Kälteeinbruch in Berlin - Immer mehr Notunterkünfte für Obdachlose sind überfüllt

Sa 02.12.23 | 12:38 Uhr
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In einem Schlafsack schläft am 10.11.2023 ein Obdachloser am Paul Loebe Haus in Berlin. (Quelle: Picture Alliance/Jochen Eckel)
Audio: rbb 88.8 | 02.12.2023 | Peter Klinke | Bild: Picture Alliance/Jochen Eckel

Der Kälteeinbruch kann für Obdachlose zur tödlichen Gefahr werden. Viele suchen Schutz in Notunterkünften. Denen fehlt inzwischen der Platz. Hilfsorganisationen bitten deshalb die Bevölkerung um Spenden.

In den Notunterkünften der Berliner Kältehilfe für Obdachlose herrscht Platzmangel. "Seit ein paar Tagen laufen die Einrichtungen richtig voll", sagte Ursula Schoen von der Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege (Liga) der Nachrichtenagentur dpa, wie diese am Samstag berichtete.

Am Mittwoch sei die durchschnittliche Auslastung auf 97 Prozent gestiegen. Die Woche zuvor lag die Auslastung der rund 1.080 Plätze den Angaben zufolge bei durchschnittlich etwa 93 Prozent. Insgesamt fehlten rund 400 Plätze.

Einige Einrichtungen müssten deshalb überbelegt werden. Etwa die Notübernachtung der Berliner Stadtmission in der Lehrter Straße ist auf 125 Menschen ausgelegt, beherbergt derzeit aber bis zu 170 Schutzsuchende. "Praktisch ist in den Bettenzimmern kein Platz für mehr Betten. Also bleiben die Obdachlosen nach dem Abendessen im Speisesaal und machen es sich auf Boden und Bänken so bequem wie möglich", sagt Sebastian Peters von der Liga.

Kältebusse finden keine Unterkünfte für Obdachlose

Der Mangel macht sich laut Ursula Schoen auch bei den bis zu vier Kältebussen bemerkbar, mit denen Stadtmission und Deutsches Rotes Kreuz nachts versuchen, Menschen, die auf der Straße leben, zu helfen. Ab Mitternacht werde es besonders schwierig, hilfsbedürftige Menschen unterzubringen. "Insbesondere für mobilitätseingeschränkte Personen werden kaum Unterkünfte gefunden", sagt Schoen. Sie müssten häufig mit Tee und Schlafsäcken auf der Straße versorgt werden. Derzeit würden die Kältebusse bis zu 100 Mal pro Nacht angerufen. In den ersten drei Novemberwochen lag der Schnitt bei etwa 30 Anrufen.

Laut Hilfsverbänden fehlen 400 Übernachtungsplätze

Was kann man tun, um den Menschen auf der Straße zu helfen? "Schauen Sie, ob die Personen ansprechbar sind, ob sie etwas brauchen. Rufen Sie die Kälte- oder Wärmebusse und im Notfall die Feuerwehr", sagt Ursula Schoen von der LIGA. Sie bittet die Bevölkerung außerdem um Spenden für die Notunterkünfte. Gerade Schlafsäcke seien Mangelware. Letztlich brauche es aber auch mehr Schlafplätze in den Unterkünften. "Wir können nur hoffen, dass für die längeren Frostperioden im Januar weitere Plätze geschaffen werden können", so Schoen weiter.

BVG will keine Kältebahnhöfe einrichten

Der Forderung nach Kältebahnhöfen hat die BVG derweil schon eine Absage erteilt. Sie könne Bahnhöfe nachts nicht für Obdachlose offen halten. Der Starkstrom im Gleisbereich sei zu gefährlich. Außerdem gebe es keine sanitären Anlagen. Das teilte die BVG der dpa mit. Am Freitag hatte Oliver Nöll, Sozialstadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg von der BVG solche Kältebahnhöfe gefordert.

Sendung: rbb 88.8, 02.12.2023, 08:00 Uhr

27 Kommentare

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  1. 27.

