt sich so ein Lieferbetrieb derzeit noch nicht finanzieren, das muss man ganz klar so sagen", sagt Biehle. Neben den Betriebskosten, müssten auch die Anschaffungskosten für Drohnen und deren Landeplätze noch sinken. Viel Hoffnung auf baldige Lösung dieser Probleme machen sich die Projektkoordinatoren aber nicht: Vor 2027 rechnet Tobias Biehle nicht damit, dass sich an den Auflagen zum Drohnenbetrieb etwas ändert.

Hilfreich für Gemeinden könnte eine Mischkalkulation sein, wenn Lieferdrohnen zusätzlich für andere Zwecke genutzt würden, beispielsweise bei der Feuerwehr oder in der Landwirtschaft. Das weiß auch Bürgermeister Schulz. Er hofft dennoch, das das Pilotprojekt erst der Anfang ist. "Ein solcher Versuch kann ja auch ein Baustein sein, um so etwas auf wirtschaftlich sichere Füße zu stellen", sagt er, "es wird spannend sein, ob sich während der Projektphase ein Verein oder ein kommerzieller Anbieter findet, der das ganze weiter bestreiten will."

Das Pilotprojekt finanziert sich hauptsächlich über Fördermittel. Rund 526.000 Euro kostet der Versuch insgesamt, rund 420.000 Euro davon übernimmt derzeit die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung in der Fördermaßnahme "LandVersorgt", den Rest teilen sich die Gemeinde Wusterhausen/Dosse und die beiden Unternehmen Luftlabor und Dronegy. Wusterhausen investiert nach Angaben seines Bürgermeisters rund 16.000 Euro.

Im Moment fehlt noch ein Dispatcher

Bevor im März 2024 die ersten Drohnen durch Wusterhausen fliegen, haben Tobias Biehle und seine Kollegen noch einiges zu erledigen. Die Drohnen-Landeplätze müssen eingerichtet werden, die Netzabdeckung überprüft und gegebenenfalls verbessert, an der Website für die Online-Bestellungen wird noch gearbeitet und ein ganz zentraler Job ist auch noch nicht vergeben: Dispatcher werden derzeit gesucht. Die Personen also, die Bestellungen aufnehmen, sie am Marktplatz einkaufen und in die Drohne verladen. Hierfür muss Biehle noch genauso die Werbetrommel rühren, wie zur Gewinnung künftiger Kunden.

Beitrag von Simon Wenzel

27 Kommentare

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  1. 27.

    Bis zu 10 km ,da lohnt sich kein Transport mit dem Lastenrad,ne da muss eine Supertüre Drohne her.Mit dem Geld könnte man auch einen Tante-Emma-Laden auf Rädern Sponsoren.Aber ne Drohne???

  2. 26.

    Zwei Dinge sind auseinanderzuhalten:
    Herr Woidke hat sich vor Löschdrohnen fotografieren lassen. Das weckt Erinnerungen an Luftschiffe. Er wollte aber ganz anders wirken...
    Wenn es gelingt, gratuliere ich ernsthaft. Ich habe gute Gründe so zu argumentieren wie ich es mache...

  3. 25.

    >"Ich dagegen haben den Luxus, in einem Radius von vielleicht einem halben Kilometer mindestens sieben große und zwei kleine, spezialisierte Supermärkte vorzufinden."
    Ja das ist doch schön für Sie und bleiben Sie ruhig dort. Andere Gegenden, andere Anforderungen. Und die könnte eben sein, Medikamente aus der einen Apotheke ins Nachbardorf zu bringen ohne für 2 Schacheln gleich ein Auto zu nehmen. Oder Drogerieartikel... oder Bäckerbrot... oder anderes, das nicht so schwer ist.
    Für mehr Auswahl fahren die Leute dann eben mal nach Kyritz oder Neruppin. Jeden Tag brauchts auch nicht diese Riesenauswahl. Und ehrlich: Bio-Zeugs haben viele aufm Land im eigenen Garten und für die Alltagsbedürfnisse reicht die Auswahl von 2 Supermärkten auch aus. Es ist eh irgendwie immer hier wie dort dasselbe in Grün.

  4. 24.

    "Risikokapital ist etwas Gutes und ganz anderes, mit Bedacht ausgegeben."
    Ja aber leider gibt es davon zu wenig weil insbesondere in Brandenburg die Skepsis vor neuem überwiegt.
    Ham wa schon immer so gemacht.
    Nicht jeder möchte sich amerikanischem oder chinesischem Kapital unterwerfen.
    Daher muss dann eben der Staat ran und solchen Startups auf die Beine helfen, auch mit dem Risiko dass es schief gehen kann. Mindestens die gesammelten Erfahrungen fließen ja in die weitere Entwicklung ein.
    Was sagen Sie, wenn es ein Erfolg wird? Im vorliegenden Fall übrigens Gelder des Bundes hat also mit Hr. Woidke null zu tun auch wenn Sie Ihm das im Falle des Scheiterns trotzdem auf den Zettel schreiben werden.
    Keine Ahnung wenn ich genug Geld hätte, vielleicht würde ich mehr Risiko wagen bzw. unterstützen.

