Unterführung in Berlin-Charlottenburg - Fußgängertunnel am ICC soll geschlossen werden

Do 06.07.23 | 13:49 Uhr
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Archivbild:Unterführung am Messedamm zwischen S-Bahnring, ICC und Busbahnhof Berlin am 21.08.2020.(Quelle:imago images/P.Schneider)
Video: rbb|24 | 07.07.2023 | Material: rbb24 Abendschau | Bild: imago images/P.Schneider

Das ICC ist zu und zum Busbahnhof kommt man besser oberirdisch: Der ICC-Tunnel verfällt. Und er hat ein Hygieneproblem. Nun hat sich die Verkehrsverwaltung entschieden, den Tunnel zu schließen und die Fußgänger über Ampeln zu leiten.

Der Fußgängertunnel am ehemaligen Kongresszentrum ICC soll geschlossen werden. Das teilte die Verkehrsverwaltung auf Nachfrage des rbb mit. Zuerst hatte der "Tagesspiegel" [Bezahlschranke] berichtet.

Ampel statt Treppe

Geplant sei, den Fußgängerverkehr "künftig oberirdisch abzuwickeln und die Anlage außer Betrieb zu nehmen", so eine Sprecherin. Bislang fehlen an der großen Kreuzung von Messedamm, Masurenallee und Kantstraße Ampeln für Fußgänger. Zudem würden Instandhaltungs- und Reinigungskosten sinken.

Kaputte Rolltreppen, beschmierte Hinweisschilder, defekte Lampen und Aufzüge: Der Tunnel aus den 70er Jahren ist schon seit geraumer Zeit in einem schlechten Zustand. Darüber hinaus sind die unterirdischen Gänge vermüllt.

Einen Zeitplan für die Schließung des Tunnels gibt es laut Verkehrsverwaltung nicht.

Das Tunnelgelände steht unter Denkmalschutz und war in der Vergangenheit Kulisse für diverse Filmaufnahmen, darunter Hollywood-Produktionen wie "Die Bourne Verschwörung" und "Die Tribute von Panem".

Tunnel führte bei Special Olympics zu Problemen

kaputte rolltreppe
rbb

Der Regierende schreibt einem Bürger

Dass der ICC-Fußgängertunnel geschlossen werden soll, hatte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) per Brief einem Bürger mitgeteilt, der sich über den Zustand des Gebäudes beschwert hatte. In dem Antwortschreiben, das dem rbb vorliegt, heißt es, dass die Kreuzung ohnehin umgebaut werden müsse, "denn die Dimension und die bauliche Ausgestaltung des Knotenpunktes basiert auf den mittlerweile überkommenen Planungsphilosophien der autogerechten Stadt und sind heute nicht mehr zeitgemäß".

Die Passerelle sei ohnehin nicht barrierefrei nutzbar und verursache Unterhaltskosten von 350.000 Euro im Jahr. "Deshalb wird die Schließung auch vom Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf befürwortet, um die Modernisierung der Kreuzung zwischen ZOB, ICC und Messe vorantreiben zu können", heißt es in Wegners Brief weiter.

Kunst- und Kulturpläne des Senats für das ICC

Der in den vergangenen Jahren meist sehr schmutzige Zustand hängt unter anderem auch damit zusammen, dass das ICC nicht mehr als Kongresszentrum genutzt wird und darum auch die Zugänge kaum Fußgängerverkehr haben. Der Tunnel verdreckt.

Der Senat hatte im Winter angekündigt, das stillgelegte ICC zum Kunst- und Kulturzentrum entwickeln zu lassen. Allerdings soll allein das Vergabeverfahren noch bis 2026 dauern und für den Abschluss der Sanierung wurde bislang noch kein Zeitplan verabschiedet. Zuletzt hieß es, für die Sanierung sei ein höherer dreistelliger Millionenbetrag nötig, an dem sich der Senat noch mit 200 Millionen Euro beteiligen wollte. Allerdings hatte der Senat diesen Betrag nicht mehr im Haushalt bilanziert. Zudem stammt diese Kalkulation des Senats für einen Zuschuss noch aus Zeiten vor der Explosion viele Preise und auch der der Baukosten.

Sendung: rbb24, 06.07.2023, 11:40 Uhr

73 Kommentare

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  1. 73.

    Rainer Rümler hat nach unausgesprochenem Einräumen seines vorherigen ästhetischen brutalistischen Irrtums (Anm: Brutalismus war die Selbstbezeichnung eines Baustils!) in Nachfolge dessen ja auch schönere, weil ansprechende Stationen gebaut: Nach dem vorigen brutalistischen Abschnitt auf der U 7 sind das hinter Rohrdamm die Bahnhöfe Paulsternstraße, Haselhorst, Zitadelle, Altstadt Spandau und Rathaus Spandau.