    Das halte ich doch für extrem kurz gedacht (die wollen es nicht anders). Ich denke vielmehr, dass man ab einem Punkt einfach aufgibt und das beste draus macht. Wer hat denn Perspektiven, je wieder da heraus zu kommen? Nachdem man den Weg hinein gerutscht ist, aus der Gesellschaft gefallen ist.

    Die Gesellschaft versagt hier, indem sie das nicht verhindert. Nur ein Bsp.: KV-Pflicht, auch wenn man keine Einnahmen hat. Ein Riesen-Schuldenberg, schon nach einem Jahr. Bis zum Abtragen nur noch Not-Versorgung. Gemeinschaftsunterkünfte mit Übergriffen. Perspektivloses Streunern bei jedem Wetter.

    Und das leisten wir uns, all diese Fachkräfte auf den Straßen?

  2. 26.

    Und nicht zu vergessen, dabei immer schön ablenken und am allerbesten die einen "Armen" gegen die anderen "Armen" ausspielen.

  3. 25.

    Da wir angeblich nicht genug Geld haben - außer für die Ukraine, denn das ist ja "existenziell" oder für das Militär - wird wieder unten angefangen zu kürzen. Das ist immer so. Was dabei heraus kommt, zeigt obiger Bericht.

    Ich habe es noch nicht erlebt, dass Parlamentarier mal auf irgendwas verzichten. Sicher ist in ihren Augen ihr Tun und Handeln "Gold" wert.

  4. 24.

    Antwort auf "Pit" vom Samstag, 02.12.2023 | 14:36 Uhr
    "Hilfsorganisationen sollten ...... sich am Bundestag ankleben, bis es keine Obdachlosigkeit mehr gibt..." Na, ob die sich auf dieses Niveau herab begeben, kann man bezweifeln. Aber: hat nicht unlängst eine Hilfsorganisation bereits zugesagte Unterkünfte zurückgezogen?

  5. 23.

    Nicht zu vergessen, die Abermillionen für unsere Gäste.
    Oder, die vielen Milliarden für einen Krieg, der nicht der unsrige ist.

  6. 22.

    Erst mal geht es darum Leben zu retten!

  7. 21.

    Das wird alles nur noch viel schlimmer, so lande es Menschen wie Merz und viele Anhänger der FDP gibt, die das Bürgergeld kürzen wollen. Die Stromkosten sind auch mit der Erhöhung nicht gedeckt und so fängt alles an und reicht bis zur Wohnungslosigkeit und danach der Obdachlosigkeit. Aber die Damen und Herren aus der Politik lernen nichts dazu und fördern die Obdachlosigkeit anstatt sie zu bekämpfen und es wird wieder Tote geben.

  8. 20.

    Warum müssen es Luxuswohnungen sein? Es ist Privateigentum, das Sie zur Beschlagnahme vorschlagen. Es ist nicht die Aufgabe des Steuerzahlers oder Immobilieneigentümers für Obdachlose zu sorgen.
    Was Sie normal finden, nämlich ein Dach über dem Kopf und etwas Wärme zu haben, muss nicht ebenfalls für alle Obdachlose ein Wunsch sein.
    Auch andere Städte haben diese Probleme und auch dort, z.B. in Moskau, werden die U-Bahnhöfe über Nacht verschlossen. Man kann Menschen nur helfen, wenn sie die Hilfe wollen und viele lehnen das ab, was für nicht Wohnungslose normal erscheint, nämlich dauerhaft ein Zuhause zu haben.

  9. 19.

    Als ob...
    Eher sollte man endlich Leerstand besetzen, Spekulanten kein Raum verkaufen.. Usw. Usf.
    Es ist keine Lösung noch die letzten grünen Flächen Berlins für beton herzugeben

  10. 18.

    Antwort auf "Michi" vom Samstag, 02.12.2023 | 17:57 Uhr
    "Die U-Bahn ist keine Obdachlosen-Unterkunft.
    Die BVG handelt hier richtig." Das sehe ich auch so, abgesehen von der Gefahr durch den Strom, die U-Bahnhofe müssen ja auch frühmorgens wieder nutzbar sein - das sind sie definitiv nicht, wenn dort übernachtet wurde.