  5. 23.

    Gerade in einer kleinen Stadt können die Wege in "die Ortsteile Trieplatz (rund 10 Kilometer entfernt von Wusterhausen), Blankenberg (rund 14 km) und Barsikow (rund 8 km)" sogar deutlich länger sein als es selbst Radfahrer lieb ist. Zwei Discounter am Rand des Hauptortes und eine Apotheke zeugen zudem nicht von einer großen Auswahl. Ich dagegen haben den Luxus, in einem Radius von vielleicht einem halben Kilometer mindestens sieben große und zwei kleine, spezialisierte Supermärkte vorzufinden.

  6. 22.

    >"Jahrzehnte lang schön mit dem Auto zum großen Laden fahren statt fünf Mark mehr im nahen Geschäft zahlen rächt sich irgendwann."
    1. Ist Wusterhausen eine Stadt, wenn auch eine kleine.
    2. Gibts auch Supermärkte in Wusterhausen. Die sind sogar aus der Innenstadt fußläufig zu erreichen, weil... ist ja ne kleine Stadt. ;-)
    3. Auch in ländlichen Regionen möchten die Menschen mehr als Brot, Butter, Milch und Eier aus nem kleinen Laden zum täglichen Leben. Ein nahes Geschäft, das viele Lebensbedarfe abdeckt, nennt sich Supermarkt oder Discounter.
    4. Dieses hier beschriebene Projekt kann ein Ausgleich der fehlenden Mobilität gerade älterer Menschen auf dem Land sein. Apotheken z.B. oder andere Spezialgeschäfte wären so besser erreichbar für die Kunden. In diesem Fall kommt die Ware schnell zum Kunden, statt Oma Hilde ausm Nachbardorf mit Rollator über Stock und Stein bis in den Laden.

  7. 21.

    Stimmt, auf dem Land zahlen wir keine Steuern.
    Stadt macht wirr im Kopf.

  8. 20.

    Ich habe es anders gemeint. Risikokapital ist etwas Gutes und ganz anderes, mit Bedacht ausgegeben.
    Ich kritisiere, dass man in Brandenburg nicht mit Geld umgehen kann. Die Ursachen finden sich in der grundsätzlichen Einstellung der „Weiterreicher“ von Steuermitteln.
    Hätten Sie, wenn Sie könnten, Ihr Geld gegeben für soetwas? (Herr Woidke hat sich neben den Löschdrohnen fotografieren lassen, was meinen Sie warum?)

  9. 19.

    Berlin ist die Stadt mit dem größten Anteil an Sozialhilfeempfänger. Da kommen bestimmt sehr viele Steuern zusammen.
    Man oh man
    Ihr wollt alle witzig sein und schreibt mir Müll.

    Die Idee mit den Drohnen wird sich selbst erledigen, genauso wie vor 2 Jahren die Tragschrauber- Taxis, da der Luftraum das nicht ermöglichen kann.

  10. 18.

    Jahrzehnte lang schön mit dem Auto zum großen Laden fahren statt fünf Mark mehr im nahen Geschäft zahlen rächt sich irgendwann. Aber jetzt subventioniert ja wieder der Steuerzahler aus der Stadt den Landfluchten Raum. Vorlegt also doch alles richtig gemacht?

  11. 17.

    Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich.
    Der Unterschied zwischen einem realen Produkt was existiert und nun unter möglichst realen Bedingungen getestet werden soll und einer Blase die auf Papier existiert und mit Millionenaufwand erstmal gebaut werden muss, dürften Ihnen Ihre Kumpels Wossi und Kasi sicher gern erklären.
    Das man z.B. in Afrika damit schon reichlich Erfahrung z.B im Verteilen von Medikamenten hat und woanders mit ähnlichen Drohnen auch mal Granaten verteilt, ist Ihnen sicher bekannt.
    Risikokapitalgeber sind in Deutschland bekanntermaßen eher dünn gesät, da muss dann eben der Staat ran.
    Die Skepsis gegenüber allem, die man insbesondere hier bei rbb24 Kommentatoren immer wieder liest, scheint sich eben auch bei Geldgebern fortzusetzen.

  12. 15.

    Ich nicht, vielleicht war die Drohne noch nicht da und er hat keine Eier.

  13. 14.

    Hat jemand Alfred gesehen oder ist der eingeschnappt?

  14. 13.

    Ich find's toll. Brot muss nicht sein. Aber: Wer keine Eier hat.... sorry, die Namen fallen mir gerade nicht ein. :-))

  15. 10.

    Hab hier noch einen ollen Kombi rumstehen, da könnte ich locker das zehnfache liefern. Krieg ich dann 5,26 Millionen p.a.?

  16. 9.

    Passt in die Lieferbox auch ein Kasten Bier?

  17. 8.

    Hätte man das Zauberwort KI in das Projekt integriert, gäbe es vielleicht noch eine Million Fördermittel mehr.

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