    Die Wirkung auf Fahrgäste ist indes äußerst verschieden: Im Einen die gewollt erschlagende Wirkung und das Zurückwerfen des einzelnen Menschen auf ein zahlenloses Etwas, im anderen das Entfachen von Neugierde und ein Angebot fürs Auge.

    Im menschlichen Sinne sind derartige Bauten m. E. ein Mahnmal. In sparsamer Dosierung kann bzw. muss das eine oder das andere erhalten werden.

  2. 72.

    71. Ich möchte schon klarstellen, mein Kommentar hat nichts mit Nostalgie zutun, sondern mit der Tatsache und der komplizierthei solche Gebäudekomplex wieder instand zu setzen!
    Das ICC ist sehr teuer im Unterhalt, das ist der Grund weshalb es für die Deutschland Halle jetzt den City Cube Berlin gibt.
    Der andere Grund ist, der Senat bzw. SPD konnten sich nicht
    einigen wer die Sanierungs kosten übernimmt!
    Übrigens der City Cube wurde, soweit ich weiß, von der Messe Finanziert! SPD nein danke!

  3. 71.

    In der Tat kommen wir da nicht weiter, weil sich unsere Auffassungen nicht unter einen Hut bringen lassen. Ich würde Ihre und die ICC-authentische Auffassung als eine technokratische bezeichnen, Sie meine ggf. eine nostalgische, die mit Stadt nichts zu tun hätte.

    Die Differenz liegt einfach im Wandel der Städtebauauffassung und dass dieser Wandel stattgefunden hat, ist kein Zufall. Menschen sind solchen Orten regelrecht entflohen, seit dem Wandel in der Städtebauauffassung sind die Stadtkerne wieder aufgelebt.

    West-Berlin analog wie Frankfurt am Main habe ich immer als Negativ-Beispiele im Städtebau aufgefasst, Ost-Berlin am Alex war da immer die unzureichende Kopie.

  4. 70.

    Kulturdenkmal !!!

    Die Unterführung darf auf keinen Fall geschlossen werden. Sie gehört architektonisch und gestalterisch zu den interessantesten Orten, die die Stadt zu bieten hat, wie auch die U7-Bahnhöfe, die Rainer G. Rümmler ebenfalls entworfen hat. Ich habe diesen Tunnel zB. meinen Kindern extra gezeigt, weil er so ein besonderer Ort ist. Es wäre eine Schande, diesen Tunnel zu schließen. Anstatt dessen sollte die Stadt ihn besonders pflegen, sollte ein Arbeitsplatz da für einen Hausmeister geschaffen werden, der eben danach sieht, dass die Rolltreppen und Fahrstühle funktionieren. Und Graffiti muss doch nicht immer als Vandalismus verstanden werden, und die Obdachlosen nicht als Problem.
    Wenn überall nur öffentlicher Raum geschaffen wird, der ohne weitere Wartung funktionieren soll, dann sieht bald alles aus wie die S Station Südkreuz oder Ostkreuz, gesichtslose Beton Architektur ohne Charakter und Stil.

  5. 69.

    58. Teilweise haben Sie recht Straßenkreuzungen ohne Tunnelbau. Der genannte Tunnel war 1979 eben sehr wichtig.
    Da ist die Messe, Congress Center, ZOB, und daher sehr viele Menschen! Ich hatte es schon mehrmals versucht zu erklären, wie man sieht ohne Erfolg.
    Störend ist, das die Leute hier unwissend kommentieren!
    Noch mal: Das ICC und alles was dazu gehört, auch der Tunnel,
    würde man alles in Ordnung bringen, oder sogar entfernen, das würde viele Millionen kosten!
    Es wurde kaputt gespart!

  6. 68.

    Eine der sichersten Unterführungen, um dem gefährlichen Verkehr zu entgehen. Die Rollerskater stören mich nicht.

  7. 67.

    Wie ich hier vor etlichen Beiträgen schon schrieb:

    Im Prinzip braucht das Ganze garnicht verfüllt zu werden. Nicht jedes Denkmal - hier: eher Mahnmal - muss im alltäglichen Betrieb bleiben, bei historischen Eisenbahnen als Denkmal ist dies an bestimmten Tagen der Fall.

    Hier beim Tunnel ist die Herausforderung allerdings größer gestellt, was die Begehbarkeit nach einer Schließung angeht, dennoch ist es nicht unmöglich, denn Dreck weht ja nicht so sehr hinein, sondern wird durch alltägl. Nutzung und Fehlnutzung hineingetragen. Durchpusten, einmal Wischen vor speziellen Führungen, das würde m. E. ausreichen.

  8. 66.