  11. 17.

    Also ich gebe nur einem Obdachlosen in Wohnnähe ab und an ein paar Taler.
    Aber Sie haben recht: Wofür der es dann ausgibt, ist mir egal.
    Auch wenn es Alkohol ist.
    Der Mensch wird Gründe dafür haben.
    Es erzählen uns schon genug Leute, was wir zu essen und zu trinken haben.

  12. 16.

    Antwort auf "Björn" vom Samstag, 02.12.2023 | 13:54 Uhr
    "Warum gibt es überhaupt so viele Odachlose in Berlin? " Weil es sich in der Anonymität einer grossen Stadt gut untertauchen lässt. Man wird versorgt mit dem nötigsten, ärztliche Hilfe steht zur Verfügung, nur leider kein Wohnraum. Trotzdem werden es auch immer mehr... . Wo sind die Leute, die hier sonst immer "Berlin ist voll" schreiben? Die echaufieren sich hier über die BVG, weil sie die U-Bahnhöfe nicht zur Verfügung stellt!

  13. 15.

    Und ich denke mir immer und immer wieder: Was haben wir mit dem Tempelhofer Feld für eine riesen Platzverschwendung in Berlin. Platz, um der Wohnungsnot und der Obdachlosigkeit Einheit gebieten zu können. Klar, nicht von heute auf Morgen... Aber lieber weiter eine Brache werden lassen anstelle Existenzgrundsätze und damit Menschenwürde zu gewährleisten.

  14. 13.

    Die U-Bahn ist keine Obdachlosen-Unterkunft.
    Die BVG handelt hier richtig.
    Warum werden nicht im Regierungsviertel zahlreiche Wärmezelte oder Container für Obdachlose aufgebaut?
    Dies würde bei Politikern durch Sichtbarkeit der Probleme vielleicht dazu führen, dass sie ihre Politik ändern.
    Denn die Lage, was Wohnungsnot angeht, wird immer schlimmer in Deutschland.

  15. 12.

    Der Sozialstadtrat fordert von der BVG...Wie wäre es endlich mal, wenn der Staat den Obdachlosen endlich genug Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, für Flüchtlinge ist alles möglich, nur für Obdachlose nicht. Es dürfte gar nicht dazu kommen, das es Obdachlose gibt, denn laut Grundgesetz haben auch die ein Anrecht auf Wohnraum. Hier wird mit zweierlei Mass gehandelt.

  16. 11.

    Deswegen sollte auch niemand auf der Strasse etwas geben. Geld wird für Alkohol/ Drogen verwendet, Essen wird abgelehnt. Allein die Aussage: "dann hole ich mir bei der Hilfsorganisation einen neuen Sack" zeigt doch, dass viele genau so leben wollen. Dann lasst sie.

  17. 10.

    Wie gehst du denn voran, ausser mit dem Finger auf Andere zu zeigen?

  18. 9.

    Die BVG ist widerlich. Starkstrom zu gefährlich - dann lieber erfrieren.
    Toiletten kann man temporär aufstellen.

    Typisch für unsere Zeit: geht uns nichts an, dass Menschen verrecken. Nicht mein Problem. Wir sind eine kalte und rücksichtslose Gesellschaft.

    Jeder Einzelne sollte mit gutem Beispiel voran gehen. Sonst ist der Mensch bald ein soziales Wesen - gewesen.

  19. 8.

    Zum Thema:
    Schlafsäcke sind Mangelware..
    Ich habe in den letzten Jahren insgesamt 4 (warme! ) Schlafsäcke an Obdachlose abgegeben. Ergebnis:
    Jeweils am nächsten Tag lagen die Schlafsäcke verlassen im Dreck auf der Straße.
    Ein Obdachloser auf meine Frage,warum das so ist:
    "Dann holt man sich einen Neuen bei einer Hilfsorganisation. Ich kann den ja nicht den ganzen Tag mit mir rumschleppen".
    Vielleicht nicht die Regel, aber auch keine Ausnahme. Erhöht nicht gerade die Spendenbereitschaft.

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