Reaktion auf Vorfälle in Freibädern - Hausverbote und mobile Polizeiwachen sollen Freibäder vor Randalen schützen

Do 22.06.23 | 16:59 Uhr | Von Yasser Speck
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Symbolbild:Zahlreiche Menschen stehen an den Kassen des Sommerbades Neukölln am Columbiadamm.(Quelle:dpa/P.Zinken)
Audio: rbb24 Inforadio | 23.06.2023 | Jenny Barke | Bild: dpa/P.Zinken

Die Berliner Bäder reagieren mit Hausverboten und Schließungen auf die jüngste Randale. Die Gewerkschaft der Polizei fordert strengere Einlasskontrollen, die Bäderbetriebe wollen aber kein "Berghain" sein. Von Yasser Speck

Freibäder sollen eine Oase der Abkühlung und Erholung mitten im Großstadttrouble sein. Das sind sie aber nicht, wenn sich neben der Liege circa 40 bis 50 junge Menschen prügeln oder randalieren. So geschehen am Dienstag im Sommerbad Pankow. Einen Tag später kommt es zu einem ähnlichen Vorfall im Columbiabad in Neukölln.

"Am gestrigen Tag haben kurz vor Badeschluss circa 50 jugendliche Gäste die Großrutsche des Bades gestürmt und randaliert", sagt der Vorsitzende der Berliner Bäder-Betriebe Johannes Kleinsorg am Donnerstag. Die Polizei erschien mit mehreren Dutzend Einsatzkräften und ließ das Schwimmbad räumen.

2023 bislang 25 Hausverbote in Berliner Bädern

Immer wieder kommt es in Berliner Freibädern zu Gewalt und Randale. Aus einer Statistik der Berliner Polizei geht hervor, dass es im Jahr 2022 zu 57 Gewaltdelikten in Berliner Freibädern kam. 2018 waren es 77 und 2019 71. In den Jahren 2020 und 2021 sind die Zahlen aufgrund der Corona-Pandemie nicht aussagekräftig.

Die Berliner Bäder reagieren mit Hausverboten für die mutmaßlich Schuldigen. Insgesamt sprachen die Freibäder in den vergangenen fünf Jahren rund 1.300 Hausverbote aus. In diesem Jahr seien es bereits 25, sagt Claudia Blankennagel von den Berliner Bäder-Betrieben. "Das ist in etwa so viel wie 2022."

Meiste Hausverbote im Sommerbad Pankow

Das Sommerbad Pankow ist "Spitzenreiter" bei den ausgesprochenen Hausverboten. Insgesamt 211 Mal wurde das Betretungsverbot in dem Freibad in den vergangenen fünf Jahren ausgesprochen. Das Sommerbad am Insulaner liegt in der Fünfjahreswertung der Hausverbote auf Platz zwei. 102 Hausverbote waren es in den Jahren zwischen 2018 und 2022. Das Sommerbad Neukölln, auch Columbiabad genannt, liegt auf Platz drei mit 94 Hausverboten in den vergangenen fünf Jahren. Am wenigsten Hausverbote wurden im Kindersommerbad Monbijou ausgesprochen. In den vergangenen fünf Jahren nur zwei Mal.

Wer trotz Hausverbot ins Freibad geht, dem oder der droht eine Anzeige. "Die Mitarbeiter von Sicherheitsunternehmen gehen auch über die Liegewiesen und kontrollieren, dass niemand über Zäune klettert. Falls Personen dabei angetroffen werden, wird die Polizei eingeschaltet und Anzeige wegen Hausfriedensbruch gestellt", erklärt Blankennagel von den Berliner Bäder-Betrieben.

Freibad ohne Rutsche und Sprungturm

Die Berliner Bäder-Betriebe ziehen aus den Randalen und Schlägereien weitere Konsequenzen. "Um die Sicherheit aller Badegäste und unserer Kolleginnen und Kollegen zu gewährleisten, werden wir daher in den Sommerbädern Neukölln und Pankow ab sofort die Großrutschen und die Sprungtürme geschlossen halten", kündigt der Vorstandsvorsitzende der Berliner Bäder-Betriebe Johannes Kleinsorg an.

Es seien diese Attraktionen, die die Randalierer anziehen würden. Wie lange in den Sommerbädern Pankow und Neukölln nicht gerutscht oder gesprungen werden darf, sagte Kleinsorg nicht. Einigen geht das nicht weit genug. Sie fordern mehr Konsequenzen.

Gewerkschaft der Polizei setzt auf Abschreckung und Prävention

Gewalt im Freibad ist kein Berliner Problem. Ein Vorfall aus Mannheim vom Mittwoch zeigt, dass es auch an anderen Orten in Deutschland zu Schlägereien in Freibädern kommt. "Bei dem schönen Wetter, da flippen sie teilweise mal ein bisschen aus", sagt Peter Harzheim. Er ist der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Schwimmmeister - also Deutschlands höchster Bademeister. Er fordert härtere Strafen für Randalierer und spricht sich für verstärkte Einlasskontrollen aus. "Die Betreiber sollten die Möglichkeit haben Securitys einzustellen." Auch die Polizei sollte mal eine Streife vorbeischicken, sagt er.