    Im gewiss nicht sehr großen Wernigerode am Herz gibt es sogar eine unterirdische Kreuzung zweier Hauptverkehrsstraßen - bei tagheller Beleuchung und als Ampelkreuzung. Technisch geht es also. Die A 100-Verlängerung in Neukölln deutet so eine Entwicklung teilweise an: Während die A 100 am Bundesplatz in den 1970ern mit vglw. hochwertiger Bebauung brutal durchgeschlagen wurde, verläuft sie in Neukölln, gebaut in den 2000er Jahren, in einem Tunnel mit entstandener Wiese und fast schon dörflicher Atmosphäre dort auf diesem Flecken.

    Auch wenn sich am GRUNDPRINZIP immer noch nichts verändert hat, so hat sich in den Köpfen doch schon etwas verändert. ;-

  9. 65.

    Noch ein Relikt der autogerechten Stadt, das endlich verschwindet. Man könnte stattdessen ja mal drüber nachdenken den Autoverkehr unterirdisch abzuwickeln, und die Stadt den Menschen zurück zu geben.

  10. 64.

    Die Clubszene ist doch immer auf der Suche nach neuen Locations. Vielleicht ist das ja eine Möglichkeit das ganze zu erhalten und weiter zu nutzen. Ich fände es sehr schade, wenn dieser coole Ort verschwinden würde.

  11. 62.

    Mi, mi, mi. Besser als Vollsperrung für Fußgän
    #
    -+
    ger und Radfahrer

  12. 61.

    "...und darum auch die Zugänge kaum Fußgängerverkehr haben. Der Tunnel verdreckt."
    Und für 350.000 Euro im Jahr kann man ihn nicht sauberhalten? Wo fließt denn das Geld sonst hin?

  13. 60.

    oder zwei;-) - Zusammenfassend meine zwei Vorschläge zur Güte
    Var. 1. Denkmalschutzbehörde lässt Platten über die Eingänge machen, nach reversibler Verfüllung, entsprechend dem Fluchttunnel und erklärt das ganze zum Bodendenkmal
    Var. 2. Verkauf an Veranstalterwie Bunkerbautenbesuche, Essen im Dunkeln, Rocky-Horror-Gruselkabinett (dann können die Biker wirklich ungestraft erschrecken spielen, Roland-Kasier-Double bieten zu Rammstein-Musik Lindenblütentee in Ökobechern an und jede 1/4 Stunde läuft Ottos neuer Hit - Marmor, Stein und Eisen bricht aber unser toller Tunnel nicht

  14. 59.

    Seltsam eigentlich. Paßt gar nicht zur Auto-hat-Vorfahrt-Mentalität Berlins.

  15. 58.

    Die Angelegenheit ist recht einfach: Alles, was an defektanfälligen Gerätschaften vermeidbar ist, sollte vermieden werden. Ebenerdige Übergänge und Querungen sind per se immer Tunnelbauten vorzuziehen; nicht nur der Kosten wegen, auch wegen eines gewiss eintretenden Ausfalls, der Geh-Eingeschränkte außer vor lässt.

    Das Hineinzwingen von zu Fuß Gehenden und Radfahrenden in einen Tunnel mit der Maßgabe, dass die Oberfläche allein dem Kfz-Verkehr zur Verfügung zu stehen habe, ist geradezu Schlaglicht dafür, welche Prioritäten seinerzeit zwischen den Verkehrsträgern gesetzt worden sind. Das hat sich mittlerweile auch zum neuen Regierenden Kai Wegner rumgesprochen.

    In Hamburg gibt es für den Autoverkehr zwei Elbtunnel, einer mit Lastenfahrstuhl von 1911, einer mit Tunnelrampen von 1974. Wo Rampen an der Kreuzung Messedamm / Neue Kantstraße / Masurenallee hätten gebaut werden können, bleibt für immer und auch weiterhin ein Geheimnis, von den Schlaufenfahrten ganz zu schweigen.

  16. 57.

    Bitte , was soll das? Mir hats Spaß gemacht. Dazu haben wir im gerade eröffneten ICC ein auch von außen geöffneten Notausgang gefunden hatten und Umsonst zur IFA und zur Grünen Woche reinkamen.

  17. 56.

    Schon Günther wollte 2018 den Tunnel schließen, hat aber nach Einwand von Berlins obersten Denkmalschützer Lederer das Thema auf die lange Bank geschoben.

  18. 55.

    "Klasse Fahrradwege gabs zumindest von Halensee zum Messegelände schon , zumindest, seit Ende der 70er. "

    Wie bitte? ZU schmal, dumme Wegführung (Hauptsache dem Auto nicht im Weg)und dann diese Gehwegplatten die so schlecht angebracht waren dass sie schon in kurzer Zeit krumm und schief waren. Liegen immer noch so da.

    Oder sollte das Satire sein?

  19. 54.

    RRG hat’s schleifen lassen, die Grüne BVV auch - Wegner wurde die Ruine übergeben

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