Humboldt-Forum-Dienstleister - Datenschützerin verhängt Bußgeld wegen Liste zu Mitarbeitern in Probezeit

Mi 02.08.23 | 18:20 Uhr
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Blick auf das wiederaufgebaute Berliner Schloss, Sitz des Humboldt Forums, auf der Museumsinsel. (Foto: dpa)
Audio: Fritz | 02.08.2023 | Timo Mascheski | Bild: dpa

Ein Berliner Unternehmen soll eine Art schwarze Liste über Mitarbeiter in der Probezeit geführt haben und nun wegen Datenschutzverstößen 215.000 Euro Strafe zahlen. Dies teilte die Berliner Datenschutzbeauftragte Meike Kamp am Mittwoch mit. Die Stiftung Humboldt Forum bestätigte, dass es sich um den Dienstleister Humboldt Forum Service GmbH handelt.

Die Stiftung habe den Vorgang selbst der Datenschutzbeauftragten gemeldet, teilte ein Sprecher mit. Sie habe die Vorwürfe aufgeklärt und werde "sicherstellen, dass die Vorgaben des Datenschutzes in Zukunft jederzeit strikt und einwandfrei umgesetzt werden". Der Bußgeldbescheid werde geprüft. Er ist noch nicht rechtskräftig.

Liste auf Weisung der Geschäftsführung 2021 angelegt

Die Datenschutzbeauftragte hält dem Unternehmen vor, unzulässigerweise sensible Informationen über den Gesundheitszustand einzelner Beschäftigter oder deren Interesse an einer Betriebsratsgründung dokumentiert zu haben. Dabei ging es um mögliche Kündigungen am Ende der Probezeit.

Dazu sei auf Weisung der Geschäftsführung im Frühjahr 2021 eine tabellarische Übersicht aller Beschäftigten in der Probezeit geführt worden, berichtete die Datenschutzbeauftragte. In der Liste habe die Vorgesetzte die weitere Beschäftigung von elf Personen als "kritisch" oder "sehr kritisch" bewertet.

Datennutzung war unzulässig

Zur Begründung wurden persönliche Äußerungen vermerkt sowie gesundheitliche und außerbetriebliche Gründe, die einer flexiblen Schichteinteilung entgegenstehen, wie Kamp weiter darlegte. Auch mögliches Interesse an der Gründung eines Betriebsrates und die regelmäßige Teilnahme an einer Psychotherapie seien in der Tabelle genannt worden. Die Nutzung der Daten sei unzulässig gewesen, monierte die Datenschutzbeauftragten: "Insbesondere Gesundheitsdaten sind besonders sensitive Informationen, die nur in engen Grenzen verarbeitet werden dürfen."

Sendung: rbb24 Inforadio, 02.08.2023, 19:00 Uhr

10 Kommentare

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  1. 10.

    Hier zweifele ich an der generellen Kompetenz dieser Geschäftsführer. In der Probezeit kann dem Mitarbeiter bis zum letzten Tag der sechs Monate mit zwei Wochen Kündigungsfrist und ohne Angaben von Gründen gekündigt werden. Ganz ohne Excel-Listen.

  2. 9.

    Man sollte mal die hohen Herren, die über den Dingen schwebenden Professoren dieses Vorzeigeprojekts von Kultur und Wissenschaft fragen, wie sie es mit Rechtsstaatlichkeit und Pluralität halten, angesichts solcher wiederholt menschenverachtenden Aktivitäten der Stiftung oder angegliederte Organisationen: Kolonialistische, revisionstische, teils rassistische Bau- und Provenienzpolitik, Negativlisten über Mitarbeiter bezüglich Gesundheitsdaten und gewerkschaftlicher Mitbestimmungsrechte - mal sehen, was noch folgt. Vermutlich verstehen sie das Problem gar nicht, entrückt, wie sie sind. Die Stellungnahme des Pressesprechers auf der Homepage der Stiftung ist jedenfalls ein Witz. Das große hoffnungsvolle Humboldt-Projekt, das so viel hätte bringen können, ist in den Augen der Öffentlichkeit jedenfalls klinisch tot.

  3. 8.

    Eine Liste von Mitarbeitern in Probezeit, deren Gesundheitszustand und den Willen, einen Betriebsrat zu gründen? Wer derartig Missbrauch betreibt, sollte ausgetauscht werden. Selbstverständlich ist da der Datenschutz gefragt.
    Das Problem ist nicht die Probezeit, die ist üblich bei Neueinstellungen. Vielmehr besteht das Problem darin, die gesammelten Daten zu nutzen, um unliebsame Mitarbeiter nach der Probezeit zu entfernen, weil es keine Verpflichtung der Arbeitgeber gibt, das zu begründen. Um solche Machenschaften zu verhindern und Verstöße festzustellen, sollte es für Arbeitgeber generell verpflichtend werden, zu begründen, weshalb der/die Mitarbeiter/in nicht weiter beschäftigt werden kann. Sonst sind dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet und der Entlassene hat keine Möglichkeit, sich zu wehren und dies zu begründen. Jemand macht seinen Job gut und wird dennoch nicht eingestellt...weshalb?

  4. 6.

    Erinnert mich an meinen alten Chef, der jedem, der sich bei unserer Firma vorstellte, gleich die Telefonliste aller Mitarbeiter mit gab. Die Mitarbeiter allerdings wurden nicht gefragt, ob sie mit einer solchen Machenschaft einverstanden seien.

  5. 5.

    Unklar ist, welche Datenschutzwillkür? Diese ist zumindest nicht bei der Datenschutzaufsicht erkennbar, hier war eine Willkür des Arbeitgebers gegeben, welche die Mitarbeiter benachteiligt aufgrund der Erfassung besonders sensibler Daten.

  6. 4.

    Vorsitz: Ein Pfarrerssohn
    Ich finde diese Nachricht besonders gruselig. Eine staatliche Stiftung sammelt sensible Daten und macht einen auf Ultrakapitalist.
    Das Humbodt-Forum steht von Beginn an unter keinem guten Stern.
    Ich werde diese Institution und all ihre Infrastrukturen meiden.
    Insgesamt scheint sich da ja jemand auf Privatisierung der Stiftung vorzubereiten.
    Das ist ein Skandal, von dem wir hoffentlich noch einiges zu hören bekommen.

  7. 3.

    Im Artikel steht, dass der Bescheid noch nicht rechtskräftig wäre. Ich vermute, Widerspruch und ggf der Gang vor Gericht sind zulässig. Ich denke Sie wissen das und es geht um die Polemik.

  8. 2.

    Es wird Zeit, dass der Einfluss der sog. DatenschützerInnen jeweils gerichtlich überprüft werden muss. Sonst ist der Datenschutz-Willkür Tür und Tor geöffnet.

  9. 1.

    Erinnert an das Hartz-Schröder-Konzept zur Mitarbeiterüberwachung: In ELENA sollte "Fehlverhalten" u. a. m. auf erweiterter Lohnsteuerkarte abrufbereit vermerkt werden, MA hätten keinen Einfluss darauf.
    vs.
    "Die millionenfache Sammlung von Arbeitnehmerdaten bei der Zentralen Speicherstelle (ZSS) sei eine unzulässige Datenspeicherung auf Vorrat, ohne dass absehbar sei, ob die Daten jemals benötigt werden."

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