Die Gewerkschaft der Polizei schließt Polizeistreifen am Beckenrand oder eine dauerhafte Präsenz im Schwimmbad aus. Das sei mit der aktuellen Personallage nicht zu machen, sagt Alexander Poitz von der GdP. "Strengere Einlasskontrollen, Hinzunahme von Sicherheitsfirmen und Videoüberwachung für die Abschreckung und Dokumentation sollte in Betracht gezogen werden." Poitz sieht die Bäder-Betriebe in der Pflicht, mit der Polizei zusammenzuarbeiten.

Das tun sie bereits. Die Berliner Bäder-Betriebe bestätigen, dass die Polizei auf Streife vorbeikomme und in den Sommerferien mit mobilen Polizeiwachen am Schwimmbad sei. Es müsse allerdings ein sehr niedrigschwelliges Angebot da sein, sagt Matthias Oloew von den Berliner Bädern. "Das Prinzenbad ist nicht das Berghain. Wir können keine Türpolitik machen, und das wollen wir auch nicht."

Sendung: rbb24 Inforadio, 23.06.2023, 7:30 Uhr.

Beitrag von Yasser Speck

29 Kommentare

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  1. 29.

    Das fragen Sie doch mal den "West Berliner" * 20, wenn Sie sich keine Alternative vorstellen können. Es könnte aber auch sein, dass Sie diese Vorkommnisse als alternativlos ansehen. Das wäre dann quasi ein weiter so. Auch das ist möglich und sogar wahrscheinlich, denn es scheint, dass diese Zustände doch noch sehr vielen gut gefallen. Wahrscheinlich muss es noch dramatischer werden ? Der Mainstream liebt und braucht knackige Schlagzeilen um sich zu pushen und auf eine rosige Zukunft einzustimmmen.

  2. 27.

    Hat sich Herr Wegner schon dazu geäußert? Wo bleiben die Einhaltung von Recht und Ordnung? Damit hat er doch auch immerhin 28 % der Berliner Bevölkerung gewonnen. Passiert da jetzt endlich einmal etwas?

  3. 26.

    >"Was läuft denn eigentlich verkehrt in Berlin?"
    Ehrlich Herr Karl aus Wien, ich weiß es auch nicht. Nur 30 km von der Stadtgrenze Berlins entfernt sieht selbst in Deutschland die Welt ganz anders aus. Solche Querelen wie in Berlin sind in unseren Freibädern hier im Land Brandenburg in der Häufigkeit bisher nicht bekannt oder zumindest so gering und unbedeutend, dass sich kein Presseartikel drüber lohnt. Obgleich bei Hitzetagen die Freibäder hier auch propper voll sind mit Menschen aller hier lebenden Nationaliäten und Touristen.

  4. 25.

    Wie wäre es denn wieder mit der Einführung sogenannter Familientage? Dann hat man zumindest einen Tag "seine Ruhe". Schlimm genug, dass man sich mit seinen Kindern mittlerweile nicht mehr ins Freibad traut.

  5. 24.

    In den 80ern hieß es für meine Kinder im Grundschulalter: Wer den Frreischwimmer hat, darf sich - ohne meiner Begleitung - mit seinen Freunden im Schwimmbad treffen. Leider heute nicht mehr möglich!

  6. 23.

    Die Verantwortlichen sind i.d.R. auch nicht betroffen. Die haben dienstliche Parkplätze, Sonderparkgenehmigungen, gepanzerte Limousinen, Chaffeure, Pools, große, ständig bewachte Anwesen, Bodyguards usw. Aus unserer Realität sind sie längst raus. Und so agieren und regieren sie mittlerweile auch.

  7. 22.

    Für Sicherheit, Ordnung, Einhaltung von Regeln usw. ist in erster Linie die öffentliche Hand zu ständig. Hier liegt u.a. auch das Gewaltmonopol. Wie es damit aber in der Praxis aussieht, nicht nur in Schwimmbädern, bedarf es wohl keines weiteren Hinweises. Es ist auch kein Quatsch, dass diese Entwicklung und diese Zustände ja gefallen müssen, sonst hätte man das schon längst abgestellt. Der Innenminister von NRW hat erklärt : Wir haben 40 Jahre weg geschaut ! Das gilt besonders auch für Berlin. Es hat nur noch niemand erklärt, warum man weggeschaut hat. Es gibt jede Menge Hundehalter, deren Hunde machen was sie wollen und Erziehungsmaßnahmen verpuffen. Was macht man da ? Man lässt es laufen...., wie im richtigen Leben !

  8. 21.

    " Ja. und es stimmt, offenbar finden die Verantwortlichen diese Zustände gut, wie auch in anderen Bereichen. " Das ist doch Quatsch, niemand findet das gut! Das ist so, als ob man einen Hund anschafft und jedes Problem mit ihm stillschweigend akzeptiert. Die "Verantwortlichen" sind hier in den Elternhäusern zu suchen, Kinder, die keine Regeln und Verbote kennen, keine Manieren und kein Benehmen vorgelebt bekommen verhalten sich so. Und dafür können Sie nun wirklich nicht die Politik verantwortlich machen!

