Spree-Serie | Nach dem Braunkohle-Aus - Woher das Wasser für die Spree zukünftig kommen soll

Mo 07.08.23 | 14:59 Uhr
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Paddelboote auf der Spree im Spreewald (Foto: dpa/Bildagentur-online/Joko)
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Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 07.08.2023 | Philipp Manske | Bild: Bildagentur-online

Die Spree hat doppelt Probleme: Die zunehmende Trockenheit macht dem Fluss zu schaffen. Und er wird mit dem Kohleausstieg die Hälfte seines Wassers verlieren. Was wird nun aus dem Spreewald? Von Phillipp Manske

Die Spree ist der prägende Fluss unserer Region. In ihrem Verlauf weist sie etliche Besonderheiten auf. An manchen Stellen geht es ihr gut, an manchen Abschnitten kränkelt sie. Es gibt Passagen mit Neuigkeiten und Neuentwicklungen. Wie steht es um die Spree?

Hundertjährige könnten sich vielleicht noch daran erinnern, wie schlank die Spree einmal war, als sie noch kein Wasser aus dem Lausitzer Braunkohlerevier bekam. So lange macht der Fluss nämlich schon auf dicke Hose.

Mehr als die Hälfte des Wassers in der Spree ist sogenanntes Grubenwasser, das für den Betrieb der Tagebaue großflächig abgepumpt und in den Fluss geleitet wird. Doch damit wird Schluss sein, wenn Deutschland spätestens 2038 aus der Kohle aussteigen und die Braunkohlenförderung in der Lausitz aufhören wird.

Viele Nutzer hängen an der Spree

Ingolf Arnold hat den wichtigsten Fluss der Region mit seinem Verein "Wasser-Cluster Lausitz" schon lange im Blick. Jahrzehntelang hat der Ingenieur im Bergbau gearbeitet. Seiner Meinung nach wird die Spree auch zukünftig nicht ohne Grubenwasser auskommen. An der Spree würden zu viele Nutzer hängen.

"Über die 100 Jahre Bergbau hat sich das immer weiter erweitert", so Arnold. "Wenn man das nicht zurückdrehen will - also Menschen und Industrie raus dem Spreegebiet, Berlin nicht mehr wachsen lassen - dann muss man zusätzlich Wasser in das Spreegebiet überführen." Das muss nach der Kohlezeit also woanders herkommen.

Wir gehen im Spreewald sehr trockenen Zeiten entgegen

Eugen Nowak, Chef des Biosphärenreservats

Flussabwärts im Spreewald ist man alarmiert. Dieser ist ein europaweit einzigartiges Naturschutzgebiet, ein Lebensraum für viele Arten - und ein Touristenmagnet. Im Jahr 2022 kamen allein mehr als neun Millionen Tagesgäste.

Auch der Spreewald sei vom zusätzlichen Wasser aus dem Kohlerevier abhängig, warnt der Chef des Biosphärenreservats, Eugen Nowak. "Die Konsequenzen werden enorm sein. Im Durchschnitt sind 50 Prozent Sümpfungswasser, 70 Prozent in trockenen Zeiten", sagt Nowak. Hinzu komme der Klimawandel. "Wir gehen im Spreewald sehr trockenen Zeiten entgegen."

Große Mengen CO2 könnten entstehen

Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie des Bundesumweltamtes könnte die Spree ohne das Wasser aus den Tagebauen an bestimmten Stellen austrocknen. Die drohende Trockenheit könnte noch weitere, dramatische Folgen für die Umwelt haben. In den Sümpfen im Spreewald ist Kohlenstoff gespeichert. Er könnte ohne Wasser austreten und zu schädlichem Kohlenstoffdioxid (CO2) werden.

"Man muss wissen, dass in Brandenburg die Emissionen von CO2 aus entwässerten Mooren genauso viel ausmachen, wie der gesamte Autoverkehr in Brandenburg", so Eugen Nowak. Das Moor habe laut dem Biosphärenreservats-Chef eine wichtige Funktion für den Naturschutz im Spreewald, botanisch als auch für die Vogelwelt.

Archivbild:01.07.2022 Plattling ist eine Stadt im niederbayerischen Landkreis Deggendorf.(Quelle:imago images/M.Segerer)Eine Sohlschwelle an der Isar

In dem Naturschutzgebiet müsse deshalb mehr Wasser gehalten werden, fordert Eugen Nowak, zum Beispiel mithilfe sogenannter Sohlschwellen. Das ist eine Art Hindernis, das den Flusslauf verlangsamt und das Wasser somit länger in einem bestimmten Abschnitt und damit in der Landschaft hält.

Wasser aus anderen Flüssen ableiten?

Das vorhandene Wasser länger halten und mehr Wasser speichern, das sind auch Vorschläge aus der Studie des Bundesumweltamtes. Demzufolge sollen die vorhandenen Talsperren und Speicherseen in der Lausitz saniert und dadurch deren Speichervolumen vergrößert werden.

So könnte auch der Cottbuser Ostsee, eine ehemalige Braunkohlegrube, die derzeit geflutet wird, zu einem Speicher erweitert werden - dafür müsste aber noch das Auslaufbauwerk errichtet werden. Allerdings attestiert die Studie auch, dass selbst dann zu wenig Speicher vorhanden wäre, um den Wassermangel nach dem Ende der Kohleförderung auszugleichen. Etwa 60 Millionen Kubikmeter Wasser würden fehlen.

Daher findet sich in der Studie auch der Vorschlag, Wasser aus anderen Flüssen in die Spree überzuleiten, konkret aus Oder, Neiße und Elbe. Allerdings gelten Oder und Neiße laut Experten als schwierig, weil sich Deutschland dafür mit Polen einigen müsste. Bei der Elbe gebe es derartige Schwierigkeiten nicht.

Umweltverbände kritisieren den Plan allerdings heftig und fordern stattdessen, die Grubenwasserpumpen zeitlich begrenzt weiter zu betreiben. Auch das Brandenburger Umweltministerium hält Überleitungen aus anderen Flüssen nach eigenen Angaben für schwierig. Um den Herausforderungen im Wasserhaushalt Lausitz zu begegnen, würden Wasserüberleitungen aus anderen Flussgebieten als Lösung "kritisch gesehen, da Probleme unter anderem mit der Gewässergüte, Wasserverfügbarkeit, Faunenverfälschungen und Auswirkungen auf die Einhaltung der Wasserrahmenrichtlinie zu erwarten sind", antwortet das Ministerium auf rbb|24-Anfrage.

Grafik Wasserhaushalt Lausitz (Grafik: rbb/Screenshot)Mögliche Wasserüberleitungen
Der Kartenausschnitt zeigt Teile des Spreeverlaufs zwischen Cottbus und Lübbenau (Quelle: rbb/Iris Bökenheide)
Spreeverlauf zwischen Cottbus und Lübbenau im Spreewald | Bild: rbb/Iris Bökenheide

Von den vorgeschlagenen Maßnahmen ist bisher nichts beschlossen. Ingenieur Ingolf Arnold vom "Wasser-Cluster Lausitz“ befürwortet derweil eine Überleitung aus der Spree, deren Kosten er auf mehrere hundert Millionen Euro schätzt. Er sieht dringenden Handlungsbedarf. Das müsse in den nächsten drei Jahren entschieden sein, so Arnold. "Denn wenn man es entscheidet, wird es noch 20 Jahre dauern. Dann ist 2046."

Dann wird es weitere Gruben in der Lausitz geben, deren Löcher mit Wasser gefüllt werden müssen. Denn auch die Tagebaue Jänschwalde und Welzow (beide Spree-Neiße) sollen sich zu riesigen Seen verwandeln.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 07.08.2023, 19:30 Uhr

77 Kommentare

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  1. 76.

    Keine Ahnung, aber jede Menge davon.
    Unzählige Beispiele in der europäische Ökonomie finden Sie sicher, wenn Sie denn wollen.
    Ansonsten empfehle ich Ihnen Standardwerke eingängiger Hochschulen...

  2. 75.

    Soweit ich mal etwas gehört habe, hat man Altarme reaktiviert und dabei auf Befahrbarkeit mit Motorbooten mit entsprechender Tiefe geachtet.
    Also alles andere als Renaturierung.
    Inzwischen sollen erste Wiesenbesitzer aber erkennen, dass alle paar Jahre kurzes Hochwasser weniger schlecht als Jahrelang trockene Wiesen u.a. wegen der tiefen Spree und deren Seitengräben ist.
    Wenn man dann noch akzeptiert, dass auch im Spreewald ein hin und wieder mal trockenes Fließ kein Weltuntergang ist, lösen sich einige Probleme wegen zu wenig Wasser auf.

  3. 74.

    Hallo RBB,
    Abendnachrichten...braune Spree. Wieder nur der Altbergbau als Verursacher genannt.Kein Wort vom Verursacher Leag.
    Hat der Reporter keine Ahnung oder ist das Absicht?
    Wenn Ihr die Frage nicht veröffentlicht ist die Antwort auch so klar, danke.

  4. 73.

    "Oh die Fachsprachepolizei....bin ich sonst nicht gewohnt von Ihnen ;) " Sie können es halt für gewöhnlich besser. ;-))

    "Die globale Durchschnittstemperatur im Juli 23 war im übrigen so hoch wie noch nie, auch wenn das Klima in Deutschland und Polen ausgesprochen kühl war die letzten 3 Wochen." Das wäre die gleiche Rubrik. In den letzten 3 Wochen war Wetter, nicht Klima (zumindest nicht nach Definition des DWD). ;-)

  5. 72.