  9. 20.

    Sie haben Recht es gibt eine Alternative- aber hoffentlich wachen die auf, die uns das über Jahre alles eingebrockt haben.

  10. 19.

    @karl: das ist eine sehr gute Frage, wenn es sich wirklich so darstellt, wie Sie es beschreiben. Ich hätte jetzt schon auf die übliche Klientel mit "anderer Sozialisation" schwerpunktmäßig getippt.
    Ich kenne Wien leider gar nicht.
    Vielleicht aber ist es so, dass Berlin in vielen Punkten eine gewisse "Übertoleranz" pflegt bis hin zu einer gewissen Gleichgültigkeit. Das hat positiver Aspekte ("jeder nach seiner Facon"/ "jeder spinnt, so jut a kann"), aber eben leider auch negative, siehe Satz zuvor.
    Vielleicht ist es aben einerseits eine generelle Mentalitätsfrage der Gesellschaft und vielleicht auch die Art, wie man eben anders sozialisierte Menschen integriert - sofern es überhaupt die Hauptklientel ist, die für Unfrieden sorgt.

    Schlimm finde ich es für all diejenigen, die einfach einen schöne Badetag im Schwimmbad verbringen möchten. Zumal es ja eben auch Familien mit Kleinkindern sind.

  11. 18.

    Am Wannsee und Müggelsee sind nicht sooo die Möglichkeiten, den Dingens (Poser) raushängen zu lassen: altmodische Rutschen und Sprungtürme, außerhalb der Sichtweite derer, die es sehen sollen. Alles Leute, die ab nächsten Sommer ein 11. Schuljahr aufgebrummt bekommen...

    Aber alles Gemecker nützt nichts, man muss dem ja Herr werden. Ideen gibt's genug:

    - wie in der Sauna: Frauen- und Typen-Badetage, natürlich getrennt, Männer vormittags..
    - Einlass regeln wie im Berghain. Du kumms hier nit rein. Oder einfach: du nich... (böser Blick, Herr Marquardt gibt keine Autogramme)
    - Männer nur mit Freischwimmer*lach* nur noch Frauen im Bad!
    - Männer bis Mitte dreißig nur mit Mutti (wäre ein Tipp fürs Autofahren...)
    - Stehpinkler nur mit Saisonkarte, namentlich, nicht übertragbar
    - Wasser und Kacheln pink färben :-) oder Regenbogen
    - Borat Schwimmanzug Pflicht! Gerne mit Beinrasurpflicht
    Das ist so uncool wie Trabbi fahren! Da kommt keiner mehr...

  12. 17.

    Man muss wirklich schon von "vergraulen" sprechen. Ja. und es stimmt, offenbar finden die Verantwortlichen diese Zustände gut, wie auch in anderen Bereichen. Aber die Verantwortlichen sind auch gewählt worden, und zwar von denen, die sich jetzt aufregen. Diese Wähler haben aber noch nicht begriffen, dass es auch dazu eine Alternative gibt.

  13. 16.

    Wann lernen Journalisten beim RBB den richtigen Ausdruck für Schwimmmeister ?

  14. 15.

    Genau das habe ich heute mit drastischen Worten kommentiert aber leider hat der rbb24 wieder mal meinen Kommentar gesperrt.

  15. 14.

    bezieht sich der Artikel nur auf die Freibäder oder auch auf die Strandbäder am Wannssee bzw Havel ; Müggelsee ?

  16. 13.

    " Was läuft denn eigentlich verkehrt in Berlin? "

    und warum läuft es in Wien richtig ? was macht Wien besser ? da sollte sich der Berliner Senat mal weiterbilden

  17. 12.

    Wirklich Bitter, dass es soweit kommen muss! Da sind Kinder und Wochen Spaß sind die Spinner kloppen sich an der Rutsche und fahren dann mit dem AMG nach Hause! Ist euch das nicht peinlich?! Zu erwähnen wäre ja auch noch, dass die Jungs von der „Security „ auch den ein oder anderen als ihren Freund bezeichnen und eben mal wegschauen! Alles schon gesehen!

  18. 11.

    Ganz einfach, es muss härtere Strafen geben. Aber offenbar finden die Verantwortlichen diese Zustände gut, sie freuen sich, wenn Familien mit Kindern vergrault werden. Anders lässt sich das nicht erklären.

  19. 10.

    Schon vor über 20 Jahren haben im Sommerbad am Insulaner Jugendliche zwischen ca. 12 und 16 Jahren den Bademeister umzingelt und mit Fußtritten in den Allerwertesten bedacht. Immer wenn er sich umgedreht hat, bekam er einen Tritt und wusste nicht, wer getreten hatte. Das ist alles nichts neues, außer dass es heute akzeptiert wird. Ich habe seitdem angewidert das Sommerbad nie wieder betreten !

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