    Dafür gibt es über nassen (also intakten) Mooren Irrlichter aus den Methanausgasungen, was ja wohl eine höhere klimawirksamkeit hat als Kohlendioxid in den üblichen Modellen (dafür hat es eine kleine Halbwertszeit bis zum Abbau in der Atmosphäre).

  6. 71.

    Würde nie einen Tesla kaufen. Trotzdem ich wenig Verstand habe ist mir bekannt das Tesla unter den Top 10 Wasserverbrauchern nicht zu finden ist.
    Ich spekuliere jetzt mal nicht wie es mit Ihrem Verstand aussieht....

  7. 70.

    Kurzfassung:
    Tatsächlich ja. Im nassen Moor, kann die Pflanzenmasse kaum bis gar nicht abgebaut werden und sammelt sich über Jahrtausende. Trockne Ich das Moor aus, kommt schlicht Sauerstoff an das vor langer Zeit deponierte Pflanzenmaterial und der aerobe Abbau zu CO2 durch Mikroorganismen beginnt, wie es überall anders normal ist in der Biologie. (Außer vielleicht noch fiese Kiefernnadeln ;))

    Der BUND Link kommt wohl nicht durch die Moderation.

  8. 69.

    Wie kann man nur das in Betracht ziehen und hier zu schreiben Wasser aus der Oder für die Spree zu geben, die Oder hat selbst Jahr für Jahr kein Wasser, oder wollt ihr ein neues Fischsterben?

  9. 68.

    Oh die Fachsprachepolizei....bin ich sonst nicht gewohnt von Ihnen ;)

    Es gibt globale Durchschnittstemperatur, globale Erwärmung als Begriff. Die Definition von Klima nehme ich als bekannt an, aber da hapert bei den meisten wie John schon, den Fauxpas mir "Durchschnittstemperatur" zu ersparen bitte ich zu entschuldigen.

    Die globale Durchschnittstemperatur im Juli 23 war im übrigen so hoch wie noch nie, auch wenn das Klima in Deutschland und Polen ausgesprochen kühl war die letzten 3 Wochen.

  10. 67.

    Mehrere Kohleflöze.

    Und warum ist die Cottbuser Ostsee wohl in großen Bereichen nur 7-8 m tief?

    Da hätte man auch schlicht 1/3 der Fläche mit 30 m Tiefe machen können.

  11. 66.

    Industriejobs unerwünscht?

    Ich dachte Deutschland geht sowieso schon unter, aber manche scheinen sich das inständig zu wünschen.

  12. 65.

    Sie wissen aber doch hoffentlich, dass die TS Spremberg 1959/60 erbaut und 1961 in Betrieb genommen wurde. Man ist aber erst in den 1970er Jahren in die Niederungen g

  13. 64.

    Ein Grund mehr Tesla nach Berlin zu holen. Wir haben u. a. noch die Dahme, Havel, Wuhle.

  14. 63.

    Bei einer Mächtigkeit von Max 7-10 m bei den Flözen frage ich mich wo ist bei einem gut 100 m tiefen Tagebau hier im ostdeutschen Revier das Deckgebirge geblieben?

  15. 62.

    Hoffentlich ist bis dahin die Tesla Schmiede in Brandenburg Pleite

  16. 61.

    Lieber Dominik, da Sie sich ja offensichtlich sehr gut mit Kohlenstoffkreisläufen auskennen, könnten Sie mir ja vielleicht auch mal erklären, welche Umwandlungsprozesse in einem meliorierten Moor dafür verantwortlich sind, dass der dort gespeicherte Kohlenstoff in CO2 umgewandelt wird und das in Größenordnungen - so wird hier behauptet -die den gesamten Kraftverkehr in BB übertreffen? Oxydiert der Kohlenstoff einfach so an frischer Luft?

  17. 60.

    "Dann wird es weitere Gruben in der Lausitz geben, deren Löcher mit Wasser gefüllt werden müssen. Denn auch die Tagebaue Jänschwalde und Welzow (beide Spree-Neiße) sollen sich zu riesigen Seen verwandeln." Warum ist das so alternativlos, daß es mit Wasser gefüllt werden muß und noch mehr Seen mit großer Oberfläche geben muß?

  18. 59.

    Nun, das würde dann weitere Renaturierungsarbeiten bedeuten und vielleicht es ermöglichen den nachfolgenden Generationen eine einigermaßen naturnahe Gewässerlandschaft wieder zur Verfügung zu stellen!

  19. 58.

    "Von globalen Klima gar nicht angefangen, da gibt's ein bisschen mehr als die letzten 3 Wochen in DE..." Es ist halbwegs klar, was Sie meinen, aber ein "globales Klima" gibt es nicht als Begriff.

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